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Kaninchensterben hält an

Die Chinaseuche ist im Landkreis Görlitz nicht zu stoppen. Tierhalter können ihre Bestände dennoch schützen.

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© Jan Woitas/dpa

Von Anja Gail

Görlitz. Zwölf Kaninchen haben Johannes Wiedmer und seine Frau aus Hilbersdorf in diesem Jahr schon verloren. Eins sei erst vor Kurzem gestorben, erzählt Frau Wiedmer. Das alles sei sehr traurig. Sie hoffe nun, dass sich nicht auch noch die restlichen sieben Tiere den gefährlichen Erreger eingefangen haben. „Bislang waren wir von dieser Seuche verschont geblieben.“

Doch die Rabbit Haeemorrhagic Disease (RDH), auch als Chinaseuche bekannt, ist schon seit einigen Monaten im Landkreis Görlitz nicht mehr zu stoppen. Das liegt nach Informationen des Bundesforschungsinstitutes für Tiergesundheit vor allem daran, dass sich das ursprüngliche krankmachende Virus seit seinem Bekanntwerden vor über 30 Jahren mehrfach angepasst hat.

Seit 2010 grassiert „RHD-2“. Der Erreger hat sich längst auf das gesamte Bundesgebiet ausgebreitet, stellt das Friedrich-Loeffler-Institut fest. Typisch für ihn ist, dass auch Feldhasen und schon sehr junge Kaninchen befallen werden. Die Nestlingsimmunität, die sie normalerweise bei Infektionen genießen, scheint nicht mehr zu wirken. Erkrankte Tiere bekommen plötzlich Fieber, sind sehr geschwächt, fressen nicht mehr. Sie leiden an Entzündungen der Atemwege, neurologischen Ausfällen, Blutungsneigung und versterben meistens innerhalb kurzer Zeit.

Auch einer Tierhalterin aus dem Schöpstal sind etliche Fälle aus ihrem Umfeld bekannt. Viele Kaninchenhalter hätten ihre gesamten Würfe verloren. „Ich bin froh, dass meine Kaninchen bisher gesundgeblieben sind, halte mich aber auch strikt an die Empfehlungen“, sagt sie. Sämtliche Tiere seien geimpft, die Ställe für Fremde nicht zugänglich und sie verfüttere kein Grünzeug mehr, sondern Heu. Damit schließt sie bereits einige Übertragungswege aus. Das Virus kann an Menschen, Insekten, Futter wie Grünzeug, Gerätschaften und Transportkäfigen haften.

„Einen völligen Schutz gegen Tierseuchen hat es auch in der Vergangenheit noch nie gegeben“, sagt Kleintierzüchter Dietmar Schlenz aus Tetta. Zu den Zeiten, als er selbst Kaninchen besaß, habe er seine Tiere aber auf jeden Fall impfen lassen. Bei den anderen Mitstreitern vom Kleintierzüchterverein aus dem Raum Weißenberg, Vierkirchen und Hohendubrau würden sich Meldungen über Totalverluste zum Glück in Grenzen halten. So ein Ausmaß der Chinaseuche mit den vielen tödlichen Folgen habe er dabei noch nie erlebt.

Zahlen über die Fälle gibt es nicht. Es besteht keine Anzeige- und Meldepflicht, bestätigt Dr. Ralph Schönfelder, Amtstierarzt im Landkreis Görlitz. Das Veterinäramt habe die Kaninchenhalter im Sommer auf verfügbare Impfstoffe und Möglichkeiten der Beratung aufmerksam gemacht. Sie können sich nach wie vor an das Landratsamt und die Tierärzte wenden.

Das nutzen auch viele Bürger, sagt Tierärztin Angela Besecke aus Friedersdorf. Aber oft käme jede Hilfe zu spät. Ein Teil der Kaninchenhalter würde seine Tiere nicht impfen lassen und davon ausgehen, dass das noch Sinn macht, wenn sich bereits die ersten Symptome gezeigt haben. Mit dem Impfen sollte aber schon ab der vierten oder fünften Lebenswoche begonnen werden. Dennoch würden die Verluste auch bei geimpften Beständen auftreten. „Es sieht so aus, als ob sich das Virus schon wieder verändert hat“, erklärt die Tierärztin. Ein neuer Impfstoff soll sich in Arbeit befinden. „Wir schicken auch tote Kaninchen, die geimpft waren, zur Untersuchung ein“, sagt Frau Besecke, damit eben dieser Vermutung nachgegangen werden kann. Auch für sie als Tierärztin sei dieses Ausmaß besonders schlimm. „Wir geben uns die größte Mühe, arbeiten mit Handschuhen und größter Hygiene bei den Impfungen.“ Betroffenen Kaninchenhaltern rät sie, gesunde und kranke Tiere umgehend voneinander zu trennen. Die Ställe sollten danach am besten über den Winter leer stehen, desinfiziert und später nur mit geimpften Tieren bestückt werden.

Mit Blick auf die bevorstehende Zeit von Tierausstellungen empfiehlt das Friedrich-Loeffler-Institut, nur Kaninchen zur Schau zuzulassen, die nach den Empfehlungen der Impfkommission Veterinärmedizin gegen die bislang bekannten Erreger der Chinaseuche geimpft worden sind. Ansonsten sollte man an das Verantwortungsbewusstsein der Tierhalter appellieren, in Abhängigkeit von der regionalen Seuchenlage auch auf Tierschauen zu verzichten.

Beratung im Landratsamt über 03585 442780 oder an [email protected]

Impfempfehlung: www.fli.de/de/service/stiko-vet; Spezialmittel zur Desinfektion gegen unbehüllte Viren unter www.desinfektion-dvg.de