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Kein Abriss wegen Fledermäusen?

Der Landkreis Görlitz hat den Abbruch von Wohnblöcken in Löbau Ost gestoppt. Der OB wirft dem Kreis nun vor, Bauarbeiten zu behindern.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Altmann-Kühr

Baustopp! Das hat die Stadtverwaltung und das städtische Wohnungsunternehmen überraschend getroffen. Eigentlich sollte jetzt im Mai der Abriss der bereits leer gezogenen Wohnblöcke an der Mozartstraße/Ecke Lortzingstraße im Wohngebiet Löbau Ost beginnen. So hatte der Geschäftsführer der Wohnungsverwaltung- und Bau GmbH (kurz Wobau), Ullrich Wustmann, die Abriss-Pläne der SZ vorgestellt. Die Gebäude sind auch schon entkernt worden. Doch nun darf vorerst nicht abgerissen werden. Das fordert der Landkreis. Über diese aktuelle Entwicklung informierten Oberbürgermeister Dietmar Buchholz (parteilos) und Löbaus Bauamtsleiter Albrecht Gubsch am Donnerstagabend im Stadtrat.

Bevor weiter abgerissen werden darf, muss überprüft werden, ob nicht etwa Fledermäuse in den Wohnblocks leben. Sie könnten durch den Abriss gestört oder sogar getötet werden. Deshalb muss zunächst sichergestellt werden, dass keine Tiere in den Gebäuden leben. Erfahrungsgemäß werden gerade Plattenbauten bevorzugt von diesen Tieren trotz Wohnnutzung als Lebensraum genutzt, heißt es vom Landratsamt. „Ein unkontrollierter Abriss kann dazu führen, dass solche Niststätten zerstört und diese nach europäischem Recht streng geschützten Tiere im ungünstigsten Fall auch getötet werden“, so Susanne Lehmann, Pressesprecherin im Landratsamt. Das wäre sogar strafbar. Aus diesem Grund habe die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises angeordnet, dass vor Beginn der Abrissarbeiten artenschutzrechtliche Belange geklärt und geprüft werden muss, ob Fledermäuse oder Vögel in den Gebäuden nisten.

Vonseiten der Stadt sei ein Entsorgungskonzept eingereicht worden für das Abrissvorhaben der Blöcke in Löbau Ost. Zum Artenschutz hätte es darin aber nur zwei kurze Sätze gegeben, sagt der Landkreis. In dem Papier hieß es: aufgrund dessen, dass die Gebäude bis vor Kurzem noch bewohnt waren und in den Häusern Arbeiten laufen, sei eine Besiedlung unwahrscheinlich und werde daher nicht untersucht. Das wollte die Naturschutzbehörde so nicht hinnehmen und ordnete nun die Überprüfung an.

Das ist aber nicht das einzige Problem, das Löbau derzeit mit dem Naturschutz hat. Auch der Bau der Straße auf den Rotstein stockt. Und auch hier sind es Naturschutzauflagen, die die Sanierung verzögern, wie Bauamtsleiter Gubsch in der Ratssitzung am Donnerstag erklärte. „Die Naturschutzbehörde war doch lange genug in die Vorbereitungen integriert. Es ist zum Davonlaufen“, so der Bauamtseiter. In der Stadtratssitzung im März hatte der Löbauer Stadtrat den Auftrag für die Sanierung der maroden Straße auf den Berg vergeben. Jetzt sollte der Bau beginnen, das zeigte die Stadt beim Landkreis an. Doch der legt nun wieder Veto ein. Begründung: „Hier musste die Untere Naturschutzbehörde einschreiten, da zumindest für einen Teil des Bauvorhabens eine Beeinträchtigung des Naturschutzgebietes zu erwarten war“, so Kreissprecherin Susanne Lehmann. Zwischen März und Juni brüten am Rotstein – Sachens ältestem Naturschutzgebiet – Vögel. Deshalb hatte es die Stadt in ihrem ursprünglichen Antrag selbst ausgeschlossen, in dieser Zeit zu bauen, teilt der Kreis seine Sicht mit. Aus diesem Grund habe die Naturschutzbehörde überhaupt ihr Einverständnis zum Bau gegeben.

Oberbürgermeister Dietmar Buchholz machte in der Ratssitzung seinen Unmut über die Verzögerungen deutlich. Er warf der Landkreisbehörde sogar vor, Bauvorhaben zu behindern. „Da werden wir uns wehren“, sagte Buchholz. „Das Geld ist da, aber es gibt Behörden, die das Ganze behindern“, so Buchholz wörtlich. Im Falle der Abrissblöcke in Löbau Ost könnten der Stadt sogar Fördermittel durch die Lappen gehen, wenn der Abriss nicht fristgerecht abgerechnet werden kann, sagte der Oberbürgermeister. Wenn das der Fall ist, werde er vom Landkreis Schadensersatz fordern.

Der Landkreis bezeichnet die öffentlichen Äußerungen von Buchholz zu den Vorgängen als unsachlich. Eine Verzögerung der Maßnahmen liege dem Landkreis fern, heißt es in einer Stellungnahme der Behörde dazu. „Vielmehr sollten, wie in der Vergangenheit auch, gemeinsam auf einer sachlichen Ebene rechtskonforme Lösungen gefunden werden“, erklärt Susanne Lehmann vom Büro des Landrats. Im Fall der Abrissblöcke sei bereits mit dem Planer Kontakt aufgenommen worden, um das weitere Verfahren zu besprechen. Man wolle schnellstmöglich eine Lösung finden, dass die Gebäude abgerissen werden können, ohne gegen Gesetze zu verstoßen.