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Kampf gegen das Ladensterben

Zwei Meißner Stadträte fordern schnelle Maßnahmen, um den Einzelhandel zu retten. Diese Woche stellen sie ihre Pläne vor.

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© Claudia Hübschmann

Von Stephan Hönigschmid

Meißen. Wenn Ullrich Baudis und Andreas Graff über den Einzelhandel in Meißen nachdenken, steigen den beiden Stadträten die Sorgenfalten ins Gesicht. Angesichts des Ladensterbens in der Innenstadt liegt den Linken-Politikern vor allem eines am Herzen: ein verbindliches Einzelhandelskonzept.

„Man muss sich ja in der Stadt nur umsehen. Ganz gleich, ob Fleischergasse, Burgstraße oder Theaterplatz – überall gibt es leere Schaufenster“, beschreibt Ullrich Baudis die Situation und hat gleich noch das passende sprachliche Bild für die Abwärtsspirale parat. „Wir hatten am 3. April ein Gespräch mit dem Ältestenrat, dem OB sowie dem Marketingchef und dem Wirtschaftsförderer. Bei dieser Gelegenheit habe ich das Ladensterben mit einem Gebiss verglichen. Wenn dort ein Zahn ausbricht, werden die Zähne rechts und links anfälliger. Und genauso ist es auch mit den Läden. Deshalb müssen wir diese Lücken schließen“, sagt Baudis.

Dabei helfen soll ein detailliertes Einzelhandelskonzept. „Meißen hat zwar seit 2008 ein solches Konzept, aber das wurde nie offiziell beschlossen“, sagt Andreas Graff. Welche Nachteile das hatte, weiß Ullrich Baudis: „Wenn es keinen Beschluss gibt, dann hält sich auch niemand daran.“

Dennoch scheint jetzt Bewegung in die Sache zu kommen. „Bei dem Treffen am 3. April haben wir vorgeschlagen, eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern aller Fraktionen einzusetzen. Diese soll ein neues Einzelhandelkonzept erarbeiten.“ Sowohl Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos) als auch die Mitglieder anderer Parteien hätten sich aufgeschlossen gezeigt.

„Am Mittwoch werde ich das Vorhaben im Stadtrat konkret vorstellen und darum werben, dass am Ende des Prozesses ein formaler Beschluss des Rates steht“, erläutert Baudis seine Pläne. Ein Vorbild in Gestalt einer anderen Stadt hat die Linksfraktion bisher nicht. Stattdessen hat sie bereits am 24. Januar die Konzepte von Bischofswerda, Kamenz und Sebnitz sowie ein Gutachten von Pirna an alle Meißner Stadträte geschickt. „Die sollten alle mal sehen, was andere gemacht haben, während wir nichts gemacht haben“, sagen Baudis und Graff unisono. Trotz der Kritik äußern sie sich jedoch anerkennend über den Gründerwettbewerb, den Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung kürzlich ins Leben gerufen haben, um junge Unternehmer zu begeistern, in Meißen ein Geschäft zu eröffnen. „Wir wären zwar gern vorher eingebunden worden, aber mit der Idee sind wir einverstanden“, sagt Graff.

Wie die weiteren Pläne und Konzepte aussehen könnten, möchte der Stadtrat bewusst nicht vorwegnehmen. „Wir streben ja eine überparteiliche Lösung an. Von daher ist nur klar, dass wir den kleinteiligen Handel stärken möchten.“ Ullrich Baudis ergänzt: „Ich habe dem OB gesagt, dass wir Meißen wie ein Einkaufszentrum ohne Dach begreifen.“ Um dieses Zentrum zu gestalten, sei es darüber hinaus wichtig, das Stadtentwicklungskonzept im Auge zu behalten. „Mit einem solchen Konzept könnte man verhindern, dass vielleicht ein dritter oder vierter Supermarkt in der Innenstadt angesiedelt wird.“ Offene Türen rennen die Linken mit ihren Forderungen bei der CDU ein. Deren Fraktionschef Falk-Werner Orgus sagt: „Wir müssen eine eindeutige Entscheidung treffen, welche Branchen wir in der Innenstadt haben wollen und welche nicht.“ Man müsse jenseits der Sehenswürdigkeiten oder Kneipen ein Einkaufserlebnis schaffen.

Als Schwerpunkte seien dabei Attraktionen wie Porzellan und Wein denkbar. „Das könnte etwas sein wie die Weinerlebniswelt der Winzergenossenschaft, nur eben in der Innenstadt“, sagt Orgus, der in diesem Zusammenhang den Existenzgründerwettbewerb der Stadt ausdrücklich lobt. Abwegig findet er es hingegen, in die Baustruktur der Häuser einzugreifen, um größere Handelsketten wie H&M in die Altstadt zu bekommen. „Die Zeiten sind vorbei, zumal es so ebenfalls eine Billigkonkurrenz für unsere etablierten Geschäfte geben würde.“

Obwohl sich die Parteien über die Arbeitsgruppe im Wesentlichen einig sind, gehört auch zur Wahrheit, dass sie eine preisgünstige Variante ist. „Wir wissen vom OB, dass nicht viel Geld für Gutachten zur Verfügung steht. Deshalb nehmen wir die Sache selbst in die Hand“, sagt Graff.