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Karlines spektakuläre Rettung

Eine kleine Katze sorgt in Helmsdorf mehrere Tage lang für Aufregung. Mehrere Versuche, sie vom Baum zu holen, schlagen fehl.

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Von Anja Weber

Helmsdorf. Karline liegt faul in der Sonne und lässt sich das Fell wärmen. Schläfrig schaut sie in die Umgebung. Hinter ihr liegen aber auch anstrengende Tage. Die Katzendame wollte ganz hoch hinaus. Dafür hatte sie sich eine der malerischen Pappeln am „Haus Lebendich“ an der Wesenitz in Helmsdorf ausgewählt. Doch ihre Kletterversuche und vor allem auch die Rettungsversuche ihrer Besitzerin hielten halb Helmsdorf in Atem. Was war geschehen?

In schwindelerregender Höhe von 32 Metren beginnt die Katzenrettung in Helmsdorf.
In schwindelerregender Höhe von 32 Metren beginnt die Katzenrettung in Helmsdorf. © privat

Begonnen hat die ganze Geschichte schon am 11. August. Gegen 23.30 Uhr findet „Haus Lebendich“-Chefin Kerstin Wuttig ihren Kater Charly mit Bissverletzungen zu Hause vor. Schnelle Hilfe ist notwendig, das merkt sie sofort. Sie ruft den Tierarztnotdienst an und landet telefonisch in der Tierklinik von Dr. Düring in Rennersdorf-Neudörfel. Einen Termin für Freitagfrüh bekommt sie sofort.

Am besagten Morgen fährt sie mit Charly in die Klinik, der dort schnell behandelt wird. Charly bekommt für die Zeit der Heilung Stubenarrest. Den Kater wohl versorgt wissend, kommt Kerstin Wuttig mit ihm wieder zu Hause an. „Da stellte ich fest, dass meine Katze Karline fehlt. Bei Freigängern ist das ja manchmal so. Aber irgendwie war das ganze schon etwas eigenartig“, sagt Kerstin Wuttig. Es wird Freitagabend. Karline kommt nicht, ihre Besitzerin macht sich nun wirklich Sorgen um sie. Sie befürchtet gar, dass sie ebenso wie Charly verletzt wurde und jetzt irgendwo liege, ihre Hilfe brauche oder schlimmstenfalls schon tot wäre.

Bange Minuten im Hause Wuttig. Die Besitzerin sucht, ruft, hört genau auf jedes Geräusch. Keine Spur von Karline. „Ich brauche mehr Ohren, mehr Augen, ich brauche Helfer“, habe sie zu sich gesprochen. Und das alles um mitternächtliche Stunde. Ihre ehemalige Schulfreundin und Nachbarin Manuela Weiß sowie Ramona Ritterwald und Kerstin Wuttigs Vater eilen zur Hilfe.

Und wieder wird alles abgesucht. Dann plötzlich ein leises Mauzen von ganz weit oben. Manuela Weiß macht es hoch oben in einer Pappel an der Wesenitz aus, wo Karline sitzt und sich nicht mehr heruntertraut. Es folgt ein Anruf bei Familie Kretschmer von der örtlichen Feuerwehr, ob diese vielleicht helfen könne. Kann sie nicht, weil die Helmsdorfer nicht über eine so lange Leiter verfügen. Ramona Ritterwald kommt dann die Idee, Thomas Willenberg in Stolpen anzurufen. Er ist Bergsteiger, hat mehrere Erstbegehungen gemeistert und klettert international.

Der kommt auch sofort. Nur, um auf den Baum zu klettern, dafür ist es schon zu dunkel. Am Sonnabendmorgen, 7.15 Uhr, steht er wieder vor der Tür, bestens ausgerüstet für die Pappelbesteigung. Karline bemerkt das offenbar und ist erst einmal weg. Thomas Willenberg klettert noch höher und entdeckt die Katze dann auf einem weit ausladenden Ast, fast in der Mitte hockend. Da ist sie auch für ihn nicht zu erreichen, alle Lockrufe scheitern. Karline will sich offenbar nicht retten lassen und bleibt so einen weiteren Tag auf dem Baum. „Sie mauzte nachts erbärmlich. Tagsüber war sie ruhig und wir dachten am Sonntag, sie sei vom Baum gefallen“, sagt Kerstin Wuttig. Die ganze Familie sucht mittlerweile nach der Katze.

In der Dämmerung des Sonntagabends beginnt sie dann plötzlich wieder zu mauzen. Retter Thomas Willenberg ist am Montag 9 Uhr wieder da. Doch es ist wie verhext. Karline sitzt auf dem gleichen Ast wie schon am Sonnabendmorgen. Also keine Chance für den kletternden Retter. Es bleibt nur ein Ausweg: Die Feuerwehr in Neustadt, die hat eine große Leiter.

Der Anruf beim Gerätehaus in Neustadt bleibt allerdings ohne Erfolg. „Dann rief ich die 112 an und schilderte meine Situation. Nach anfänglichen Schwierigkeiten kamen wir gut klar. Der Notruf wurde ausgelöst“, sagt Kerstin Wuttig. In nur 15 Minuten steht die Neustädter Feuerwehr mit der Drehleiter auf dem Dammweg in Helmsdorf. Und – kommt nicht durch. Der Dammweg ist zwar ein öffentlicher Weg. Doch Versorgungs-, Entsorgungs- und solch großen Rettungsfahrzeuge können ihn nicht befahren, weil der Weg dafür nicht ausgelegt ist. Schon mehrmals haben die Anwohner eine Lösung gefordert. Die gab es bis heute nicht. Droht nun dieser Rettungsversuch daran zu scheitern?

Ein Landwirt aus der Nachbarschaft gestattet die Zufahrt über seinen Hof und seine Wiese. Zum Glück. So kann die Drehleiter wenigstens an den Ort des Geschehens gelangen. Doch die Wiese direkt neben der Wesenitz ist feucht. Hoffentlich fährt sich das Fahrzeug nicht fest. Bange Minuten. Doch alles geht gut. „Schnell und professionell wurde die Drehleiter in Position gebracht. Die Kameraden der Feuerwehr bestiegen den Rettungskorb und los ging es“, erläutert Kerstin Wuttig. Die Leiter fährt gen Himmel, in schwindelerregende Höhe. Die Kameraden müssen sie komplett auf 32 Metern ausfahren, um die festsitzende Katze zu erreichen.

Kerstin Wuttig möchte sich nun bei allen Rettern und Helfern in diesem vier Tagen bedanken. „Gute Freunde, Helfer zu haben ist ein kostbarer Schatz. Unendlich wertvoll und für kein Geld der Welt zu erkaufen. Danke“, sagt die Helmsdorferin. Und Karline? Der geht es gut. Vom vielen Mauzen ist sie allerdings noch etwas heiser.