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Kerle am Seil

Das Tauziehen beim Zabeltitzer Frühlingsfeuer brachte diesmal einen Favoritensturz – die „Hobbybauern“ besiegten die Fitnessjünger aus Radeberg.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Zabeltitz. Voller Selbstbewusstsein reiste die „Seilschaft Zugkraft“ am Samstagabend in Zabeltitz an. Die Fitness-Truppe aus Radeberg hatte in den vergangenen zwei Jahren beim Frühlingsfeuer den Wettbewerb im Tauziehen gewonnen. Und das auf ziemlich überlegene Art. „Wir werden für einen dritten Sieg alles geben“, verspricht Coach Rico Hartmann. Seine Mannen hätten sich in den vergangenen Wochen schon etliche Male auf den Acker begeben, um zu üben. Die durchtrainierten Radeberger reisen gern mal in der Elbregion herum und nehmen an Spaßwettbewerben bei Stadt- und Dorffesten teil.

Jürgen Winkler organisiert das Spektakel.
Jürgen Winkler organisiert das Spektakel. © Archiv/Klaus-Dieter Brühl

Auch bei Drachenbootrennen sind sie schon gestartet. Ganz anders ihre aussichtsreichsten Konkurrenten. Die „Hobbybauern“ aus Peritz können ebenfalls zwei Siege auf ihrem Konto verbuchen. Aber auf ein spezielles Training vor dem Zabeltitzer Frühlingsfeuer verzichten sie. Mehr als ziehen gehe doch sowieso nicht, so das Motto der Kollegen-Truppe von der Agrargenossenschaft Wülknitz. Immerhin besteht ihr achtköpfiges Team aus ziemlich bulligen Typen, und da sie aus den Nachbardörfern kommen, haben sie auch einen gewissen Heimvorteil.

Die echten Lokalmatadore – die Großenhain-Zabeltitzer Handballmannschaft und der Spielmannszug – rechnen sich gegen die körperlich übermächtige Konkurrenz kaum Chancen aus. „Wir werden wohl um Platz drei kämpfen“, gibt sich Silvio Haase von der Sportler-Truppe bescheiden. Dann aber gelingt den Handballern fast eine faustdicke Überraschung. Im ersten Wettbewerb ziehen sie die Konkurrenz aus Radeberg mit einem ungeheuren Kraftakt fast über die Sieg-Marke. Am Ende fängt sich die „Seilschaft“ aber noch und gewinnt das Tauziehen dank der etwas besseren Kondition. Zum Finale tritt sie mit wundgeschürften Handflächen gegen die „Hobbybauern“ an, die bisher mit ihren Gegnern kurzen Prozess gemacht haben. Und hier gelingt die echte Überraschung. Waren die Peritzer den Radebergern bisher immer unterlegen, so drehen sie diesmal den Spieß um. Unter Jubel von Hunderten von Zuschauern zerren sie die „Zugkraft“ über die Linie. Da helfen den Fitness-Jüngern auch die griffigen Gummistiefel nicht, die sie extra für den Wettbewerb angezogen haben.

Das Tauziehen hat in den 23 Jahren, die das Zabeltitzer Frühlingsfeuer mittlerweile gezündet wird, einen legendären Status erreicht. Achtungsvoll wird jedes Jahr die Treugeböhlaer Feuerwehr erwähnt, die den Wettbewerb immerhin neunmal gewann. Aber das ist lange her. Es folgen die Zabeltitzer Fußballer mit fünf und Handballer mit vier Siegen. Auch der Spielmannszug bewies schon einmal Kondition und holte sich den Pokal im Tauziehen. Womit die Spielleute aber jedes Jahr einen Preis verdient hätten, ist ihre Performance. Am Samstagabend traten sie als tibetische Mönche zum Wettkampf an. In orangefarbene Kutten gehüllt, führten die Musiker zunächst Stockkämpfe vor und ergingen sich in Meditationen und Gebete. Bevor sie zur Tat schritten, zündeten sie noch ein Feuerwerk und einen Rauchtopf. Das half sportlich zwar nicht viel, aber immerhin wurden sie ein ausgesprochen würdiger Letzter. Dass zwei der Mönche im Eifer des Gefechts ihre Kutte verloren und in Unterhosen dastanden, wurde vom Publikum ausgiebig bejubelt. Die Spielleute haben ihren witzigen Auftritten einen großen Anteil daran, dass es jedes Jahr mehr als tausend Besucher auf die Zabeltitzer Röderwiese zieht. Sie führten hier auch schon den Waka-Kriegstanz der neuseeländischen Maori auf oder gingen als Fußball-Nationalmannschaft an den Start.

Allerdings waren sie in eins von nur vier Mannschaften, die sich zum Frühlingsfeuer-Tauziehen gemeldet hatten. Deshalb appellierte Organisations-Chef Jürgen Winkler eindringlich an die Jugendklubs, Sportvereine und Feuerwehren der Region, nächstes Jahr eigene Teams in den Ring zu schicken. „Wir brauchen dringend ein paar neue Gesichter“, sagt er. „Schließlich soll die Sache auf längere Sicht spannend bleiben.“