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Kinder übernehmen Vaters Firma im Schöpstal

Die Nachfolge bei der Wasser- und Abwasser Kretschmer GmbH ist geklärt. Acht Jobs bleiben erhalten.

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© nikolaischmidt.de

Von Constanze Junghanß

Das bisher makaberste Fundstück in einem Abflussrohr war ein künstliches Gebiss. Hans-Jürgen Kretschmer schmunzelt bei der Erinnerung daran. Und nein, der Eigentümer wollte das gute Stück auch nicht wieder haben, schüttelt er lachend den Kopf. Es sind einige kuriose Dinge, die dem bisherigen Chef der Wasser- und Abwasser Kretschmer GmbH Ebersbach im Laufe seines langen Berufslebens bei Reinigungsarbeiten der unterirdischen Rohre untergekommen sind. Tücher, Socken und manchmal auch Ratten. „Ein Schatz war nie dabei“, erzählt er augenzwinkernd.

Nun gibt der Senior das Unternehmen an zwei seiner drei erwachsenen Kinder ab. Er geht in den Ruhestand. Cornelia Linke und ihr Bruder Christoph Kretschmer treten in Vaters Fußstapfen. Nachwuchs Nummer drei ging einen anderen Weg: Michael Kretschmer sitzt als Abgeordneter der CDU im Bundestag. „Unser Bruder findet es gut, dass das Unternehmen in der Familie bleibt“, sagt die 39-Jährige.

Sie leitet nun die Geschicke im Büro. Der 35-jährige Christoph ist fürs Praktische zuständig. Beide haben ihre Ausbildung im väterlichen Betrieb gemacht. Da hatte Hans-Jürgen Kretschmer schon vieles aufgebaut. Seit 1996 gehört ihm die ehemalige BHG mit Lagermöglichkeiten, Sozialräumen und Büro im Schöpstal. Acht Mitarbeiter – alle aus der näheren Umgebung –¨sind hier in Lohn und Brot gekommen.

Die Anfangszeiten dagegen waren nicht einfach, gleich nach der Wende der Schritt in die Selbstständigkeit. „Als Einmann-Betrieb habe ich angefangen“, erzählt der Firmengründer. Klinken putzen bei den Gemeinden war angesagt, für Aufträge. Der erste Vertrag kam mit Deschka zustande, kurz darauf mit Kunnerwitz. Containerkläranlagen, die es heute schon nicht mehr gibt, waren zu warten. Schnell sprachen sich handwerkliches Geschick und Kompetenz in der Region herum.

Ein erster Mitarbeiter wurde eingestellt, die Firma nach Görlitz auf die Rothenburger Straße verlegt. Zwei Garagen, kein Wasser, keine Heizung: Doch die Aufträge kamen. Bald konnte der Betrieb nach Holtendorf umziehen. Die Bedingungen verbesserten sich, die Mitarbeiterzahlen wuchsen, sodass der Erweiterung in Ebersbach nichts im Wege stand. Was man neben fachlicher Kompetenz braucht in dem Job, weiß Hans-Jürgen Kretschmer: „Einen starken Magen und die Bereitschaft, bei Notfällen mitten in der Nacht loszufahren.“

Angenehm ist das nicht, wenn der Dreck aus Abwasserleitungen herausgeholt werden muss. Doch nicht nur die Reinigung verstopfter Rohrleitungen gehören zu den Aufgaben im Betrieb. Mit Spezialkameras werden Regen- und Abwasserkanäle untersucht, Anlagen gewartet, Trinkwasserleitungen desinfiziert, Schäden beseitigt und mehr.

Zu den Kunden des Unternehmens zählen die Stadtwerke Görlitz, der Abwasserzweckverband Weißer Schöps, Kommunen und Privatkunden. Auch der Einbau und die Wartung von biologischen Kleinkläranlagen gehören zur Arbeit. Die wurden vor allem bis 2015 gebaut, da gab es noch Fördermittel für Hauseigentümer. Mittlerweile sei der Bedarf gut gedeckt. Um die 50 solcher Anlagen betreut die Firma in den Landkreisen Görlitz und Bautzen jetzt.

Das und viele weitere Aufgaben übernehmen nun Hans-Jürgens Kinder. Eine Weile habe sie schon überlegt, ob sie dieses „Erbe“ mit ihrem Bruder Christoph antrete, sagt Cornelia Linke. Ihren Betriebswirt hat die junge Frau noch an ihre Ausbildung zur Bürokauffrau drangehängt. „Wir wollen uns gut ergänzen“, sagt sie. So ganz von der Firma die Finger lassen kann ihr Vater im Moment noch nicht. Aber er freut sich auf sein neues Hobby: „Ich habe mit der Kleintierzucht von Kaninchen angefangen.“