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Kein Markt für Wildschweinfleisch?

Jäger klagen über Absatzprobleme. Die Politik soll helfen. Gastwirte stellen keine negativen Veränderungen fest.

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© André Schulze

Von Frank-Uwe Michel

Wildschweinfleisch ist genug auf dem Markt – der vor den Toren Deutschlands stehenden afrikanischen Schweinepest sei Dank. Denn die Befürchtung, die Krankheit könne auch auf die hiesigen Schwarzkittel übergreifen und damit zur Gefahr der Mastschweinbestände werden, war der Auslöser für die verstärkte Jagd in den zurückliegenden Monaten. Allerdings gibt es nun ein Absatzproblem: Die Jäger scheinen das von ihnen geschossene Schwarzwild kaum noch loszuwerden. Die SZ zeigt, wie die aktuelle Situation ist, welche Forderungen es gibt und wie man dem Problem Herr werden könnte.

Situation: Vermehrter Abschuss sorgt für viel Wildschweinfleisch

Die Zahlen der Unteren Jagdbehörde des Landkreises machen es deutlich: Im zurückliegenden Jagdjahr, das vom 1. April 2017 bis zum 31. März 2018 reichte, wurden im Kreisgebiet 5 033 Schwarzkittel erlegt. Im Vergleich zum Jagdjahr 2016/17 ist das ein Plus von 753 Tieren. Was zu Problemen für die Jäger führt: Ihre Kühltruhen sind voll, das Fleisch bei Gaststätten und Privatabnehmern kaum noch absetzbar. Detlef Eckert, Chef des Jagdverbandes Oberlausitz schimpft, dass die Bevölkerung wegen der Berichte über die afrikanische Schweinepest verunsichert sei. Dies jedenfalls höre er von Gaststätten als Begründung, keine Wildschweine mehr anzunehmen. Dies bestätigt auch Hans-Joachim Dohrmann, Vorsitzender des Jagdverbandes Niederschlesische Oberlausitz: „Der Glaube bei den Leuten ist einfach gesunken, dass Wildschweinfleisch ein absolut gesundes natürliches Nahrungsmittel ist.“ Und der Rothenburger macht aus seiner Sicht die Dramatik deutlich: Bekamen die Jäger früher zwischen 2,50 und 3,00 Euro für ein Kilo, sind es jetzt noch 70 Cent. Ist das bei Frischlingen, die acht bis 25 Kilo schwer werden, gerade noch zu verkraften, schlägt es bei ausgewachsenen Schweinen mit einem Gewicht um die 50 Kilo richtig ins Kontor, ganz zu schweigen bei großen Keilern mit bis zu 100 Kilo Lebendgewicht. Dohrmann: „Die Betriebskosten sollten wenigstens rauskommen.“ Und er stellt klar, dass unter diesen Umständen die Abschussquote wieder nach unten gehen wird. „Jäger haben Abnahmepläne. Und wenn nichts abgenommen wird, wird auch nichts geschossen.“

Forderung: Staat soll bei Information und Vermarktung helfen

Um der Misere zu begegnen, fordert Detlef Eckert eine staatlich initiierte Informationskampagne für gesundes Wildschweinfleisch. Außerdem regt er an, den Aufkauf behördlich zu organisieren, solange es vonseiten der Gastronomie und der Verbraucher zu wenig Interesse gibt.

Reaktion: Gastronomen stellen keine Veränderung der Lage fest

Axel Klein hat nach einer Abfrage einiger seiner Mitgliedsbetriebe in Ostsachsen kaum Ablehnung von Wildschweinfleisch festgestellt. „Die Leute essen es trotz der Gefahr der heranrückenden Schweinepest“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Sachsen. Auch Andreas Noatsch, Küchenchef des Nieskyer Bürgerhauses, kann keine gravierenden Unterschiede zu anderen Jahren feststellen: „Wir haben Wildschwein wie sonst auch üblich auf unserer Speisekarte. Die Nachfrage bei den Gästen ist nicht besonders stark, aber auch nicht weniger geworden.“ Er macht allerdings auf einen weiteren Aspekt aufmerksam: „Wenn ein Jäger zu uns kommt, will er möglichst das ganze Schwein verkaufen. Wir brauchen aber nur bestimmte Teile, zum Beispiel die Keule. Da muss ich wirtschaftlich denken, auch wenn das für den Jäger wahrscheinlich enttäuschend ist.“ Auch Gerd Eberle, der in Lodenau eine Wilddirektvermarktung betreibt, hält den Ball flach: „Das Thema wird wahnsinnig hochgepuscht. Wildbret lässt sich um diese Zeit immer schlecht verkaufen. Im Moment läuft das meiste über den Preis.“ Allerdings seien gegenüber den Vorjahren kaum mehr Schweine auf dem Markt. Er selbst gebe jede Woche drei bis fünf Schwarzkittel ab, vor allem an Privatleute, übers Jahr schieße er rund 150 Exemplare.

Ausblick: Ministerium will, dass sich die Jäger selber kümmern

Nach Auskunft des Landratsamtes gab es auf Landesebene bereits Mitte März eine Beratung zur afrikanischen Schweinepest, bei der auch eine mögliche Informationskampagne zum Verzehr des Wildschweinfleisches und ein eventuelles staatliches Aufkaufkontingent zur Sprache gekommen sein sollen. Nähere Angaben dazu machte die Behörde auf SZ-Nachfrage aber nicht. Frank Meyer, Sprecher des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums, stellt jedoch klar: „Der staatliche Aufkauf von Wildschweinfleisch ist derzeit nicht vorgesehen.“ Den Jägern obliege es selbst, einen vielfältigen Kundenstamm aufzubauen. Zumindest die Dehoga könne sich eine Neuauflage ihrer bereits 2009 durchgeführten Kampagne „Wild auf Wild“ vorstellen, so Sachsen-Chef Axel Klein.