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Kindergeschäft schließt nach 26 Jahren

Einst war es eine sichere Existenz für Katrin Böhme. Es gibt drei Gründe, warum das nicht mehr der Fall ist.

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© Frank Baldauf

Von Franz Herz

Dippoldiswalde. Es war eine einmalige Chance für Katrin Böhme. Die gelernte Bankkauffrau aus Paulsdorf hat sich 1990 selbstständig gemacht mit ihrem Geschäft „Katrins Kinderland“. Doch heute stehen vor dem Laden bunte Fahnen mit der Aufschrift „Räumungsverkauf“. Zum halben Preis werden Waren jetzt angeboten. Zu Weihnachten soll das Geschäft schließen. Was 1990 eine Chance war, ist heute ein Geschäft auf dem absteigenden Ast. Wie es dazu kam.

Vor ihrer Existenzgründung war Katrin Böhme zu Hause mit ihren Kindern. Daher hatte sie auch persönlich Erfahrung und wusste, was junge Eltern suchen. Angefangen hat sie ihr Geschäft mit einem Marktstand, ehe sie Geschäftsräume am Kirchplatz mieten konnte. Von dort zog sie 1993 in eigene Geschäftsräume in der Großen Wassergasse um, wo es in den folgenden Jahren alles gab, was man für Kinder benötigt.

Lange Zeit war das eine sichere Existenz. Dippoldiswalde war das Zentrum für das Osterzgebirge, wo auch Kunden aus Klingenberg, Altenberg oder Glashütte eingekauft haben. „Wir haben treue Kunden. Teilweise sogar Familien, wo früher die Eltern bei uns eingekauft haben und später deren Kinder kamen. Aber die Situation für das Kindergeschäft hat sich in drei Punkten zum Schlechteren verändert.

Erstens hat Dippoldiswalde viel von seiner früheren zentralen Bedeutung verloren. „Das lief Schritt für Schritt. Deutlich war zu merken, dass das Landratsamt weggegangen ist“, berichtet Katrin Böhme. Früher hatten die Angestellten dort noch mehr Bindung an Dippoldiswalde und sind in ihrer Mittagspause in die Innenstadt gekommen, um einzukaufen. Heute hat das Landratsamt zwar immer noch eine große Außenstelle in Dipps, aber die hat nicht mehr die Bedeutung für den Einzelhandel in der Stadt. Mit dem Landratsamt haben sich auch andere Büros wie Krankenkassen aus Dippoldiswalde zurückgezogen. Damit kommen deren Angestellte nicht mehr regelmäßig nach Dippoldiswalde. Und wer dort etwas zu erledigen hat, fährt jetzt in eine andere Stadt, meist nach Dresden.

Weg führt nicht mehr durch Dipps

Der zweite Punkt ist der Bau der Autobahn. Das hat der Handel in Dippoldiswalde gespürt. Früher sind viele Kunden aus dem Raum Altenberg auf ihrem Weg Richtung Dresden über die B 170 gefahren und durch Dippoldiswalde gekommen. Obwohl die Straße oft überlastet war, hat das Besucher in die Kreisstadt gebracht. Viele frühere Kunden aus dem oberen Osterzgebirge fahren jetzt direkt über die Autobahn in Richtung Dresden und kommen so gar nicht mehr durch Dippoldiswalde.

Der dritte Punkt ist keine Besonderheit von Dippoldiswalde, sondern eine weltweite Entwicklung. „Das ist die ganze Geschichte Onlinehandel. Wenn wir ehrlich sind, der Einzelhandel ist auf dem absteigenden Ast“, sagt Katrin Böhme. Obwohl sich ihr Geschäft über mehrere Räume erstreckt und viel Platz bietet, kann sie nicht die Vielfalt an Produkten bieten, die im Netz zu finden ist.

Sie hat daraus ihre Konsequenzen gezogen und 2013 mit ihren zwei Kindern selbst einen Onlinehandel in Possendorf gegründet. Damit ist sie auch in der Branche Spielwaren und Textilien unterwegs. „Das läuft besser als das stationäre Geschäft“, sagt sie. Für das Stammgeschäft in der Großen Wassergasse war dann in erster Linie eine Angestellte zuständig. Sie erwartet nun selbst ein Kind und fällt in absehbarer Zeit aus. Daher zieht Katrin Böhme jetzt den Schlussstrich. Was sie dann mit den Geschäftsräumen in der großen Wassergasse macht, weiß sie noch nicht. Sie rechnet nicht damit, dass diese wieder für ein Handelsgeschäft genutzt werden.

Kauf lokal ist eine Initiative, mit der die SZ den Wandel im Einzelhandel publizistisch konstruktiv begleitet, um unsere Innenstädte zu beleben.

Infos im Internet.