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Kiebitz fast verschwunden

Der Nabu-Regionalverband macht auf die alarmierende Situation von Feldbrütern aufmerksam.

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© Friedheim Richter

Von Manfred Müller

Landkreis. In der Vogelwelt zwischen Elbe und Röder gibt es Gewinner und Verlierer. Dramatisch ist die Situation besonders bei bodenbrütenden Arten wie etwa dem Kiebitz. Gab es zu DDR-Zeiten noch Feldbereiche, in denen bis zu 30 Paare brüteten, so registrieren die Naturschützer heute nur noch ganz vereinzelte Brutplätze mit selten mehr als zwei oder drei Nestern. Diese werden, sofern man sie ausfindig machen kann, mit Holzpfählen markiert, damit die Landwirte sie bei der Feldbestellung nicht zerstören. „Aber selbst wenn Junge schlüpfen, haben sie nur geringe Überlebenschancen“, erklärt der Ornithologe Peter Reuße. Durch die intensive Flächenbewirtschaftung, vor allem durch Düngung und chemischen Pflanzenschutz, gehen die Insektenbestände zurück, so dass es den Tieren an Nahrung fehlt. Oder die Insekten sind so stark mit Umweltgiften kontaminiert, dass die Jungvögel daran sterben.

Auch Rebhühner bedroht

Nicht viel besser sieht es bei den Rebhühnern aus. „Der Bestand ist in den vergangenen dreißig Jahren auf drei bis vier Prozent seiner ursprünglichen Größe geschrumpft“, erklärt Nabu-Regionalchef Lutz Runge. Aber auch Säuger wie der Feldhase wurden durch die Großflächenwirtschaft stark dezimiert. „Da ist gegenüber den 1960er/70er Jahren vielleicht noch ein Zehntel übrig“, sagt Lutz Runge.

Auf der Sonnenseite befinden sich derzeit der Seeadler, der Fischadler, der Graukranich und wohl auch der Uhu. Bei allen drei Arten konnten die Naturschützer im vergangenen Jahr erfolgreiche Bruten registrieren, wobei der Uhu gerade erst wieder dabei ist, die Region zu besiedeln.

Eine Bestandsaufnahme der heimischen Tierwelt gehört zu den festen Programmpunkten beim Jahresabschluss des Nabu-Regionalverbandes Großenhainer Pflege. Etwa 30 Mitglieder trafen sich am vergangenen Wochenende im Straucher Gasthof, um die Verbandsarbeit des Jahres 2015 Revue passieren zu lassen. Der Naturschutz hat in Großenhain und Umgebung eine starke Tradition. Zu DDR-Zeiten beim Kulturbund angesiedelt, gründeten die Aktiven im Jahr 1992 unter dem Dach des Nabu eine eigene Regionalgruppe. Sie hat mittlerweile 420 Mitglieder, wovon allerdings ein großer Teil nicht aktiv in Erscheinung tritt, sondern seinen Mitgliedbeitrag als Spende für Natur und Umwelt versteht.

Es sind um die 30 Leute, die sich übers gesamte Jahr engagieren. Die Großenhainer beschränken sich nicht darauf, auf die Einhaltung von Schutzverordnungen zu pochen. Der Nabu hat in der Region fast 200 Hektar an Flächen erworben – vor allem im Linzer Teichgebiet, im Seußlitzer Grund und in der Gävernitzer Heide. Dort werden Teiche und Bäche in ihren natürlichen Zustand zurückversetzt, Orchideenwiesen gemäht und Wanderwege instand gehalten. Die beste Möglichkeit, kostenintensive Schutzprojekte in der Region zu verwirklichen, sind Ausgleichsmaßnahmen bei Industrieansiedlungen und im Straßenbau. Hier gehen die Naturschützer auf Unternehmen und Behörden zu und unterbreiten ihnen Vorschläge. Meist wird ihre Initiative von der Wirtschaft dankbar angenommen.

Exkursionen für 2016 geplant

Zum Beispiel von Wacker Chemie Nünchritz. Der Industriebetrieb musste wegen seiner gigantischen Erweiterungsbauten etwas für die Erhaltung der Natur tun und finanzierte deshalb die Renaturierung des Seußlitzer Bockau-Baches. Außerdem wurde eine fünf Hektar große Fläche mit Buchen, Eichen, Schlehen und Wildobstbäumen aufgeforstet. „Die Anpflanzung von einheimischen Gehölzen erhöht den Wert des Gebietes enorm“, sagt Lutz Runge.

Um den Naturschutz auch außerhalb ihrer Organisation populär zu machen, organisieren die Nabu-Leute jedes Jahr sechs bis acht Exkursionen mit öffentlichem Charakter. Sie führen meist zu regional charakteristischen Biotopen, wo dann über die Wirksamkeit einzelner Schutzmaßnahmen diskutiert wird. Für 2016 sind Ausflüge ins Hopfenbachtal bei Lenz (April), in die Röderaue bei Zabeltitz (Mai), in den Blatterslebener Grund (Juni), in den Linzer Forst (Juli) und zum Kettenbach bei Thiendorf geplant. Jahreshöhepunkt ist traditionell die Feldstation, ein mehrtägiges Zeltlager in der Röderaue, das vom 6. bis zum 8. Mai auf der Görziger Kittelwiese aufgeschlagen wird.

www.nabu-sachsen.d