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Keine Gnade bei Beschimpfung

Am Kamenzer Amtsgericht wurde jetzt ein 54-Jähriger zu einer Geldstrafe verurteilt. Er gab zu, was ihm zur Last gelegt wurde – reuelos.

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© dpa

Von Frank Oehl

Kamenz. Was ist ein „Mafia-Marker?“ Für einen 54-jährigen Hartz-IV-Empfänger, der als Hochschullehrer für Biologie Anfang des Jahrtausends schon mal auf dem Weg zum Doktortitel war, ist „Freitag, der 13.“ ein solcher Mafia-Marker. „Ich wundere mich, dass dieser Prozess am 5. Januar und nicht am Freitag nächster Woche stattfindet“, sagte der Mann in seinen letzten Worten vorm Amtsgericht, die ihm zustehen. Und die endlos ausgefallen wären, hätte ihm Amtsrichter Thomas Kranke nicht irgendwann das Wort abgeschnitten.

Sind „Mafiaanwaltschaft Bautzen“ oder „mafia-gesteuertes bösartiges Pseudojuristengesindel“ Beleidigungen? Um diese Frage ging es im Prozess gegen einen Kamenzer, der einst mit 1,3 sein Abitur an der Lessingschule gemacht hatte. Der Angeklagte hatte diese Beschimpfungen schriftlich mit konkreten Personen der Rechtspflege in Verbindung gebracht, darunter zwei Richter des Kamenzer Amtsgerichts selbst. In beiden Fällen hatten die Dienstvorgesetzten reagieren müssen und Anzeige erstattet. Zunächst wurden die unstrittigen Sachverhalte per Strafbefehl geahndet. Dagegen hat der Kamenzer Einspruch eingelegt, sodass nun – gleich in Verbindung mit ähnlich gelagerten Fällen, die bisher ungesühnt geblieben waren – eine ordentliche Hauptverhandlung angesetzt war.

Einschneidender Karriereknick

Das legt der Rechtsweg so fest, auch, wenn hier der Amtsrichter damit gewissermaßen auch die schutzwürdigen Belange seiner unmittelbaren Kollegen verhandeln musste. Ein „Befangenheitsantrag“ des Angeklagten ging ins Leere, umso berechtigter, da der Kamenzer im Grunde ja die ganze ostsächsische Jurisprudenz der „Unrechtspflege“ zuordnete. Am liebsten hätte er über sich in Dresden verhandeln lassen, aber das kann man sich nun mal nicht aussuchen. Der 54-Jährige sah sich selbst als Opfer einer „Schädigungs-Niederknüppel-Orgie“, die vor mehr als 15 Jahren begann – offensichtlich mit einem einschneidenden Karriereknick ganz anderswo. Für ihn sind „mafia-gesteuert“ und „Pseudojuristengesindel“  keine Beleidigungen, sondern „100-prozentig bewiesene“ Zuschreibungen und im Übrigen durch sein Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Das sah der Amtsrichter nicht so. „Sie haben offenbar Dinge erfahren, die Ihnen nahe gehen, aber das berechtigt Sie nicht zu Schmähkritik.“ Es könne nicht sein, dass aus Frustration heraus andere mit Schimpfwörtern überzogen werden, die diese dann ertragen müssten. Unter Einbeziehungen weiterer bislang nicht durchgesetzter Strafbefehle ähnlicher Art wurde der Kamenzer zu einer Strafe von 960 Euro und die Kosten des Verfahrens verurteilt. Bleibt zu hoffen, dass ihm das Urteil nicht ausgerechnet am Freitag, dem 13. zugeht.