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„Kaiser Wilhelm“ kommt zu spät

Niedrigwasser verhindert die einmalige Fahrt des historischen Dampfers nach Postelwitz. Es gibt eine Alternative.

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© privat

Von Gunnar Klehm

Bad Schandau. Darauf haben sich die Freunde der Dampfschifffahrt lange gefreut. Erstmals nach über 100 Jahren nahm die „Kaiser Wilhelm“ wieder Kurs auf die Sächsische Schweiz. Eineinhalb Jahre hat die Schiffergesellschaft Elbe Prossen daran gearbeitet, den Dampfer, der in Dresden gebaut wurde, ins Elbsandsteingebirge zu holen. Alles schien endlich gelungen zu sein. Am heutigen Sonnabend sollte das Schiff von Königstein nach Postelwitz fahren und wieder zurück.

„Wir hatten mehr als 80 Tickets dafür an den Mann gebracht“, sagt Peter Clemens vom Prossener Schifferverein. Und nun das! Die Fahrt fällt aus. Alle Fahrgäste bleiben auf ihren Tickets sitzen. „Das Geld erstatten wir natürlich“, sagt Clemens. Der Grund für den Ausfall ist das Niedrigwasser der Elbe. Der Dampfer schafft es einfach nicht mehr rechtzeitig bis Königstein. „Wir lagen zu lange bei Roßlau fest“, sagt Wilhelm Bischoff, der Vize-Chef des Lauenburger Vereins, dem der Dampfer gehört.

Im Jahr 1900 war der Raddampfer in Dresden vom Stapel gelaufen und wurde auf den Namen Kaiser Wilhelm getauft. 1910 wurde das Schiff noch mal auf der Werft in Übigau verlängert. Danach war es nur noch in Norddeutschland auf der Weser unterwegs. 1970 hatte es ausgedient und sollte verschrottet werden. Enthusiasten verhinderten das. Seitdem gehört es dem Verein zur Förderung des Lauenburger Elbschifffahrtsmuseums.

Alle 14 Tage bietet der Verein ab Lauenburg Ausfahrten auf der Elbe an. Doch nie wurde eine so lange Tour stromaufwärts organisiert wie jetzt. „Das wäre wirklich ein Ding gewesen, wenn wir das geschafft hätten“, sagt Peter Clemens und ist nach der Absage entsprechend enttäuscht.

Lotse macht Kapitän Mut

Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Endlich brachte der ersehnte Regen den Pegel des Flusses zum Steigen. Quasi stündlich gab es neue Wasserstandsmeldungen – tatsächlich und im übertragenen Sinne. Würde es die Kaiser Wilhelm nun doch noch bis zur Oberelbe schaffen?

Als genügend Dampf auf dem Kessel war, lichtete Kapitän Markus Reich am Donnerstag, mit zwei Tagen Verspätung, doch noch die Anker und wagte die Weiterfahrt stromaufwärts. Zwar zeigten die Pegelstände noch nicht das, was eigentlich gebraucht würde. Weil zurzeit aber keine Passagiere an Bord waren, hatte der Dampfer auch nicht so viel Tiefgang.

Mutig machte den Schiffsführer auch der Lotse, der seit Magdeburg mit an Bord ist. Das Kapitänspatent von Markus Reich gilt nur bis Magdeburg und für den Mittellandkanal. Das ist noch auf Zeiten vor 1990 zurückzuführen, als für Schiffe aus dem Westen dort meist Schluss war.

Ankunft wird massenhaft bejubelt

Mit Lotsenhilfe wurden schließlich alle schwierigen Stellen und Untiefen umschifft. Am heutigen Sonnabend wird der betagte Dampfer nun doch noch in Dresden erwartet. Gegen 18 Uhr soll er am Terrassenufer anlegen. Über Nacht liegt er unterm Blauen Wunder in Loschwitz. Das wird Scharen von Fotografen anlocken. In den sozialen Netzwerken wird die Ankunft bereits massenhaft bejubelt. Die Gelegenheit ist nun mal einmalig. Immerhin ist es die weiteste Fahrt des „Kaisers“, wie die Besitzer den Dampfer nennen, seit 1910. Wann die Ehrenamtler noch mal diesen Aufwand betreiben, ist derzeit überhaupt nicht absehbar.

Mit der Ankunft in Dresden bietet sich für die Prossener und alle anderen doch noch eine Möglichkeit zur Mitfahrt. Kurzerhand wurde für Sonntag eine Tour von der Landeshauptstadt nach Königstein und wieder zurück angesetzt. Abfahrt ist 9 Uhr am Anleger in Loschwitz. „Das werde ich mir natürlich nicht entgehen lassen“, sagt Peter Clemens.

Wer von den 80 Ticketkäufern kurzfristig noch greifbar ist, dem teilt er dieses Angebot mit. „Aber alle zu erreichen, wird unmöglich“, sagt er entschuldigend. Das sei bei einem Fluss nun mal so, dass man auch mit Niedrigwasser leben muss.

Auch den Lauenburgern ist das merklich unangenehm, dass sie einige Liebhaber der Dampfschifffahrt verprellen mussten. „Mehr Fahrten sind einfach nicht drin. Am Montag müssen wir wieder zurück“, sagt Holger Böttcher. Er ist der Zahlmeister des Museumsvereins und weiß, dass dann 120 Fahrgäste am Steg stehen, die bereits Tickets für die Tour Richtung Lauenburg gekauft haben. Außerdem geht der Urlaub zu Ende, den einige der Begleiter extra für diese Sonderfahrt genommen haben.

Tour nach Königstein am Sonntag: Abfahrt 9 Uhr Loschwitz, Rückfahrt ab Königstein 13.30 Uhr, Fahrpreise: 20 bis 25 Euro. Wer mitfahren will, wird gebeten, rechtzeitig am Steg zu sein. Maximal 270 Plätze stehen zur Verfügung.