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Junge Araber und Polen gehen aufeinander los

Wegen häufiger Randale in der Innenstadt bildet die Polizei jetzt eine Ermittlungsgruppe.

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© Danilo Dittrich

Von Ralph Schermann

Görlitz. Die öffentlichen Plätze im Stadtgebiet sind in den vergangenen Wochen immer wieder negativ in den Schlagzeilen. Vor allem auf dem Marien- und Demianiplatz, aber auch auf Wilhelmsplatz und Berliner Straße häuften sich lautstarke Auseinandersetzungen untereinander rivalisierender Gruppen. Eine grobe Statistik nennt seit Jahresbeginn in der Innenstadt schon rund 200 Straftaten, bei denen zumeist junge Männer unterschiedlicher Nationalitäten beteiligt waren. Vor allem genannt dabei werden Körperverletzungen, Beleidigungen, aber auch Diebstähle. Die SZ sprach mit Polizeioberrat Dirk Linczmajer, Leiter des Reviers auf der Görlitzer Gobbinstraße, über die Geschehnisse.

Polizeioberrat Dirk Linczmajer ist der Leiter des Polizeireviers auf der Görlitzer Gobbinstraße.
Polizeioberrat Dirk Linczmajer ist der Leiter des Polizeireviers auf der Görlitzer Gobbinstraße.

Herr Linczmajer, hören diese Vorfälle rund um den Marienplatz wieder auf?

Das hoffe ich, und wir tun auch einiges dafür. Aber wir können nicht rund um die Uhr alle Plätze dieser Stadt bewachen. Als Auseinandersetzungen auf dem Marienplatz zunahmen, haben wir gemeinsam mit Bundespolizei und Ordnungsamt mehrmals vorbeugende Aktionen gestartet. „Seht her, wir sind da“, hieß dafür der Hintergrund. Präventiv wurden und werden weiterhin gezielt Gruppen junger Erwachsener in der Innenstadt kontrolliert.

Ist es neu, dass sich solche Gruppen so in der Innenstadt konzentrieren?

Nein, überhaupt nicht. Stadtplätze laden ja dazu ein, auf ihnen zu verweilen. Das nutzen die unterschiedlichsten Gruppen. Das geht ohne Probleme. Es wird erst kriminell, wenn jemand ein Problem sucht. Da streiten sich Interessengruppen untereinander, das schaukelt sich hoch, dann holt jede Seite ihre Kumpel und verbaler Streit ufert aus. Früher waren Prügeleien als Ende vieler Dorffeste durchaus nicht ungewöhnlich, auch gab es vor etwa 15 Jahren einen Schwerpunkt Marienplatz mit fast nur deutschen Jugendlichen.

Und wer bereitet jetzt Probleme?

Der Mix an Nationalitäten. Es sind zwar immer auch deutsche Bürger beteiligt, auch Albaner und Kosovaren, aber bei den sich anfeindenden Gruppen kristallisieren sich einerseits Asylbewerber aus dem arabischen Raum und andererseits junge Polen, meist mit Wohnsitz in Görlitz, heraus. Statt sich einfach aus dem Weg zu gehen, suchen solche Gruppierungen den Streit. Die Auseinandersetzungen blieben bisher stets innerhalb der Gruppierungen, wirkten sich also nicht auf „Unbeteiligte“ aus.

Ende Mai trennte die Polizei bei einer Schlägerei auf dem Marienplatz mehrere Personen. Zwei wegen gefährlicher Körperverletzung Beschuldigte standen unter drei sowie 0,5 Promille Alkohol.

Das war eine absolute Ausnahme. Denn bei allen unseren Kontrollen vor Ort und bei jedem Einsatz waren bis auf ganz wenige Fälle so gut wie nie Alkohol oder Drogen im Spiel, schon gar nicht bei den Asylbewerbern aus dem arabischen Raum.

Am Wochenende gab es gleich zwei Polizeieinsätze wegen solcher Gruppen.

Tatsächlich waren die Vorfälle am Freitagabend auf dem Wilhelmsplatz und am Sonnabend auf dem Marienplatz von einer größeren kriminellen Energie begleitet als bisher. Junge Männer zwischen 14 und 32 Jahren gingen mit Holzstöcken, Steinen und Messern aufeinander los, einer warf eine Flasche. Auch hier aber lag der Ausgangspunkt in einem Einzelproblem zwischenmenschlicher Art, wo sich nach verbalen Attacken eine Gruppendynamik entwickelte. Einer, der am Freitag Hiebe abbekam, sah am Sonnabend den, der ihn geschlagen hat, holte sich seine Kumpel, und so begann der zweite Vorfall sozusagen als eine Art Rachefeldzug. Zwei Ägypter und ein Afghane wurden dabei so verletzt, dass sie medizinisch versorgt werden mussten.

Sind die kontrollierten Personen denn immer neue Leute, oder sind die Gruppen mittlerweile polizeibekannt?

Bei den beiden Vorfällen am Wochenende stehen überwiegend die gleichen Namen zu Buche, sonst aber gibt es häufig neue. Sobald wir auftauchen, werden unsere Ansagen problemlos erfüllt, Viele sagen auch, dass sie es gar nicht wollten, es sich aber aus der Gruppe heraus so entwickelt habe.

Und wer fängt zu streiten an?

Es ist noch vieles offen, wer konkret wann was gemacht hat. Die Ermittlungen stehen am Anfang. Wir brauchen Zeugen, und wir müssen nachermitteln, wer bei unserem Eintreffen das Weite gesucht hatte. Nach den jüngsten Ausschreitungen wurde am Montag im Polizeirevier eine Ermittlungsgruppe der Kriminalpolizei zur Klärung der Straftaten und Beteiligungen eingerichtet. Diese Gruppe ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung, prüft aber auch einen möglichen Landfriedensbruch.

Gibt es in Bezug auf beteiligte Asylbewerber besondere Prüfungen?

Mit den zuständigen Dienststellen soll geprüft werden, inwieweit im Einzelfall der jeweilige Status im Asylverfahren ist. Das dient wiederum der Prüfung der Frage, ob eventuell bevorstehende Abschiebungen beschleunigt werden können.