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Kippt das Modelleisenbahn-Verbot?

Der Zittauer Fall landet nach Protesten auf dem Schreibtisch des sächsischen Innenministers. Eine Lösung steht noch aus.

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Von Mario Heinke

Das vom Landratsamt ausgesprochene Verbot die Modelleisenbahnausstellung des Zittauer-Modell-Eisenbahn-Clubs am Volkstrauertag, Buß- und Bettag sowie am Totensonntag zu öffnen, ist in aller Munde und hat in den sozialen Netzwerken einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Das Landratsamt will die Modelleisenbahnausstellung in der Gerhart-Hauptmann-Straße an diesen Tagen per kostenpflichtigem Bescheid untersagen, weil „die Ausstellung dem ernsten Charakter dieser Tage zuwiderläuft.“ Die Behörde droht bei Zuwiderhandlung mit einer Geldbuße bis zu 5 000 Euro. Die zuständige Fachaufsichtsbehörde in Dresden hatte die Genehmigungsfähigkeit der Veranstaltung infrage gestellt. 19 Jahre lang führten die Zittauer Modelleisenbahner ihre Ausstellung im November durch, auch weil an den genannten Feiertagen, wie dem Buß- und Bettag die meisten Gäste in die Ausstellung kommen. Ein Blick auf die Internetseite der Sächsischen Modellbahnervereinigung reicht, um zu sehen, dass zeitgleich mit den Zittauern Modelleisenbahner in ganz Sachsen ihre Anlagen präsentieren. Dazu gehören Vereine in Marienberg/Sachsen, Plauen, Freiberg, Radebeul, Elsterberg, Chemnitz und Lichtenstein. Sie kündigen dort ihre Ausstellungen im Zeitraum zwischen Volkstrauertag und Totensonntag an. Das Schlesisches Museum zu Görlitz zeigt übrigens, passend zum Thema, am Totensonntag die Sonderausstellung „Achtung Zug“ zur 175-jährigen Geschichte der Eisenbahn in Schlesien.

„Wir sind ein säkulares Land und die Menschen sollten das Recht haben, ihre Freizeit so zu verbringen, wie es ihnen wichtig ist und gut tut, ohne andere zu beeinträchtigen“, kommentiert Zittaus Oberbürgermeister Thomas Zenker (Zkm) den Vorgang. Er hält es für angebracht, dem Verein eine Übergangslösung anzubieten, statt die Leute von heut auf morgen mit dem Verbot zu konfrontieren. Der OB hofft auf eine Lösung nach der Initiative des Landtagsabgeordneten Stephan Meyer (CDU) . „Ich habe am Mittwochabend sofort mit dem Innenminister gesprochen und um eine Lösung im Sinne der Modellbahner gebeten“, sagt Meyer. Er fordert eine sachliche Differenzierung bei der Bewertung ein und sagt: „Es handelt sich im weitesten Sinne um eine Veranstaltung, die in einem geschlossenen Raum stattfindet und nicht angelegt ist, als Vergnügung im Sinne einer Feierlichkeit zu gelten. Menschen, die eine Modellbahnausstellung besuchen, sind nicht geneigt, die öffentliche und religiöse Ruhe zu stören.“ Tanzveranstaltungen oder Veranstaltungen im Freien sind aus Meyers Sicht anders zu bewerten. Weil der Verwaltungsvorgang bereits eingeleitet ist und die Anhörungsfrist am heutigen Freitag endet, sollte der Modellbahnverein eine Ausnahmegenehmigung beantragen. Die Landesdirektion Sachsen habe über das Innenministerium eine positive Entscheidung signalisiert, so Meyer.

Noch ist offen, wie die Sache ausgeht. Sollten die Modellbahner ihre Ausstellung doch noch öffnen dürfen, zeichnet sich neues Ungemach ab. In dem Fall fühlen sich die Olbersdorfer benachteiligt. Sie führen einen ähnlichen Kampf gegen die Behörde um den „vorwinterlichen Handwerksmarkt“ in Olbersdorf, der bereits im vergangenen Jahr per Ablehnungsbescheid am Volkstrauertag untersagt wurde. Bürgermeister Andreas Förster (FDP) vergleicht beide Veranstaltungen und schreibt an die SZ: „Ich sehe hier keinen Unterschied zu unserer Veranstaltung.“