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Kein Strom nach dem Sturm

„Herwart“ kappt zahlreichen Haushalten die Energiezufuhr. Bei der Enso sind die Not-Telefone überlastet.

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© Kreisbrandmeisterei

Von Peter Anderson und Kathrin Krüger-Mlaouhia

Landkreis. Eigentlich gilt Kreisbrandmeister Ingo Nestler als ein verträglicher Geselle. Doch nachdem Herbststurm Herwart über den Landkreis gebraust ist, platzt ihm der Kragen. Was den Chef der Feuerwehren besonders aufbringt, sind die Schwierigkeiten, mit dem Stromversorger Enso in Kontakt zu kommen. Mehrere seiner Kameraden hätten unabhängig voneinander den Entstörungsdienst angerufen. Keiner von ihnen sei jedoch durchgekommen. Auch über die Medien oder soziale Netzwerke habe es keine Informationen gegeben. So seien die Feuerwehren hilflos zurückgeblieben. Als Gegenbeispiel, wo der Havariedienst funktionierte, nennt der Kreisbrandmeister die kommunalen Stadtwerke in Meißen, Riesa, Coswig und Radebeul. Mit ihnen hätten die Wehren Hand in Hand gearbeitet.

Die schlechten Erfahrungen Nestlers und seiner Kameraden werden von vielen Enso-Kunden ohne Strom geteilt. Im Internet macht etwa Andrea Pohl aus dem Nossener Ortsteil Eula ihrem Ärger Luft. „Unprofessionell und unverschämt! Seit heute Morgen acht Uhr haben wir keinen Strom“, schreibt sie am Sonntag. Im Zehn-Minuten-Takt habe sie die Störungshotline angerufen. Leider sei dort seit zehn Stunden die Ansage zu hören, dass auf allen Leitungen gesprochen werde. „Wenn hier schon die Leitungen überirdisch sind, sollte es doch möglich sein, sich darum zu kümmern, dass Bäume nicht in unmittelbarer Nähe zur Leitung stehen“, so Andrea Pohl weiter. Sie erlebe nun bereits den zweiten kompletten Stromausfall in nicht einmal einem Monat.

Anderthalb Tage ohne Energie

Als ein Schwerpunkt für die Probleme mit der Energieversorgung erweist sich einmal mehr der Raum Großenhain. Das gesamte Dorf Brößnitz, Ortsteil der Gemeinde Lampertswalde, war anderthalb Tage ohne Strom. In Weißig und Blochwitz war er zeitweise weg. Wie Einwohner Steffen Neugebauer berichtet, blieb die Energieversorgung zuerst am zeitigen Sonntagmorgen aus und setzte erst am Montagmittag wieder ein – und das, obwohl bei Steffen Neugebauer Erdkabel verlegt ist. Auch Fernseher und Radio sowie das Telefon funktionierten deshalb nicht. Per Handy konnte der Brößnitzer nur eingeschränkt telefonieren. „Gut, dass wir wenigstens noch einen Rundfunkempfänger mit Batterien haben“, so der Brößnitzer.

Bei der Enso ist am Sturmwochenende und Brückentag Sprecherin Claudia Kuba für Medienanfragen zuständig. Das Unternehmen ist nach ihren Aussagen mit allen mobilisierbaren Kräften im Einsatz, um zu Wochenbeginn weitere Haushalte im Versorgungsgebiet wieder ans Energienetz anzuschließen. Seit Sonntag vier Uhr seien nicht nur die Bereitschaftsdienste, sondern sämtliche verfügbaren Mitarbeiter aktiv. „Die Kollegen haben bis zum Einbruch der Dunkelheit ohne Pause gearbeitet“, so Claudia Kuba. Seit Montag gehe es mit unverminderter Kraft weiter. Das Maß an Schäden sowie die unzähligen Anfragen hätten allerdings sowohl die Mitarbeiter an der Hotline als auch die Techniker überfordert. In Dresden wurden nach SZ-Informationen weit über 100 Havarien gemeldet. Teilweise sei es nicht möglich gewesen, zu den Notfallnummern einen Kontakt herzustellen. Hierfür könne sie nur um Verständnis bitten, so Claudia Kuba. Die Kapazitäten hätten einfach nicht ausgereicht. Im Internet und auch per Telefon hatten zuvor viele SZ-Leser ihrem Ärger über die Nicht-Erreichbarkeit der Enso Luft gemacht.

Freileitungen müssen freistehen

„Ich brauche keine Elektrotankstelle, sondern eine stabile Stromversorgung“, beklagte Axel Johne aus Kleinnaundorf bei Thiendorf. Er bedankt sich bei allen Helfern, die am Sonntag Sturmschäden beseitigten „Wir hatten zum vierten Mal in diesem Jahr einen stundenlangen Stromausfall“, so Johne, der seinen Anspruch auf eine „ordentliche“ Versorgung einfordert. „Dass Sturm Schäden verursacht, ist klar, aber irgendwann müssen die Freileitungen doch mal freistehen oder eine Ersatzschaltung vorhanden sein“, fordert Axel Johne.