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Junger Mann schwängert 13-jährige Freundin

Die Gesetzeslage ist eindeutig. Doch der Richter tut sich schwer damit, den 22-Jährigen mehrere Jahre ins Gefängnis zu schicken.

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Von Robert Reuther

Ein Mann großer Worte ist Alexander S.  (Namen von der Redaktion geändert) nicht. Der 22-jährige Riesaer mit den kurz geschorenen Haaren und rotem Kapuzenpullover spricht kaum in ganzen Sätzen mit Richter Herbert Zapf. Doch was soll der junge Mann auch groß sagen? Die Beweise gegen ihn sind eindeutig. Mindestens viermal hat er im Frühjahr des vergangenen Jahres Sex mit einer damals noch 13-Jährigen gehabt. Für Staatsanwalt Peter Lässig ist die Sache vom Gesetz her klar: das ist sexueller Missbrauch von Kindern.

Wie die Sache allerdings im wirklichen Leben zu sehen ist, damit setzt sich das Gesetzbuch jedoch nicht auseinander. Und genau das bereitet Richter Zapf und dem Staatsanwalt Kopfzerbrechen. Denn das Mädchen wollte den Geschlechtsverkehr mit dem jungen Mann. Das gibt die heute 14-Jährige unumwunden zu. „Es ging von uns beiden aus. Ich will nicht, dass Sie ihn ins Gefängnis stecken“, sagt sie zu Herbert Zapf. Immerhin sind sie immer noch ein Paar. Das wurden sie auch schnell im März 2012.Beim Fußballspielen lernte Alexander S. das Mädchen kennen. Schnell entwickelte sich eine Beziehung. Am Wochenende erlaubte die Mutter von Nicole, dass ihr neuer Freund bei ihr übernachten dürfe. Die Mutter war es allerdings auch, die den Prozess gegen S.  erst ins Rollen gebracht hatte. Bei einem Gerichtsverfahren wegen Sachbeschädigung und Körperverletzung gegen den Riesaer im August 2012 sagt sie als Zeugin aus. Damals erzählte sie, dass ihre 13-jährige Tochter Sex mit S.  hatte, Nicole dabei sogar schwanger wurde und einen Tag vor ihrem 14. Geburtstag abgetrieben hat. Wieso sie das getan hat, wird ihr Geheimnis bleiben. Immerhin hätte sie sich mit der Aussage selbst belasten können, denn es steht damit eine Beihilfe zum sexuellen Missbrauchs eines Kindes im Raum. Mittlerweile hat sie sich jedoch mit Alexander S.  arrangiert, genau wie der Rest ihrer Familie.

„Wir haben hier ein ganz dickes Problem. Für jede Tat stehen mindestens zwei Jahre Haft im Gesetzbuch“, so Herbert Zapf. Er versucht, dem Angeklagten die Hand zu reichen. „Waren sie sich im Eifer des Gefechts vielleicht nicht bewusst, dass sie eine Straftat begehen?“, fragt Zapf. „Doch“, lautet die einsilbige Antwort. Für den Richter ergibt sich aus der Situation ein Dilemma. Auf der einen Seite regelt das Gesetz klar, dass Sex mit jemanden bis zu dessen vollendeten 14. Lebensjahr verboten ist und darauf eine Haftstrafe steht. „Auf der anderen Seite hat sich das in der heutigen sozialen und gesellschaftlichen Lage etwas verändert. Die Jugend wird ja immer frühreifer, das berücksichtigt das Gesetz nicht“, sagt Zapf. Allerdings muss er sich nach Letzterem richten.

Und so sucht er mit aller Macht danach, Alexander S.  das Gefängnis zu ersparen. „Wenn Sie einfahren, dann für andere Dinge“, sagt der Staatsanwalt. Und so werden die vier Geschlechtsakte alle als minderschwere Fälle angesehen, trotz Abtreibung. „Die hat offenbar bei Nicole keine körperlichen und geistigen Schäden verursacht“, so Zapf. Und so bekommt Alexander S.  eine zweijährige Freiheitsstrafe, die allerdings auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Dabei hat Alexander S.  Glück. Das Verfahren vom August 2012 hätte nämlich bei dem Urteil auch berücksichtigt werden können.