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Killern von Krebszellen auf der Spur

Dresdner Start-ups entwickeln neuartige Therapien. Das kostet viel Geld, und das Risiko ist hoch.

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© René Meinig

Von Bettina Klemm

Noch ist es Zukunftsmusik: Neuartige Antikörper erkennen Krebszellen und vernichten diese. Bei einem zweiten Verfahren werden Patienten Immunzellen entnommen und genetisch so verändert, dass daraus Krebs-Killerzellen entstehen. Anschließend erhalten die Patienten die sich im Schlafmodus befindlichen Zellen zurück. Erst durch Zugabe eines Antikörpers werden diese aktiviert, um nun die Tumorzellen radikal anzugreifen. Sie können sogar versteckte Krebszellen erkennen. Sind diese vernichtet oder geht es dem Patienten vorübergehend sehr schlecht, so dass er eine Erholungsphase benötigt, kann das Therapeutikum ausgeschaltet werden. Das ist weltweit einzigartig.

Von beiden Therapien erhoffen sich die Start-ups CPT Cellex Patient Treatment und GEMoaB Monoclonals einen Durchbruch in der Bekämpfung von Krebs, besonders von Blutkrebs. Sie versprechen sich eine wesentlich wirksamere Therapie im Vergleich zum aktuellen Standard.

„Im Oktober/November starten wir die ersten klinischen Studien“, erklärt Prof. Dr. Gerhard Ehninger. Der Mediziner hatte gemeinsam mit Prof. Dr. Michael Bachmann, Direktor des Instituts für Radiopharmazeutische Krebsforschung des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf, 2001 beziehungsweise 2011 diese Firmen gegründet. Ehninger gehört zu den Vätern der Deutschen Knochenmarkspenderdatei DKMS für die Stammzelltherapie. Die Cellex hat sich darauf spezialisiert, die DKMS bei den Spendervoruntersuchungen und Blutstammzellentnahmen zu unterstützen.

„In der Tochterfirma CPT werden zellbasierte Medikamente entwickelt“, erklärt Dr. Marc Cartellieri vom 2014 gegründeten Tochterunternehmen CPT Cellex Patient Treatment. Der 45-jährige Forscher hat in Greifswald Biologie studiert und in Dresden promoviert. Anschließend arbeitete er acht Jahre am Institut für Immunologie in Dresden, bevor er zur CPT kam. Dr. Armin Ehninger, ebenfalls Biologe, hat in Stuttgart studiert, in Lausanne und Heidelberg promoviert und ist auch am Institut für Immunologie gestartet.

Nun erforschen beide Wissenschaftler gemeinsam mit anderen im Team passgenaue Zelltherapien. Die ersten zehn bis zwölf Patienten, die mit den neuartigen Medikamenten behandelt werden, kommen aus der Universitätsklinik Dresden. Es sind hoffnungslose Fälle, für die es keine Stammzellenspender gibt oder die mit bisherigen Therapien keine Chance haben. Weitere 100 bis 1 000 Patienten sollen ab 2018 in Europa und den USA folgen. Ab etwa 2022, so das Ziel beider Unternehmen, könnten sie die allgemeine Zulassung dieser Behandlungsmethoden für eine besonders aggressive Form der Leukämie, aber auch für weitere Tumorarten erhalten.

Beide Start-ups haben 2015 gemeinsam Büros und Labore im Biotechnologischen Zentrum Dresden am Tatzberg bezogen. Dafür gab es eine Warteliste. GEMoaB beschäftigt 14 und CPT Cellex Patient Treatment elf Mitarbeiter in Dresden. „Der Austausch mit anderen Start-ups und Forscherteams um uns herum und das internationale Umfeld beflügelt die Arbeit“, schätzt Armin Ehninger ein.

Der 37-Jährige lebt seit 1994 in Dresden, er ist in der Stadt aufgewachsen und hat an der Kreuzschule sein Abitur erworben. Medizin, wie sein Vater, oder Biologie zu studieren sei eine schwere Entscheidung gewesen. Am Ende habe die Faszination für die Wissenschaft und Forschung den Ausschlag gegeben. Nun arbeitet er mit Vater und Mutter gemeinsam in der Firma GEMoaB. Sie haben einen guten Draht zueinander, tauschen sich viel aus, das sei ein Erfolgsrezept, sagt er.

Wie nahezu alle Start-ups waren auch die Forscher der Immuntherapie auf der Suche nach Investoren. Die Zahl der Risikokapitalgeber sei in Deutschland aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht groß. Fündig wurden sie schließlich in den USA. Das Pharma-Unternehmen Celgene unterstützt sie. In der Regel werden für die Vorarbeiten bis zur ersten Testphase fünf bis sechs Millionen Euro benötigt. Die klinische Phase 1 erfordert weitere sechs bis sieben Millionen Euro. „Es folgen noch die Phase 2 und 3. Bis ein Medikament marktreif ist, kostet das rund 100 Millionen Euro“, sagt Marc Cartellieri. Die Forscher wünschen sich eine stärkere Unterstützung im eigenen Land.