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Juden und Wein

Eine Ausstellung im Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz zeigt, wie im Judentum mit Wein umgegangen wird.

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© Norbert Millauer

Von Nina Schirmer

Radebeul. Viel Wein trinken und abstinent vom Wasser bleiben, das ist Pflicht beim jüdischen Purimfest. An diesem Tag im Frühjahr gedenken die Gläubigen an die Rettung der persischen Juden vor einem Massenmord. Schon im 13. Jahrhundert wurde verfügt: „In dieser Nacht mögen alle Geschöpfe trunken werden.“ Bis heute ist Purim Party, Parade, Posse und Feier des Lebens. So erklärt es eine Ausstellung, die ab dem heutigen Dienstag für zwei Monate im Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz zu sehen ist.

Die Schau mit dem langen Titel. „... besehn wir, ob der Rebstock treibt ... – Wein im Judentum: Von Traditionen und Genuss“ widmet sich Fragen zum Thema Wein und Judentum: Was unterscheidet koscheren von nichtkoscherem Wein? Was steht in Thora und Talmud zu Wein? Wie gestaltet sich der Segen über den Wein an jüdischen Feiertagen?

Nach Worms, Mainz und Speyer – inmitten der großen Weinbaugebiete Rheinhessen und der Pfalz – macht die Ausstellung nun in Radebeul Station.

Passt die Schau hierher? „Auf den ersten Blick wirkt das Thema vielleicht etwas weit hergeholt“, sagt Stephan Cramer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Hoflößnitz. Doch es sei die Aufgabe der Hoflößnitz, die Kulturgeschichte des Weinbaus zu vermitteln. Als sächsisches Weinbaumuseum wolle man Vorurteilen gegenüber religiösen Minderheiten entgegentreten und die jüdische Kultur näher bringen.

Und das tut die Ausstellung. Auf einem der zwölf Banner erfährt der Besucher etwa, dass bei einer jüdischen Hochzeit ein Segen über einem mit Wein gefüllten Becher gesprochen wird. Anschließend trinkt das Brautpaar aus dem Becher. Bei einer Beschneidung bekommt ein Baby traditionell ein mit mildem Wein benetztes Wattestäbchen an die Lippen gehalten.

Die Ausstellung wirft zugleich einen Blick auf die jahrtausendealte Geschichte des Weins. Schon im ersten Buch des jüdischen Tanachs steht: „Und Noah begann als Mann des Ackers und pflanzte Weinland. Und er trank von dem Wein und wurde berauscht.“ Noah, der erste Winzer?

„Die ersten Weinberge lagen im Nahen Osten, wo man schon vor 4 000 Jahren gegorenen Traubensaft trank“, sagt Susanne Urban, die Kuratorin der Ausstellung. „Vermutlich stammt der Chardonnay aus dem heutigen Libanon und der Shiraz aus dem Iran.“ Heute wird Wein in Israel nach strengen Vorschriften angebaut, damit er als koscher gilt. Am Schabbat ist die Arbeit im Weinberg untersagt. Enzyme und Bakterien, Gelatine und Kasein dürfen bei der Fermentierung nicht verwendet werden.

Beim Filtrieren kommen nur Hühnereiweiß, Papierfilter oder gebrannte Erde zum Einsatz. Nach der Abfüllung erhalten Bedürftige einen Anteil am Jahresertrag. Rabbiner verfolgen den gesamten Prozess des Weinanbaus, bis zum Verschließen der Flaschen. Wein trinken ist auch den hohen Geistlichen erlaubt. Im 18. Jahrhundert schrieb Rabbi Pinchas Shapiro: „Der Talmud erklärt, dass Weingenuss in Maßen zur Entfaltung des Gehirns führt. Wer völlig abstinent lebt, wird selten von Weisheit besessen.“

Kuratorin Susanne Urban drückt es heute so aus: „Wein verbindet. Wer gemeinsam trinkt, wer gemeinsam genießt, der beginnt, den anderen in milderem Licht zu sehen. Etwas, das wir in heutigen Zeiten brauchen.“ Am besten mit einem gemeinsamen Trinkspruch, die es im Jüdischen natürlich auch gibt. Ein besonders beliebter heißt La’Chaim! Auf das Leben!

Die Ausstellung wird bis zum 20. August im Lust- und Berghaus der Hoflößnitz gezeigt. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr.