Von Constanze Junghanß
Eigentlich könnten Marianne und Alexander Thiel ihrem Pferd namens „Cool for Summer“ jetzt ein Lied in die gespitzten Ohren summen. Damit hatte es Sänger Peter Fox weit oben in die Charts gebracht. Im Refrain heißt es: „Und am Ende der Straße steht ein Haus am See...“
Das junge Ehepaar ist Eigentümer eines solchen von Fox besungenen Traumgebäudes. Passend die Adresse, die da lautet: „Am See 1“. Das Haus befindet sich nur nicht am Ende, sondern am Anfang der Straße und ist das einzige hier. Seit April dieses Jahres wohnen die beiden am Berzdorfer See in den eigenen vier Wänden. Wobei vier Wände etwas untertrieben wäre. Wände gibt es viel mehr: In den Stallungen, der künftigen Ferienwohnung und im Wohnbereich: Thiels kauften die alte „Eiweißbude“, wie sie von den alteingesessenen Bewohnern von Hagenwerder genannt wird und damit das Gelände einer ehemaligen Futtermittelfabrik.
„Das gehörte früher der LPG und ging Mitte der Neunziger an den Alteigentümer zurück“, erzählt die zweifache Mutter. Und weil sich daran einige Bewohner noch gut erinnern können, kommen immer wieder Besucher vorbei, um von ihren Erinnerungen und der Arbeit zu erzählen. Unangenehm gerochen habe es damals zu DDR-Zeiten dort mächtig, wissen die Thiels nun. Die Leute haben ihnen gesagt, dass Knochen und andere tierische Reste zu Futtermitteln verarbeitet worden sein sollen.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Die Fabrik wurde abgerissen, später vermietete der Eigentümer Wohnungen im übrig gebliebenen Betriebsgebäude. Drei davon standen schon lange leer. Als es dann um den Verkauf ging, beschlossen die beiden: „Jetzt oder nie“. Der Kauf fand im Vorjahr statt. Viel Geld und Arbeit haben sie seitdem in die Sanierung gesteckt, tonnenweise Müll auf dem 14 000 Quadratmeter großen Grundstück beräumt. Und bauen nun den Stall aus.
Der bietet im Moment Platz für die beiden Shetland-Ponys und drei größere Pferde. Damit verwirklicht sich die 27-Jährige einen Kindheitstraum, der sie auch im Erwachsenenalter nie losgelassen hat: Zusammen mit Pferden leben und arbeiten. Im Mai wagte die gelernte technische Fachwirtin den Schritt in die Selbstständigkeit. Geburtstage und Feiern auf dem Freigelände sollen ebenso angeboten werden wie Reitbeteiligungen, Nachmittage für Kindergruppen und Ponyreiten.
Marianne Thiel zeigt die frisch gedruckten Visitenkarten. „Ranch am See“ steht da drauf. Eine Internetseite ist im Entstehen und bei Facebook wird über die Angebote informiert. Bald soll es losgehen mit den Ausflügen am Wasser zusammen mit den Vierbeinern und Gästen. Katharina Poplawski, Projektleiterin für „Görlitz am See“ von der Europastadt Görlitz/Zgorzelec (EGZ), zeigt sich darüber erfreut. Solche Ideen und in dem Fall die Neugründung wären für den Tourismus sehr wichtig, sagt sie und sichert Unterstützung der EGZ zu. Das Thema Reiten in Wassernähe sei momentan zwar noch eine Grauzone. Mit dem Planungsverband und der Stadtverwaltung stünden aber diesbezüglich Gespräche an, welche Möglichkeiten sich für alternative Reitwege auftun könnten. Und auch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV) soll angefragt werden, was machbar ist.
Jetzt warten Alexander Thiel, der bei der Bundeswehr arbeitet, und seine Frau auf die Genehmigung der Stadt für die Nutzung der großzügig geschnittenen Ferienwohnung. Beantragt ist das bereits. Die Wohnung ist bezugsfertig eingerichtet und die Familie hofft, in diesem Sommer mit der Vermietung beginnen zu können. In der Zwischenzeit bleibt die Arbeit auf dem Grundstück nicht liegen. Die Tiere wollen versorgt und das Außengelände fertiggestellt werden. Die ersten Kindergeburtstage wurden auf dem Grundstück schon gefeiert. Als nächstes Vorhaben steht die Sanierung der Betriebskantine auf dem Plan. Daraus soll ein Veranstaltungsraum entstehen, den Besucher anmieten können.