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Kein Plan B für die Rittergutstraße

Der Landkreis hat das größte Projekt der WGR in diesem Jahr platzen lassen. Wie es jetzt weitergeht.

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© Lutz Weidler

Von Christoph Scharf und Britta Veltzke

Riesa. Das mehr als hundert Jahre alte Wohnhaus in der Rittergutstraße wird vorerst nicht aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Das bestätigte jetzt der Chef der Wohnungsgesellschaft Riesa (WGR) Roland Ledwa. Man habe die Planung für die Unterbringung von Asylbewerbern gemacht – die nun offenbar nicht zustande kommt. „Einen Plan B für das Objekt haben wir nicht.“ Dass sich solche Ansätze im Lauf der Planung eines Projektes zerschlagen, komme eben manchmal vor.

Der Landkreis hatte der städtischen Tochtergesellschaft am Dienstag eine Absage erteilt. Das Landratsamt wollte das Gebäude eigentlich als Asylunterkunft anmieten. Nach Ablauf der vertraglichen Mietlaufzeit hätten dort Studierende der Berufsakademie (BA) einziehen können. Die kleine Hochschule liegt gleich gegenüber.

Die WGR hatte ursprünglich angekündigt, gleich nach Vertragsabschluss mit der Sanierung des Baudenkmals zu beginnen. Unter diesen Voraussetzungen hatte auch der Stadtrat einer Kreditaufnahme zugestimmt. Etwa drei Millionen wollte die WGR in das marode Gebäude investieren.

Die Nachricht aus Meißen kam nun offenbar auch für WGR-Chef Roland Ledwa plötzlich. Die offizielle Absage für das Projekt habe er vom Landkreis noch nicht bekommen, teilte er der SZ mit.

Die BA hätte sich gefreut

Das leer stehende Gebäude gleich für eine Nutzung durch BA-Studenten umzubauen, ist nun eher unwahrscheinlich. „Wir haben bei dem Projekt durch den Denkmalschutz gewisse Zwänge. Und schließlich muss alles auch finanzierbar sein“, erklärt Ledwa. Zeitdruck bestehe im Fall Rittergutstraße aber nicht. „Das Objekt steht seit mehreren Jahren leer. Da müssen wir jetzt nicht auf der Stelle handeln.“ Und wie geht es nun weiter? „Wenn wir ein neues interessantes Projekt für das Gebäude haben, stellen wir das dem Aufsichtsrat vor“, sagt der WGR-Geschäftsführer. Das Gremium entscheide dann. Keine Auskunft gibt er dazu, wie viel Geld das stadteigene Unternehmen bereits in die Planung für den Umbau zum Asylheim investiert hat.

In der Berufsakademie bedauert man die Nachricht über das geplatzte Projekt: „Für unsere Studierenden sind Wohnmöglichkeiten nahe dem Campus ein Standortvorteil für den Studienstandort Riesa. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten unseres Wohnheims müssen Studierende häufig auf andere Wohnmöglichkeiten ausweichen“, erklärt Akademiesprecherin Dr. Katja Soyez. „Wir bedauern daher, dass die Immobilie an der Rittergutsstraße, die das Campus-Areal sinnvoll abgerundet hätte, vorerst nicht saniert wird.“

Auch CDU-Fraktionschef Helmut Jähnel findet es schade, dass eine „sinnvolle Nachnutzungsmöglichkeit“ verworfen werden musste. Aus Sicht der Steuerzahler sei die Entscheidung aber richtig: „Die Zeit der massenhaften unkontrollierten Zuwanderung, die dadurch erfolgte Nutzung von Schulturnhallen und der eilige Bau von Notunterkünften ist zum Glück vorbei. So ist es plausibel, dass der Landkreis im Hinblick auf die Zahl der Unterbringungsplätze reagiert.“ Es bleibe zu hoffen, dass dies nicht zu kurz gedacht sei „und beim nächsten Zustrom wieder Schulen und andere öffentliche Gebäude die Unterbringung absichern müssen“. Jähnel denkt dabei an „die unberechenbare Situation in der Türkei“.

Auch aus Sicht der linken Fraktionschefin Uta Knebel, die gleichzeitig auch im Kreistag sitzt, war die Entscheidung, sich vom Standort Rittergutstraße zu verabschieden, richtig: „Der Landkreis hat sich bereits mit einem nicht unerheblichen Betrag aus einem langfristigen Vertrag für Unterkünfte rauskaufen müssen. Eine solche Situation kann man nicht wieder heraufbeschwören wollen.“ Vor diesem Hintergrund könne man die Entscheidung seitens des Landratsamtes nur begrüßen. Dennoch habe der Kreistag im vergangenen Sommer umsichtig agiert, als der Beschluss für das neue Riesaer Heim fiel. „Der Ausbau der Rittergutstraße wurde zu einer Zeit ins Auge gefasst, als der Bedarf gegeben schien. Inzwischen hat sich die Situation geändert, und wir verzeichnen einen Rückgang des Bedarfes beziehungsweise Leerstand in den Unterkünften“, so Knebel.