Von Jan Lange
Die erste Schauspiel-Premiere der neuen Spielzeit am Zittauer Theater ist ein echter Klassiker: Lessings „Nathan der Weise“. Am Freitag wird die Inszenierung des niederländischen Regisseurs Ivan Thomas van Urk erstmals aufgeführt. Für diese Vorstellungen gibt es sogar noch Karten. Die Theaterleitung kommt damit dem Wunsch der Zuschauer nach mehr Klassikern nach.
Die einzelnen Stücke im Vergleich
Bereits in der vergangenen Spielzeit wurde Schillers „Maria Stuart“ gespielt. Die Theaterbesucher konnten dabei im Vorfeld auswählen – zwischen der weitgehend unbekannten Komödie „Der Parasit“ von Schiller oder dem oft aufgeführten Drama „Maria Stuart“. Das Publikum gab der legendären schottischen Königin den Vorzug. Doch auch wenn mehr klassische Stücke von den Theaterfreunden gefordert wurden, gehörte „Maria Stuart“ keineswegs zu den bestbesuchten Inszenierungen der vergangenen Spielzeit, bei der knapp über 81 000 Besucher ins Theater und auf die Waldbühne Jonsdorf gelockt wurden. Mit knapp 170 Zuschauern pro Vorstellung liegt die Auslastung noch nicht einmal bei 50 Prozent. Immerhin verfügt der große Saal im Zittauer Theater über 402 Sessel sowie 11 Zusatzplätze. Im Görlitzer Haus sind es bei Schauspielaufführungen 371 Plätze, weil der zweite Rang bei diesen Stücken nicht angeboten wird, da es sich laut Theater dabei größtenteils um Hörplätze handelt.
Dass die Vorstellungen nicht regelmäßig ausverkauft waren, kann aber auch an der Inszenierung selbst liegen. Ein Theaterkritiker hatte nach der Premiere den Regisseuren Jürgen und Barbara Esser bescheinigt: „Es ist das Recht jeder Regie, ein klassisches Stück neu zu interpretieren. Hier gewinnt man den Eindruck, dass die Eheleute Esser gewaltsam eine neue Lesart suchten.“ Auch bei „Nathan der Weise“ wird es Bezüge zum Heute geben. Regisseur van Urk stellt aber auch gleichzeitig Lessings Sprache in den Mittelpunkt. Mit der berühmten Ringparabel, die im Zentrum des Dramas steht, plädiert der in Kamenz geborene Dichter für das Miteinander von Juden, Christen und Moslems, für eine friedliche Welt, in der für religiösen Fanastismus kein Platz mehr ist. Damit sei „Nathan der Weise“ viel mehr als nur schulische Pflichtlektüre, es sei ein Appell an Toleranz und Menschlichkeit. Aktueller kann das Stück, das vor mehr als 230 Jahren geschrieben wurde, angesichts der Flüchtlingsströme in Europa nicht sein.
Regisseur van Urk kennt sich damit gut aus: Er hat seine Heimat ebenfalls verlassen, wenn auch nicht als Flüchtling. 1967 im niederländischen Voorburg geboren, arbeitet er seit 2009 in Deutschland und lebt mit seiner Familie inzwischen in Berlin.
„Nathan der Weise“ feiert am Freitag, um 19.30 Uhr, im Zittauer Theater Premiere. Weitere Vorstellungen gibt es am 6., 7. und 25. November, jeweils um 19.30 Uhr, sowie am 1. November, um 15 Uhr.