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Karasek zeigt seine Schätze

Seit 20 Jahren gibt es in Seifhennersdorf ein Heimat-Museum der besonderen Art – und ab Sonntag etwas ganz Neues.

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© Matthias Weber

Von Holger Gutte

Wie viel vom Räuberhauptmann Karasek steckt wohl schon in Heiner Haschke? Der 66-jährige Leutersdorfer muss schmunzeln bei der Frage und weiß es selbst nicht genau. Gerade trägt er wieder die Uniform des Räuberhauptmanns. Eigentlich braucht er sie am Wochenende gar nicht mehr ausziehen. Es sei denn zum Schlafen. Am Sonnabend zieht er mit Schaulustigen zu Räuberhauptmann Karasek 66. Schatzsuche. Die Tour führt in den Westteil der einstigen böhmischen Enklave von Niederleutersdorf vorbei an zahlreichen Originalschauplätzen. Keine seiner Schatzsuchen ist dabei wie die andere. Schließlich sollen die Leute nicht schon vorher wissen, wo und wann es beispielsweise ein Scharmützel mit Räubern gibt.

Ina Köhler, die Leiterin des Karasek-Museums, zeigt einen Fischteller „Zittauer Fayencen von 1702“, der in der Sonderausstellung zu sehen ist.
Ina Köhler, die Leiterin des Karasek-Museums, zeigt einen Fischteller „Zittauer Fayencen von 1702“, der in der Sonderausstellung zu sehen ist. © Matthias Weber

Und am Sonntag spielt er sowieso die Hauptrolle in Seifhennersdorf. Dann schart Haschke als Räuberhauptmann all seine Spießgesellen und Kräuterweibleins um sich. Anlässlich 20 Jahre Karasek-Museum zeigt die Einrichtung seine Schätze. Da darf der Räuberhauptmann natürlich mit seinem Gefolge nicht fehlen.

Heiner Haschke fühlt sich wohl in der Uniform des Räuberhauptmanns und geht in der sagenumwobenen Gestalt förmlich auf. Seit 1999 verkörpert er Karasek, zuvor hatte den Part drei Jahre lang Hans Klecker übernommen. In all den Jahren ist Haschke bis heute immer noch wissensdurstig nach Informationen über den legendären Johannes Karasek. Er stöbert in Archiven und forscht, wo sich die Gelegenheit bietet. Und tatsächlich erfährt er immer wieder etwas Neues über ihn. So konnte Heiner Haschke 2015 ein Leutersdorfer Bürger exakt mit Unterlagen nachweisen, dass und wann genau Karasek seine Frau Magdalena in der katholischen Hofkirche in Dresden geheiratet hat. Und jetzt erfuhr er von Monsignore Pilz, vom Kirchenvorstand im tschechischen Studanka (Schönbrunn), dass das Kruzifix an der Straße bei Studanka nachweislich zu 100 Prozent von Karasek gespendet wurde. „Karasek wurde nie ein Mord nachgewiesen, aber einen Totschlag von einem Räuber aus seiner Bande hatte es gegeben“, schildert Heiner Haschke. Karasek soll daraufhin ein Kruzifix gespendet haben. Jetzt weiß man, wo. So kann Heiner Haschke auf seinen Schatzsuchen, Wanderungen und sonstigen Veranstaltungen den Besuchern immer wieder Neuigkeiten vom Räuberhauptmann erzählen. Schließlich sollen die Gäste wiederkommen.

Als er 1993 eine Sonderausstellung im damaligen Seifhennersdorfer Stadtmuseum vorbereitete, ahnte er nicht, was sich daraus entwickeln würde. „Unsere Heimat zwischen Karasek, Pascher-Friedl und den Zeppelin-Luftschiffen“ hieß die Schau damals. „Ich habe sofort gemerkt, was für ein Potenzial und was für eine Chance in der Figur des Räuberhauptmanns für Seifhennersdorf steckt“, sagt er. Es ist nicht leicht gewesen, Stadtrat und -verwaltung sowie andere von der Idee zu überzeugen, das Stadtmuseum in Karasek-Museum umzubenennen. Aber Haschke hatte auch Glück, weil gerade in der Zeit ein Tourismusberater aus Dresden da war und das ebenfalls als eine Chance für die Stadt sah. Drei Jahre vergingen, bis Seifhennersdorf 1996 mit dem Karasek-Museum ein Heimatmuseum der besonderen Art präsentieren konnte. Es ist das erste Räubermuseum in Deutschland gewesen. Und auch die, die später folgten, sind nicht so umfangreich wie das in der Oberlausitz.

„Wir mussten nicht bei Null anfangen und konnten uns auf eine langjährige Vorarbeit stützen“, berichtet Heiner Haschke. Einen großen Bonus an der Umgestaltung des Museums haben die Seifhennersdorfer dem Kulturbund in Leutersdorf zu verdanken. Seit 1984 hatte der sich schon intensiv mit dem Thema Karasek beschäftigt, erzählt Haschke. Dort gab es Mitglieder, die noch die ganz alte deutsche Schrift lesen konnten. Und sie haben schon damals in den Archiven in Dresden recherchiert. Drei Jahre hat der Umbau des Museums gedauert, bei dem die oberste Etage komplett umgestaltet worden ist.

In den 20 Jahren ist bis heute viel dazugekommen. Nicht nur im Museum. 1995 wurde der Karasek-Ringwanderweg eingeweiht. Seit 1996 gibt es die Schatzsuche, und seit 1997 den ersten Familienspaß mit Karasek. Ein Jahr später folgte dann der erste Oberlausitzer Leinewebertag mit Karasek-Naturmarkt, der bis heute ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Stolz berichtet Heiner Haschke, dass 2011 in Seifhennersdorf das erste Arbeitstreffen der deutschen Räubermuseen stattfand. Im Jahr zuvor hatten die zwölf Museen ein Netzwerk gegründet.

Heiner Haschke freut sich auf den Sonntag ganz besonders. Dann wird zum Museums-Jubiläum nämlich nicht nur die Sonderausstellung mit Karaseks Schätzen – von denen viele erstmals aus dem Fundus der Einrichtung gezeigt werden – eröffnet. Erstmals gibt es jetzt eine DVD über den Räuberhauptmann. Der Film zeigt sein bewegtes Leben. Über ein Jahr lang wurde an vielen Original-Schauplätzen – nicht nur in Seifhennersdorf – unter anderem mit dem Kinder- und Jugendverein gedreht.

5. November: 14 Uhr, 66. Schatzsuche mit Karasek, Start am Haupteingang vom Querxenland

6. November: 13 bis 17 Uhr, Eröffnung Sonderausstellung im Museum „Karasek zeigt seine Schätze“ und Verkaufsbeginn der DVD