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Junge Damen für neues Nymphenbad

Thomas Reichstein schafft Kunst für die Dresdner Altstadt. Ein Blick in sein Atelier im Loschwitzer Künstlerhaus.

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© Sven Ellger

Von Nora Domschke

Manchmal ist es einfach Zufall, vielleicht gehört auch eine Portion Glück dazu. Mit Sicherheit aber auch Talent. Thomas Reichstein ist es jedenfalls gelungen, einen der wichtigsten Dresdner Investoren für seine Kunst zu begeistern. Dass fünf seiner lebensgroßen Frauenfiguren einmal im wiederaufgebauten Jüdenhof am Dresdner Neumarkt stehen würden, ahnte der Bildhauer 2012 sicherlich nicht. Damals lernte er auf einer Kunstmesse Michael Kimmerle kennen. Seit vergangenem Jahr lässt der Investor den Gebäudekomplex an der Frauenkirche nach historischem Vorbild rekonstruieren. In dessen Innenhof soll nun eine Art Nymphenbad – ähnlich dem im Zwinger – entstehen. Auf diese Idee brachte ihn Thomas Reichstein.

Vor wenigen Tagen lieferte der Künstler die fünf wohlgeformten jungen Damen am Neumarkt an. Wann genau die Kunstwerke im Jüdenhof für jedermann zu sehen sein werden, kann Reichstein noch nicht sagen. Am Sonntag zeigte der 56-Jährige den Dresdnern zumindest schon einmal, wo seine Kunst entsteht. Bereits zum 18. Mal fand in Dresden der Tag des offenen Ateliers statt. Heute beteiligen sich rund 100 Maler, Fotografen und Bildhauer an der Aktion. Mittlerweile findet sie am Pfingstwochenende noch einmal sachsenweit statt – zwei Gelegenheiten, den Künstlern in Dresden über die Schultern zu schauen.

Im Atelier von Thomas Reichstein nutzten diese Möglichkeit etwa 200 Kunstinteressierte. Das 1898 gebaute Künstlerhaus in der Pillnitzer Landstraße ist beim Tag des offenen Ateliers zum beliebten Anlaufpunkt geworden – immerhin können die Besucher hier gleich mit vier Kunstschaffenden ins Gespräch kommen. Die häufigste Frage an Thomas Reichstein: „Wie stellt man denn diese großen Bronzefiguren eigentlich her?“ Der Bildhauer erklärt geduldig die zwölf Arbeitsschritte. So wird zuerst ein Tonmodell des Kunstwerks geformt, dann eine Negativform davon hergestellt, diese anschließend mit Wachs ausgepinselt, der Hohlraum mit einem Gips-Sand-Gemisch ausgefüllt. Viele weitere Schritte folgen. Perfektioniert hat Reichstein die Prozedur in den 1990er-Jahren in Thailand. Damals war der studierte Bildhauer viel im Ausland unterwegs, unter anderem auch in Ghana und Papua Neuguinea. Seitdem lässt er seine Figuren in einer großen thailändischen Buddha-Manufaktur mit 250 Mitarbeitern gießen. Das habe weniger mit den Kosten zu tun, erklärt Reichstein. Vielmehr geht es um die Menge an Figuren, die er produzieren lässt. Allein seit 2010 wurden 88 Figuren gegossen – 24 davon sind mittlerweile verkauft. 12 000 Euro kostet eine der schlanken bronzenen Damen, die Käufer kommen aus ganz Europa. Im Jahr 2000 durfte Reichstein sein Werk erstmals in drei Sälen im Albertinum ausstellen. Seine abstrakten und figürlichen Kunstwerke sind heute aber auch an öffentlichen Plätzen, wie am Saale-Ufer in Jena oder am Zusammenfluss von Tanger und Elbe in Tangermünde, zu finden.