Von Kathrin Krüger-Mlaouhia
Die Großenhainerin buchstabiert ungläubig: F.A.C.E.B.O.O.K. Was ist denn das? Was Gertrud Quaas’ Urenkel schon verstehen, ist für die Seniorin schwer zu fassen. Kein Wunder: Als das Internetnetzwerk Facebook erfunden wurde, war sie auch schon in einem Alter, das viele gar nicht erreichen. Doch Gertrud Quaas will es wissen!
Beim Presseclub darf keiner stören
Tagtäglich liest sie noch ganz aufmerksam die Sächsische Zeitung, Seite für Seite. Schneidet sich Beiträge aus, fragt ihre Angehörigen nach diesem oder jenem. „Sie verfolgt das aktuelle Weltgeschehen, will englische Begriffe verstehen“, sagt ihr Enkel Uwe. Bei Oma Gertrud wird viel diskutiert. Die 100-Jährige ist geistig immer noch fit. Wenn ihr die Zeitung früh nicht vorliegt, wird sie grillig, sagt Uwe Quaas. „Und wenn sie mittags den Presseclub schaut, darf sie niemand stören.“
Wahrscheinlich kommt dieses Interesse aus der Zeit, als Gertrud Quaas als Sekretärin bei der Handwerkskammer arbeitete. Doch das ist auch schon wieder 40 Jahre her. Groß geworden ist die Ur-Großenhainerin eigentlich in der Schuhwerkstatt ihres Vaters Otto Füssel (s. großes Foto). Zwar heiratete sie später nach Dresden, wo sie bis 1945 lebte. Doch die bevorstehende Geburt ihrer dritten Tochter war der Anlass, dass die Hochschwangere bei ihren Eltern in Großenhain war, als Dresden in Schutt und Asche fiel. Ihr Mann blieb jedoch im Krieg. Er gilt bis heute als verschollen.
Als ihr Vater 1947 starb, führten Gertrud Quaas und ihre Mutter das Schuhgeschäft noch einige Jahre weiter. Doch ohne Schuhwerkstatt war das nicht mehr einträglich. Gertrud ging ins Büro arbeiten. Ihre drei Kinder zog sie allein groß.
Kocht sogar noch selbst
Heute wohnt Gertrud Quaas immer noch in ihrer eigenen Wohnung im Elternhaus, das jetzt Enkel Uwe gehört. Der Pflegedienst kümmert sich um sie, gelegentlich wird sie auch von der Tagespflege abgeholt. Sonst schaut sie viel fern und kocht sich sogar noch kleine Speisen.
Doch dass die Großenhainerin schon seit über 20 Jahren an den Rollstuhl gefesselt ist, macht sie etwas altersmürrisch. „Sie versteht zwar noch alles, aber körperlich ist sie doch recht eingeschränkt“, sagt auch Tochter Helga