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Klassentreffen mit Quaster

Ex-Puhdy Dieter Hertrampf bot seinem Publikum auf der Waldbühne Jonsdorf zwei Stunden feinste Unterhaltung – im wahrsten Sinne des Wortes.

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© Rafael Sampedro

Von Tilo Berger

Es gibt ein Leben nach den Puhdys. Keyboarder Peter „Eingehängt“ Meyer und Schlagzeuger Klaus Scharfschwerdt genießen ihre Rockerrente. Bassgitarrist Peter „Bimbo“ Rasym verdient sich unter anderem als Musiktherapeut etwas dazu. Frontmann Dieter „Maschine“ Birr geht 2017 mit einer Allstar-Band auf Tournee. Und der Fünfte im Bunde, Dieter „Quaster“ Hertrampf, hat in seinen Erinnerungen gekramt und zieht jetzt unter dem Motto „Ich bereue nichts“ bis Februar über ostdeutsche Bühnen. Die erste davon war am Freitagabend die Bühne im Jonsdorfer Walde, wo Quaster kurz in die überschaubare Runde blickte: „Viele bekannte Gesichter hier.“

Es war ein bisschen wie bei einem Klassentreffen: Lange nicht gesehen, wie gehts denn so, und jetzt gucken wir uns mal alte Fotos an. Zwischendurch, wenn uns danach ist, können wir ja auch singen – aber das war für den Ex-Puhdy am Freitag nicht das allein Seligmachende. Er wollte vor allem aus seinem Leben erzählen, das auch musikalisch lange vor den Puhdys begonnen hatte. „Zur Jugendweihe hab ich ein Buch geschenkt bekommen, wie hieß das doch gleich“, tat Quaster so, als würde er überlegen. „Weltall Erde Mensch“, antwortete wie aus einem Mund das Publikum, dessen meiste männliche Vertreter entweder reichlich graue oder gar keine Haare zeigten. Am Bahnhof Zoo in Westberlin, lange vor dem Mauerbau, habe er sich später ein anderes Buch gekauft: „Lernen Sie in sieben Tagen die Peter-Kraus-Gitarre“. Der junge Dieter sammelte Flaschen und Altpapier, kaufte sich vom Erlös seine erste Gitarre und übte Peter-Kraus-Lieder. Eines davon, „Ich denke an dich“, bezeichnet Quaster heute als „das erste Lied meiner Karriere“. Logisch, dass dies am Freitag auch das Jonsdorfer Publikum hören durfte, sollte, musste. Die Titelseite besagten Buches prangte unterdessen auf der Videowand, die im Laufe des Abends wohl mehr als einhundert Bilder aus dem Leben des jetzt 72-Jährigen zeigten.

Quasters Redefluss wurde zum einen immer wieder unterbrochen von seinem „Schatten“. Über den Stichwortgeber war nicht viel mehr zu erfahren, als dass sich beide seit Ewigkeiten kennen, der Mann Frank heißt und sich mit Flöte, Mundharmonika und Maultrommel auskennt. Zum anderen ließ sich Quaster von einem technischen Monstrum unterbrechen: ein mit einem Signalhorn gekoppelter Wecker. Das Gerät hatte er sich seinerzeit als Verkehrsbauzeichner-Lehrling gebaut. Weil er abends meist mit irgendeiner Combo zum Tanz aufspielte, blieb ihm wenig Schlaf. Ein herkömmlicher Wecker hätte es wohl nicht getan, aber das Signalhorn trieb seinerzeit ihn aus dem Bett und am Freitagabend das Publikum zum Pausenbier.

Nach selbigem erzählte der Berliner, was eingefleischte Puhdys-Fans zwar wissen, aber immer wieder gern hören: Wie er beim Fasching Peter Meyer kennenlernte und dieser später vor seiner Tür stand und ihn in seine Band holte. Wie bei den Ur-Puhdys auch Herbert Dreilich und Reinhard Lakomy spielten. Beide sind im Musikerhimmel – dahin will Quaster mit 82 auch, antwortete er auf die Frage aus dem Publikum, was er in zehn Jahren mache.

Gegen Ende der gut zwei unterhaltsamen Stunden in Jonsdorf griff Quaster immer öfter zur Gitarre und sang erst jene West-Titel nach, mit denen die Puhdys ihre Karriere begannen. Als er dann seinen Gast Peter Rasym auf die Bühne bat, standen auf dieser schon mal zwei Fünftel der Puhdys und sangen einige Lieder der Band. Als Quaster „Alt wie ein Baum“ anstimmte, war es wie jahrelang zu Pfingsten auf der Kamenzer Hutbergbühne: Das Publikum stand, sang, jubelte und forderte Zugaben.

Im Februar 2017 stehen auch Quaster und Maschine noch einmal auf einer Bühne – allerdings nicht am selben Tag. Am 11. Februar ist Maschine in der Görlitzer Landskron-Kulturbrauerei, am 26. Quaster.