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Kein Friedhofsgeflüster mehr

Eine Kunsthistorikerin hat auf dem Bautzener Taucherfriedhof Führungen veranstaltet. Doch nun bekam sie eine überraschende Absage.

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© privat

Bautzen. Seit drei Jahren lädt die Kunsthistorikerin Dr. Anja Kretschmer auf dem Bautzener Taucherfriedhof zum Friedhofsgeflüster ein. Bei dieser anderthalbstündigen Führung erzählt die 35-Jährige, die auch als Trauerrednerin arbeitet, wie in den vergangenen vier Jahrhunderten mit dem Tod umgegangen wurde. Sitten, Bräuche und der Aberglaube der Vorfahren stehen im Mittelpunkt. „Ich tauche mit meinen Gästen in die Geschichte der Bestattungskultur ein. Die Führung in Bautzen wurde gut angenommen. 2016 hatte ich 80 Besucher“, berichtet Kretschmer, die es für sehr wichtig hält, Sterblichkeit zu thematisieren.

In diesem Monat sollte es wieder losgehen. Doch ganz abrupt habe der Friedhofsausschuss die Führungen untersagt, bedauert Kretschmer. „Dabei stand der Veranstaltungsplan schon fest und auch die große Erlebnisführung mit Akteuren des Rostocker Volkstheaters stand schon in den Startlöchern“, so die Kunsthistorikerin, die aktuell in Rostock lebt. Thematisch sollte sich das Friedhofsgeflüster in diesem Jahr um Sagengeschichten drehen. Viele hätten schon auf die Veranstaltung gewartet, sagt Kretschmer. Umso mehr enttäuscht es sie, dass plötzlich die schriftliche Absage seitens des Taucherfriedhofes kam. Als Kretschmer den Grund dafür erfahren wollte, sei sie abgewimmelt worden. Für das nächste Jahr wolle sie nun ihr Friedhofsgeflüster nach Görlitz verlegen.

Anja Kretschmers Führungen gehen dem Ausschuss des Taucherfriedhofes zu weit. „Wir haben entschieden, dass diese Art von Führung aus Gründen der Pietät nicht auf unseren christlichen Friedhof passt“, erklärt auf Nachfrage der Zeitung Johannes Probst, Pfarrer der St. Petri-Kirchgemeinde und Mitglied des Friedhofsausschusses. Er fügt hinzu: „Wir müssen dafür sorgen, dass der Ort der Totenruhe und des Gedenkens geschützt wird.“

Das bedeutet aber nicht, dass auf dem Taucherfriedhof generell Veranstaltungen untersagt sind. So werden in regelmäßigen Abständen über die Volkshochschule Führungen angeboten. Bei denen geht es unter anderem um die Symbolik der Gräber, um berühmte Persönlichkeiten aber auch um besondere Gehölze, die auf dem Taucherfriedhof wachsen. (SZ/ma)