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Keine Tat im Affekt

Mario Berndt wurde wegen Mordes verurteilt. Er hat seine Partnerin Ramona D. aus Heimtücke getötet.

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Von Alexander Schneider

Das Urteil ist wenig überraschend. Auch der Angeklagte Mario Berndt wird wohl davon ausgegangen sein, dass er „lebenslänglich“ bekommt. Der 35-jährige Fleischer zeigt nicht die kleinste Regung, als Richterin Birgit Wiegand das Strafmaß der Schwurgerichtskammer verkündet.

Der Angeklagte hatte bereits zum Prozessauftakt Mitte August gestanden, seine langjährige Partnerin getötet zu haben. „Aus Liebe“, wie er sagte, um sie zu „erlösen“. Ramona D. hatte viele Jahre als Prostituierte in Dresden gearbeitet, und er habe ihr geholfen und auf sie aufgepasst. Sie sei jedoch spielsüchtig gewesen, habe hohe Schulden gehabt und so nicht mehr weiterleben wollen. Am liebsten würde sie am nächsten Morgen nicht mehr aufwachen, soll die 43-Jährige mehrfach zu ihm gesagt haben. Daher habe er am späten Abend des 18. Februar dieses Jahres auf die schlafende Partnerin eingeschlagen. Mit einem Hammer. Anschließend habe er mit einem Messer auf sie eingestochen. An vieles dieser Nacht erinnere er sich jedoch nicht mehr.

Nun, in der Urteilsbegründung, bezieht sich Richterin Wiegand auf die Angaben des Angeklagten: „Das ist Mord – genau so, wie Sie es geschildert haben.“ Richterin Wiegand wird die Tat jedoch nicht als ein Erlösen beschreiben, sondern als eine überlegte Gewalttat, bei der große Wut und Frustration im Spiel gewesen sei – möglicherweise Eifersucht, enttäuschte Liebe und Trennungsangst. Mario Berndt habe sein Leben voll und ganz auf die Beziehung mit Ramona D. – die große Liebe seines Lebens, wie er mehrfach sagte – ausgerichtet. Sie seien den ganzen Tag zusammen gewesen. Er habe auf sie aufgepasst, wenn sie Freier in ihrer Arbeitswohnung in der Micktener Straße empfing, und er habe mit ihr in den Spielkasinos gesessen. Mehr hätten beide in ihrer Beziehung auch nicht gemeinsam unternommen, sagt Wiegand.

Er, Mario Berndt, solle überlegen, ob er nicht auch spielsüchtig sei. Ramona D. jedoch habe nicht sehr an dieser Sucht gelitten. Es gebe keinerlei Hinweise darauf, dass sie depressiv war. Im Gegenteil, sie habe ihr Leben geplant und alle Probleme gelöst – und sei es nur, einen neuen Kredit zu vereinbaren. Akut depressive Menschen seien dazu nicht in der Lage.

Darüber hinaus soll Ramona auch Kontakte zu anderen Männern gehabt haben, von denen Berndt etwas geahnt oder sogar gewusst habe. Er habe etwa den Kilometerstand auf D.s Auto kontrolliert, wenn sie angeblich eine Freundin besucht habe.

Richterin Wiegand skizziert den letzten Tag in Ramona D.s Leben: Schon um 7 Uhr sei sie mit Berndt wieder in einem Radebeuler Spielkasino gewesen. Sie habe sich den Automaten bewusst reservieren lassen, nachdem sie dort schon am Sonntagabend einen höheren Betrag verloren hatte. Sie war der irrigen Meinung, irgendwann müsste der ja mal einen Gewinn ausspucken, so Wiegand. Berndt sei mit Ramona dort gewesen und dann mal für eineinhalb Stunden alleine losgefahren, um für Ramona Annoncen aufzugeben.

In einer Eisenwarenhandlung habe er einen Hammer gekauft, angeblich um im Etablissement der Prostituierten ein Andreaskreuz aufzubauen. Das geplante Kreuz sollte Anreiz für neue Freier sein, sich fesseln zu lassen – es belege, dass Ramona Pläne hatte. Außerdem hob Berndt 300 Euro ab und fuhr zurück zum Kasino. Dort habe Ramona zwar etwas gewonnen, aber bis zum Abend alles wieder verspielt – auch die 300 Euro. Gegen 21 Uhr seien beide zurück in die Arbeitswohnung gefahren, hätten sich gegen 21.30 Uhr ins Bett gelegt. Dort habe Ramona noch auf eine SMS eines anderen Freundes, Matthias N., geantwortet: „Ich hab‘ dich auch lieb“. Ob Berndt davon wusste, bleibt unklar. Er und Ramona D. hätten sich zärtlich eine gute Nacht gewünscht und sie sei bald eingeschlafen.

Als D. schlief, habe Berndt den Hammer, ein Messer und Klebeband aus der Küche geholt und unter das Bett gelegt. Dann habe er nachgedacht, was er tun würde. Irgendwann habe er den Hammer gegriffen und damit zweimal wuchtig auf Ramonas Kopf geschlagen. Weil das Klebeband nicht hielt, habe er mit dem Messer auf sie eingestochen. Später habe er Spuren beseitigt und gegenüber einem Bekannten behauptet, Ramona D. sei von einem Freier getötet worden. Hilfe habe er nicht geholt.

Das „Erlösen“ nannte Wiegand eine Schutzbehauptung des Angeklagten, um die Tat vor sich zu rechtfertigen. Die Stimmung des Angeklagten sei affektgeladen gewesen – „es war aber keine Affekttat“. Daher sehe die Kammer auch keinen Spielraum, die Strafe zu mildern. Auf Mord stehe lebenslänglich, was in Deutschland eine Freiheitsstrafe von mindestens 15 Jahren bedeute.