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Kanu-Stadt Dresden

Die Paddler räumen bei der Sportlerwahl in drei Kategorien ab. Der Erfolg basiert auf einer ungewöhnlichen Kooperation.

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Von Alexander Hiller

Die Erkenntnis ist nicht ganz neu, doch die Auszeichnung zu den Sportlern des Jahres zeigt es noch einmal besonders deutlich: Dresden ist mehr als Dynamo. Die Schwarz-Gelben sind bei der Abstimmung für 2017 nur Vierter, und auch Vorjahressieger Uwe Neuhaus kommt nur auf Platz zwei. Er muss sich diesmal einem erfolgreicheren Trainer beugen: Jens Kühn. Den kennen sicher die wenigsten Dresdner. Trotzdem bekommt er die meisten Stimmen in der Kategorie, insgesamt haben 5 000 Leute an der Umfrage teilgenommen.

Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher mit seiner ungarischen Freundin Dora Lucz aus demselben Metier.
Kanu-Olympiasieger Tom Liebscher mit seiner ungarischen Freundin Dora Lucz aus demselben Metier. © kairospress
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Der sechsfache Trailbike-Weltmeister Marco Hösel sorgte mit seinem actiongeladenen Auftritt für die Showeinlage schlechthin bei der Dresdner Sportlergala am Sonnabend vor 1000 geladenen Gästen im Kongresszentrum. Fotos: Thomas Kretschel (4)
Der sechsfache Trailbike-Weltmeister Marco Hösel sorgte mit seinem actiongeladenen Auftritt für die Showeinlage schlechthin bei der Dresdner Sportlergala am Sonnabend vor 1000 geladenen Gästen im Kongresszentrum. Fotos: Thomas Kretschel (4) © kairospress

Denn der Kanu-Coach tritt öffentlich weniger in Erscheinung als sein Kollege von Dynamo, was an der unterschiedlichen Medienpräsenz der Sportarten liegt. Doch der 59-Jährige ist der Mann hinter den den Erfolgen der beiden Vorzeige-Kanuten Tom Liebscher und Steffi Kriegerstein vom KC Dresden. Sie verteidigten ihre mit jeweils 1 000 Euro prämierten Spitzenplätze in den Einzelwertungen – und das angesichts ihrer Erfolge zu Recht. Liebscher holte im Einer und im Vierer je einen WM-Titel im tschechischen Racice, seine Vereinskollegin WM-Silber. „Endlich hat unser Trainer auch diese Ehrung bekommen, die steht ihm meiner Meinung nach schon lange zu“, sagte der 24 Jahre alte Tom Liebscher. „Wir gehen jetzt in unsere zehnte gemeinsame internationale Saison“, resümiert der Olympiasieger von Rio.

Es passt irgendwie in der Dresdner Kanu-Trainingsgruppe, die wohl weltweit eine der qualitativ besten ist. Denn zu ihr gehören bereits die vermeintlichen Hoffnungsträger der neuen Generation: Jakob Kurschat und Benedict Bachmann vom Wassersportverein „Am Blauen Wunder“, Junioren- und U-23-Weltmeister. „Als Trainer nimmt er keine Rücksicht auf das, was mal in der letzten Saison gewesen ist“, beschreibt Musterschüler Liebscher seinen Trainer. Der lobt in seinem bescheiden kurzen Statement die exzellente Mischung aus tollem Umfeld und erstklassigen Athleten. „Ja“, räumt der frühere Junioren-Weltmeister dann auf Nachfrage ein, „wahrscheinlich habe ich von meinen ehemaligen Trainern nicht die schlechtesten Eigenschaften übernommen“.

Gleichwohl haben die Paddler als eine der ersten Randsportarten in Dresden erkannt, dass man mit stetigen Weltklasseleistungen bei den Stadtoberen mehr einfordern kann als ein Schulterklopfen oder pure Lippenbekenntnisse bei entsprechenden Empfängen. Im heutigen digitalen Medienzeitalter sind außergewöhnlich erfolgreiche Personen jeglicher Fasson auch Werbe- und Sympathieträger für ihre Stadt, für eine Region – in diesem Fall für ihre Sportart. Ihre Verbundenheit mit Dresden haben Liebscher und Co. immer wieder betont und gerade deshalb immer wieder Verbesserungsmöglichkeiten angemahnt.

Bei Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert und seinem engsten Kreis sind sie auf offene Ohren gestoßen. Deshalb legte das Stadtoberhaupt im Dezember 2016 zwei Stipendienverträge für Kriegerstein und Liebscher mit Dresden vor. Zunächst für zwei Jahre und mit einem Gesamtvolumen von 48 000 Euro. Die Sportler werden damit von ihrer Stadt monatlich mit jeweils 1 000 Euro unterstützt. Auch, um die durchaus vorhandenen Verlockungen anderer interessierter Vereine zu minimieren. Ein bis dato einzigartiger Vorgang in der Sportgeschichte Dresdens.

Der seither ungebrochene Erfolg der städtischen Spitzenpaddler dürfte das Konzept bestätigen. Und so visiert das Rathaus eine Erweiterung dieser Verträge auf insgesamt fünf Stipendien an. Ein entsprechender Antrag soll zeitnah dem Sportausschuss vorgelegt werden – und ab Juli drei weitere Spitzensportler längerfristig an Dresden gebunden werden. Das bestätigte Sportbürgermeister Peter Lames am Rande der Gala. Eine Jury soll über die Auswahl der Athleten entscheiden. Es müssen ja nicht weitere Kanuten sein. Wobei, nachvollziehbar wäre auch das.