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Kamenz bleibt Batteriestandort

Die Daimler AG investiert weitere 100 Millionen Euro in den Ausbau der Accumotive. Gestern war Richtfest.

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Von Frank Oehl

Die Produktion von leistungsfähigen Elektroantrieben für Automobile ist ein komplizierter Prozess. Das meiste geschieht im Geheimen, damit die hemdsärmelige Konkurrenz auf umkämpftem Felde möglichst im Unklaren gelassen wird. Gestern staunte die zum Richtfest bei der Deutschen Accumotive in Kamenz geladene Weltpresse umso mehr, wie offenherzig die Chefs des Batterieherstellers dessen Technologie in Wort und Bild präsentierte. Das spricht für ein Selbstbewusstsein, das aus erfolgreicher Entwicklung resultiert.

Mit Zellen made in USA werden die Batterien für die Hybrid-Autos gespeist – natürlich vollautomatisch.
Mit Zellen made in USA werden die Batterien für die Hybrid-Autos gespeist – natürlich vollautomatisch.
In der Deutschen Accumotive GmbH & Co. KG werden die Akkus für den E-Smart gefertigt. Jetzt und in Zukunft.
In der Deutschen Accumotive GmbH & Co. KG werden die Akkus für den E-Smart gefertigt. Jetzt und in Zukunft.
Mit den Accumotive-Chefs Frank Blome (l.) und Dr. Hartung Wilstermann (r.) freut sich Stanislaw Tillich (m.).
Mit den Accumotive-Chefs Frank Blome (l.) und Dr. Hartung Wilstermann (r.) freut sich Stanislaw Tillich (m.).

Geschäftsführer Frank Blome brachte es vor der Belegschaft auf den Punkt: „Wir investieren in den nächsten Jahren rund 100 Millionen Euro in Kamenz, weil wir mit einer stetig steigenden Nachfrage nach unseren Batterien rechnen.“ Unter den Zuhörern waren auch viele, die sich – von der Li-Tec kommend – eine berufliche und damit private Zukunft gleich in der Nachbarschaft wünschen. Hier wurde und wird die womöglich leistungsfähigste und sicherste Batteriezelle der Welt produziert. Leider nicht in ausreichend hohen Stückzahlen. Deshalb wird die Zellenproduktion Ende 2015 auslaufen. Gestern konnten die Fotografen sogar ins Innere des E-Smart-Herzstückes schauen. Kein Problem.

Die Zweite Automobile Revolution

Auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich freute sich über den Standortausbau. Immerhin wird die Deutsche Accumotive bis Mitte nächsten Jahres ihre Produktions- und Logistikflächen auf fast zwei Hektar ausgebaut haben. Bis Ende 2015, so Blome auf Nachfrage, werden weitere Produktionslinien installiert sein. Tillich: „Wir erleben derzeit die Zweite Automobile Revolution, und nach August Horch vor 100 Jahren sind wieder sächsische Unternehmen beteiligt.“ Die Produktion von Batteriesystemen durch die Accumotive in Kamenz trage dazu bei, die Kompetenzen des Autolandes Sachsen im Bereich der Elektromobilität und der Batterietechnologie auszubauen, so der Landesvater. Er machte für das funktionierende Know-how auch die sehr industrienahe Forschung an den Technischen Universitäten, Fachhochschulen und Forschungseinrichtungen im Freistaat mitverantwortlich. „Ein weiteres Pfund sind sehr gut ausgebildete Fachkräfte.“

Einer von ihnen ist zum Beispiel Christian Schulze. Der 33-jährige Meister in der Produktion ist vor einem Jahr aus Berlin (!) nach Kamenz abgeworben worden und hat den Schritt nicht bereut. „Im Gegenteil. Hier stimmt alles – das Geld, das Team, die Perspektive.“ Mit Frau und Kind ist er vor Kurzem in die Lessingstadt gezogen und richtet sich hier nun auf länger ein. „Wir sind auf der Suche nach einem Eigenheim.“ Auch für OB Roland Dantz ist dies ein gutes Beispiel für die Sinnfälligkeit dessen, was seit der Jahrtausendwende am Ochsenberg passiert. „1999 kam Bernbruch als Ortsteil zu Kamenz. Damals waren die meisten Flächen im Gewerbegebiet noch unberührt.“ Jetzt sehe das ganz anders aus, und das erfreuliche Engagement der Daimler AG sei genau das richtige Zeichen für eine Art „Rollback des demografischen Wandels“, wie der OB ausführte. Produktionsmeister Christian Schulze wird ihm vorbehaltlos zustimmen.

Offen geblieben ist, wie viele der demnächst 280 Beschäftigten im nächsten Jahr von der Li-Tec zur Accumotive werden wechseln können. Dies hängt vom zügigen Ausbau der neuen Linien ab. Bei der Accumotive werden komplette Lithium-Ionen- Batteriesysteme hergestellt. Die Daimler-Tochter liefert sie für den aktuellen E-Smart sowie die Hybridvarianten der S-, E- und C-Klasse von Mercedes-Benz. Bis jetzt wurden mehr als 50 000 Batterien ausgeliefert. Und auch für den neuen E-Smart sowie die künftigen Hybriden von Mercedes-Benz bleibe man im Geschäft, so Blome.

Schon drei Jahre nach der Gründung schreibe man schwarze Zahlen, und neue Wachstumsperspektiven verspreche man sich vom Geschäft mit stationären Anwendungen. „Dabei bilden die Autobatterien die technologische Basis“, so Accumotive-Geschäftsführer Dr. Hartung Wilstermann vom Hauptsitz in Kirchheim/Teck-Nabern. Erste Kundenverträge, so heißt es, seien bereits unter Dach und Fach. Mit wem, wollten die Accumotive-Chefs nun doch nicht verraten. Womöglich werden ja die nächsten guten Nachrichten aus Kamenz schon vorbereitet. Im Geheimen? Kein Problem.