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Kein Interesse an Hochwasserschutz

Die Anwohner von Luga wehren sich gegen ein Projekt. Die Gemeinde verschenke dadurch viel Geld, sagt der Bürgermeister.

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© Claudia Hübschmann (Archiv)

Von Jürgen Müller

Käbschütztal. Es sollte ein Pilotprojekt, nicht nur für den Freistaat, sondern auch für die Gemeinde Käbschütztal sein, ein Vorzeigeobjekt zum Erosions- und Hochwasserschutz in Luga. Teile des kleinen Ortes waren 2007 nach einem Starkregen von Schlamm verwüstet worden. Das soll sich nicht wiederholen. Das Umweltprojekt gegen Bodenerosion und für Hochwasserschutz mit dem sperrigen Namen „Flurbereinigungsverfahren Erosionsschutz Luga“ kam dabei der klammen Gemeinde gerade recht. Die Kosten betragen zwar rund 550 000 Euro, werden aber zu 90 Prozent vom Freistaat Sachsen bezahlt. Die Gemeinde muss lediglich einen Anteil von jährlich 5 000 Euro beisteuern. Zu Kasse gebeten werden allerdings auch rund 90 Grundstückseigentümer mit 184 Grundstücken. Diese sollen einmalig 63 Euro pro Hektar berappen.

Uwe Klingor (CDU), Bürgermeister von Käbschütztal.
Uwe Klingor (CDU), Bürgermeister von Käbschütztal. © Claudia Hübschmann

Rohre müssen wieder raus

Kernstück des Projektes ist es, die Bodenerosion in Luga zu stoppen. Diese ist in der gesamten Lommatzscher Pflege ein Problem. Das Wasser spült auf den Feldern in abschüssigen Hanglagen den wertvollen Lößboden weg. Seit 1970 gingen so im Schnitt 25 Zentimeter Boden verloren.

Verbessert werden sollte aber auch der Hochwasserschutz. In Luga ist der im Moment durch einen Damm gewährleistet, den der Bauhof mehr oder weniger „schwarz“ errichtete. In dem Ort ist aber auch der Lugabach „verrohrt“. Das heißt, das Wasser des Baches wird durch Rohre aus dem Ort geleitet. Das funktioniert, hat aber mindestens einen Haken. Laut einer EU-Verordnung ist eine solche „Verrohrung“ ab 2027 nicht mehr zulässig. Der Bach muss also spätestens bis dahin geöffnet und renaturiert werden. Dies wäre in dem jetzt geplanten Umweltprojekt ebenfalls enthalten gewesen.

Doch in Luga lehnt man dieses Projekt ab. Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine hitzige Diskussion, wie der Anwohner Johannes Grübler sagt. Das Grundstück, auf dem er wohnt, war 2007 von der Schlammlawine betroffen. Trotzdem sieht er das Projekt sehr kritisch, vor allem die damit verbundene Offenlegung des Baches. „Dann müsste der Schutzdamm durchschnitten werden. Links und rechts vom Bach müsste jeweils ein zehn Meter breiter Grünstreifen angelegt werden. Damit geht den Eigentümern wertvolles Ackerland verloren“, argumentiert er. „Das Interesse in Luga an diesem Projekt ist gleich Null“, so Grübler, zumal der Hochwasserschutz durch den Damm gewährleistet sei. Dieser müsste lediglich etwas erhöht und die Rückhaltemulde instand gesetzt und sauber gehalten werden. „In Luga ist derzeit der Hochwasserschutz gegeben und kann mit viel weniger Aufwand als jetzt vorgesehen auch künftig gewährleistet werden. Ich sehe bei diesem Projekt auf keiner Seite irgendwelche Vorteile“, so Johannes Grübler, der damit die mehrheitliche Meinung der Lugaer wiedergibt.

„Wir haben permanent andere Vorschläge gemacht. Die wurden aber nie aufgegriffen“, sagt Gemeinderat Andreas Schillheim (Bürger für Käbschütztal) aus Luga. Seitens der Gemeinderäte wurde schon mehrfach eine Verwendung der Geldmittel für andere Projekte im Gemeindegebiet vorgeschlagen, zum Beispiel für den Jahnabach. Dort wird ein viel dringender Bedarf gesehen“, so Schillheim. Eine Meinung, die auch Harald Lau (CDU) teilt: „Wir hätten für ein solches Projekt bessere Objekte, beispielsweise in Niederjahna. Wir sollten das Geld nicht in Luga verpulvern.“ Man hätte in der Gemeinde viele Ecken, in denen ein solches Projekt notwendiger wäre, gab auch Dieter Buhlig (Ländliche Wählervereinigung Käbschütztal) zu bedenken.

Keine Genehmigung für Damm

Er könne die Bedenken aus menschlicher Sicht verstehen, fachlich seien sie aber nicht zu untermauern, sagt Felix Raderecht von der Oberen Flurbereinigungsbehörde im Landratsamt Meißen. Er gab zu bedenken, dass für den Damm in Luga keine wasserrechtliche Genehmigung bestehe. Die ganze Diskussion nervt ihn offenbar: „Wir werden nicht noch mehr Anstrengungen unternehmen, um der Gemeinde etwas Gutes zu tun. Wenn das Projekt nicht gewollt ist, dann kommt es eben nicht“, sagt er resigniert. Es kommt nicht. Denn acht Gemeinderäte stimmten dagegen, drei enthielten sich der Stimme. Nur einer hob zustimmend die Hand. Es war Bürgermeister Uwe Klingor (CDU), der leidenschaftlich für das Projekt geworben hatte. Seine Enttäuschung über das Abstimmungsergebnis verhehlt er nicht. „Der Gemeinderat hat damit eine halbe Million Euro verschenkt. Mit dem Geld hätten wir den Hochwasserschutz und den Naturschutz von und um Luga wesentlich verbessern können. Die Chance bekommen wir nicht wieder“, sagte er.

Möglicherweise hätte die Gemeinde gar nichts bezahlen müssen. Eine Stiftung habe sich bereiterklärt, den Gemeindeanteil zu übernehmen, so Klingor. Und auch die Gemeinde Klipphausen habe sich beteiligen wollen, weil sie mit dem Ortsteil Miltitz ebenfalls betroffen ist. Die Gemeinde will nun versuchen, das Projekt in einen anderen Ortsteil umzulenken.