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Keine Treibjagd in Königshain

Wegen der Afrikanischen Schweinepest sollen die Jäger mehr Tiere schießen. Das stößt nicht nur auf Zustimmung.

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© dpa

Von Anja Beutler und Constanze Junghanß

Dass die Afrikanische Schweinepest einen Bogen um sie macht – darauf wollen sich Landwirte und Jäger im Landkreis nicht verlassen. Deshalb haben die Mitglieder der Jagdverbände der Oberlausitz und des Bauernverbandes Oberlausitz beschlossen, eine Art neue Allianz gegen die Afrikanische Schweinepest zu schmieden. „Jäger und Bauern müssen stärker und besser zusammenarbeiten als bisher“, skizziert der Geschäftsführer des Bauernverbandes, Rainer Peter, das Ziel, das bei einem Treffen der Jagdverbände der Oberlausitz und des Bauernverbandes Oberlausitz, Ende Februar, vereinbart wurde.

Beim Hegering Königshain gibt es ein solches Zusammenspiel zwischen Bauern und Jägern bereits. Schließlich sind einige der Bauern selbst Jäger. Und da die Schwarzkittel erfahrungsgemäß auch auf den Feldern Schaden anrichten, gibt es so oder so Schnittpunkte im Miteinander. Das bestätigt Ingo Weber vom Königshainer Hegering. Inwieweit allerdings solche Ideen der Landesregierung, wie die Aufstellung spezieller Wildschweinfallen umgesetzt werden können, bleibe fraglich. Das sei bisher für Königshain ebenso wenig Gesprächsthema gewesen, wie die Einrichtung von Wildsammelstellen. Auf das Thema Treibjagden, auf das Joachim Häntsch, Vorsitzender des Bauernverbandes Oberlausitz jüngst in einem Radiointerview verwies, reagiert Ingo Weber verwundert. Denn jahreszeitlich bedingt wären diese gar nicht üblich. Grund dafür: Zwischen Februar und April gibt es Nachwuchs bei den Schwarzkitteln. „Muttertiere dürfen jetzt nicht geschossen werden“, sagt er. In Königshain jedenfalls stünde eine solche Maßnahme Treibjagd aktuell nicht an. Die Angst vor der Seuche sei aber nicht unbegründet, obwohl die Afrikanische Schweinepest für den Menschen keine Gefahr darstellt. „Vielmehr sind bei einem Ausbruch die Hausschweine in den Stallungen gefährdet“, so Ingo Weber.

Fakt ist: Die Jägerschaft soll mehr Wildschweine zur Strecke bringen, um einer möglichen Ausbreitung des Virus vorzubeugen. Zwar ist die Afrikanische Schweinepest bisher noch nicht über die polnische und die tschechische Grenze nach Deutschland übergeschwappt. Hierzulande ist bisher kein Fall bekannt. Ob sich das allerdings und auch innerhalb kürzester Zeit ändert, bleibt abzuwarten. Auszuschließen ist das keinesfalls. Die aktuellen Fallzahlen, die das Friedrich-Löffler-Institut als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit veröffentlicht, lauten mit Stand vom 20. März 2018 für dieses Jahr: 813 Wildschweine und vier Hausschweine in Polen und 18 Wildschweine in Tschechien. So viele infizierte Tiere sind in den Nachbarländern zum jetzigen Zeitpunkt bekannt geworden. Zum Vergleich: 2017 waren das im ganzen Jahr in Tschechien 202 Wildschweine und in Polen insgesamt 822 Tiere, davon 81 Hausschweine und 741 Wildschweine.

Der Landkreis Görlitz zahlt inzwischen eine Abschussprämie für Wildschweine. Das hatte der Kreistag im September vergangenen Jahres beschlossen. Mit der Prämie sollen die Kosten für die Jäger auf die Untersuchung des Fleisches auf Trichinen abgemildert werden. Eine Untersuchung kostet neun Euro. Die Zahl der Abschüsse ist gestiegen, sagt der Kreis-Amtstierarzt Udo Mann. Gleichwohl gebe es ein neues Problem: Die Jäger werden demnach das Wildschweinfleisch immer schwerer los. „Es ist ein zu großes Angebot auf dem Markt“, sagt Udo Mann. Er sieht hier vor allem das Land Sachsen in der Pflicht, plädiert für einen zentralen Wildaufkauf. Bisher wurde die Abschussprämie im Landkreis Görlitz an über 400 Jäger ausgezahlt.

Doch nicht das wilde Schwein sei an der Verbreitung der Krankheit schuld, ist Jäger Reinhard Weigt überzeugt. Sondern der Mensch. Der Reichenbacher Geschäftsführer von der Kartoffellagerhaus- und Handelsgesellschaft mbH bezieht sich dabei auf Professor Sven Herzogs Sachverständigen-Anhörung vor dem Sächsischen Landtag im Dezember des Vorjahres. Aus der geht hervor, dass kontaminierte Fleischprodukte den Virus übertragen sollen. Auch Autobahnparkplätze wären prädestinierte Eintrittspforten. Stichwort Tiertransporte zum Beispiel. Reinhard Weigt sieht zudem die Forderung vom Deutschen Bauernverband, nun 70 Prozent aller Wildschweine als Vorbeugemaßnahme gegen die Krankheit abzuschießen, als völlig überzogen an. Zumindest im Gebiet um Reichenbach sei die Jagdstrecke bei Wildschweinen zahlenmäßig sowieso stark zurück gegangen. „Es sind in unserem Umfeld hier viel weniger Tiere da, als noch vor Jahren“, sagt er und sieht den Wolf als Hauptgrund dafür. Zu DDR-Zeiten hätten die Jäger noch 60 bis 70 Schwarzkittel pro Jagdsaison vor die Flinte bekommen. Heute wären das geschätzt nur noch, um die 25 Prozent davon. „Der Rückgang ist eklatant“, schätzt der Jäger ein. Das betreffe aber nur das Gebiet rund um Reichenbach. Dazu komme, dass in der hiesigen Region zahlreiche Wildtiere Opfer von Verkehrsunfällen werden.