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Jetzt kommen die Tunnel-Gegner

Braucht Großenhain eine neue Bahnquerung? Befürworter und Gegner formieren sich – und treffen sich beim Stadtrat.

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© Anne Hübschmann

Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Großenhain. Ring frei für eine neue Runde im Kampf für die Wiedereröffnung der Fahrzeugquerung über die Berliner Bahnstrecke in Großenhain. Nach den Befürwortern eines solchen Tunnels am Berliner Bahnhof treten nun die Gegner auf. Isabel Gruhne und weitere Anwohner der Wildenhainer Straße gründeten eine Bürgerinitiative „Pro Erhalt des Fußgängertunnels“. Sie sammelten in einer Woche rund 100 Unterschriften, darunter viele von Familien, und überbrachten die Listen gestern Oberbürgermeister Dr. Sven Mißbach.

Auch die Tunnel-Befürworter machen indes mobil. In weiten Teilen von Kleinraschütz und am Schacht, den sogenannten abgehängten Stadtteilen, kleben Zettel, dass so viele Bürger wie möglich zum Stadtrat am heutigen Mittwoch ins Rathaus kommen sollen, „um festen Willen zu zeigen“. Denn eine AG Tunnel soll gegründet werden. Diese nichtöffentlich beratende Arbeitsgruppe soll die Thematik der im Sommer 2008 gekappten Direktverbindung in die Innenstadt aufarbeiten, mögliche Varianten und Folgeuntersuchungen anschieben, kurz, eine Grundsatzentscheidung über die „Kraftfahrzeugquerung“ für den Stadtrat vorbereiten.

Schon gehen die emotionalen Wellen dazu hoch in der Stadt. Und auch Auswärtige schlagen sich zu einem der beiden Lager. Den Stadträten wurden sechs Leserbriefe aus der SZ als Beleg mitgeschickt. Auch das Rathaus selbst erreichten Bürgerbriefe. „Die Prognosen der Leute zum Tunnel gehen von ganz furchtbar bis ganz harmlos“, meint Isabel Gruhne von den Befürwortern des jetzigen Zustands. OB Mißbach will mit der Arbeitsgruppe Druck aus der Diskussion nehmen. Für den Ausschuss sollen – wenn das heute so beschlossen wird – die Stadtratsfraktionen bis 24. März je einen Vertreter benennen. Sven Mißbach als Stadtoberhaupt soll bis zu vier Bürger aussuchen, die sich bisher schon zum Thema engagierten: sinnvollerweise aus jedem Lager zwei. Sollten weitere Einwohner mitreden wollen, muss das der Stadtrat entscheiden.

Der Arbeitsgruppe soll also nichts weniger als eine objektive Entscheidungsvorbereitung gelingen. Dabei ist jetzt noch viel Unsinn im Umlauf, den OB Sven Mißbach im Stadtrat richtigstellen will. So wird die Deutsche Bahn erst ab 2023 den zweiten Abschnitt ab Berliner Bahnhof bauen. Ein Tunnel muss nicht sein, deshalb wird die Bahn ihn auch sicherlich nicht bezahlen. Alle Kosten bleiben also an Großenhain hängen. Außerdem hätte ein neuer Autotunnel im Zuge der Berliner Straße Auswirkungen auf den gesamten Stadtverkehr, insbesondere auf die Schillerstraße, Hermannstraße und Waldaer Straße. Mitnichten geht es nur um die Ruhe der Anwohner an der Berliner- und Wildenhainer Straße.

Von baulichen Schwierigkeiten mal ganz abgesehen. Wie könnte bei einem 4,50 Meter tiefen Tunnel, wie er baurechtlich künftig gefordert werden könnte, die Rosa-Luxemburg-Straße eingebunden werden? Könnte es Grundwasserprobleme geben? Mit all dem muss sich die AG Tunnel auseinandersetzen. Sie soll belastbare Planungsunterlagen bringen mit plausiblen Kostenschätzungen – also eine genaue Aufgabenbeschreibung an ein Planungsbüro. Die fertige Planung soll von der AG auch geprüft werden, auch im Zusammenhang mit dem, was sich die Stadt leisten kann. Folgekosten wie Leitungsänderungen eingerechnet.

Es wäre also ein weiter Weg, bis ein Fahrzeugtunnel wieder freigegeben werden würde. Unmöglich ist es nicht. Ein wichtiger Punkt wäre noch die Verkehrssicherheit, vor allem für den Schulweg aus Kleinraschütz in die Stadt. Für Tunnel-Gegner ist das der wichtigste Punkt überhaupt.