Merken

Jeden Tag ein Bild aus Liebe

In Bischofswerda zeigt Monika Bethmann Werke ihres Mannes, der in Bautzen unglaublich kreativ war und mit 59 starb.

Teilen
Folgen
© Wolfgang Wittchen

Von Silvia Stengel

Bautzen / Bischofswerda. Jeden Tag ein kleines Bild: mal von der Gartenarbeit, mal von Bäumen am Straßenrand oder der getigerten Katze – Joachim Bethmann hat sie gemalt und nach einem Jahr zusammengefügt. Nun hängt das große Bild in der Carl-Lohse-Galerie in Bischofswerda, zusammen mit anderen Werken von ihm. Drei Räume haben nicht gereicht, um alles zu zeigen. Monika Bethmann musste einiges wieder mitnehmen, was der frühere künstlerische Leiter des Domowina-Verlages in Bautzen schuf. Die 65-Jährige hat die Ausstellung hier gestaltet. Ihr Mann ist 2001 mit 59 Jahren tödlich verunglückt. Die meisten Bilder hat er für sie gemalt.

Eng umschlungen: Das Bild heißt „Zusammenhalt“.
Eng umschlungen: Das Bild heißt „Zusammenhalt“. © Repro: Wolfgang Wittchen

Eins heißt „Traumfrau“ und beeindruckt erst einmal dadurch, wie sich das lange, dunkle Haar dieser Frau mit den Wolken vermischt. Dann fällt auf, dass sie Monika Bethmann ähnelt. Damals kannten sie sich aber noch nicht. Es gibt auch ein düsteres Bild von einem alten Bahnhof. Das sieht jemand mit ganz anderen Augen, der weiß, dass Joachim Bethmann an einem Bahnübergang umgekommen ist. Das Auto, in dem er mitfuhr, blieb bei einem Schneesturm stecken. Er und der Fahrer konnten noch aussteigen und waren eigentlich außer Gefahr, aber der Zug krachte auf das Auto, Teile flogen durch die Luft und trafen Joachim Bethmann tödlich. Für Gänsehautmomente sorgt auch eine Neujahrskarte, an der er vorher noch gearbeitet hat: „dass wir heil durch die beginnenden Stürme kommen“ steht als Wunsch darauf.

Joachim Bethmann war unglaublich kreativ, das zeigt die Schau. Er hat Kinder- und Kunstbücher, „Die schwarze Mühle“ von Jurij Brezan, eine Kleine Sorbische Ostereier-Fibel, Kalender, Rätselbilder oder auch einen Bastelbogen für Bauten in Bautzen gestaltet. 1988 fing er beim Domowina-Verlag in Bautzen an, damals haben sie auch geheiratet. Er war von Berlin gekommen, hatte Schriftsetzer gelernt und danach Werbung und Gestaltung studiert. In der Ausstellung hängt auch ein Plakat für das „Neue Forum“, für das Monika Bethmann 1990 kandidierte. Sie hat bei der Agentur für Arbeit in Bischofswerda und Bautzen gearbeitet und zuletzt selbstständig als Trainerin und Dozentin für Kommunikation und Teambildung. Zusammen mit ihrem Mann und drei Kindern lebten sie zunächst in Bretnig bei Großröhrsdorf und zogen dann nach Cossern zwischen Bautzen und Bischofswerda.

„Er war immer auf der Suche“, berichtet Monika Bethmann, „auf der Suche nach Schönheit, nach Wahrhaftigkeit, Ehrlichkeit, Liebe.“ Ein Plakat für das Sorbische Museum in Bautzen zeigt Frauen mit Kopftuch bei der Ernte. Es wirbt für eine Ausstellung des Bautzener Fotografen Jürgen Matschie von 1995. Joachim Bethmann kannte erst gar kein Sorbisch und besuchte die Volkshochschule, um es zu beherrschen. „Etwas Neues lernen, den Mut haben, sich zu verändern, das muss man sein Leben lang“, war sein Credo.

„Er hat nur gearbeitet“, erzählt Monika Bethmann. „Er hat es ja gern gemacht. Zehn, zwölf, 14 Stunden und jeden Abend noch eine Zeichnung.“ Ob er überhaupt Zeit für die Familie hatte? „Sonntag“, antwortet sie, „wenn er nicht wandern war.“ Die Familie war aber auch oft dabei. Die Kinder haben mal gesagt: „Wir mussten so viel wandern, das reicht fürs ganze Leben.“

Bäume tauchen immer wieder in seinen Werken auf. „Wenn wir die schützen, bleiben wir auch am Leben“, hat er gesagt. Ein Plakat gegen das Baumsterben ist zu sehen. Genauso wichtig war ihm der Zusammenhalt, sagt seine Frau. Er hat zwei Bäume gemalt, die sich umschlingen. Das Bild gehört zu den schönsten hier. Andere Malereien erscheinen manchmal plakativ, die Farben grell und unwirklich. Einige sind in ihrer Einfachheit schön, wie die Küchenbilder mit Äpfeln, Fisch und Enten. „Er war kunstinteressiert in jegliche Richtung, fast schon kunstbesessen“, sagt Monika Bethmann.

Das Jahr in Bildern ist auch für sie entstanden: „Das hat er für mich zum Geburtstag gemalt.“ Genauso interessierte er sich für Architektur. Als seine Frau mit einem alten Haus liebäugelte, bastelte er ihr 24 kleine Häuser aus Papier als Ersatz. Die stehen nun in einer Vitrine in der Galerie.

„Sich was ausdenken, kreativ sein, das hat ihn ausgezeichnet“, sagt Monika Bethmann. Warum sie die Ausstellung jetzt zeigt? „Na ja, er ist jetzt 16 Jahre tot“, antwortet sie. „Ich habe zehn Jahre gebraucht, um überhaupt damit fertig zu werden.“ Und: „Ich will nicht, dass er vergessen wird. Er hat so viel für die Lausitz getan.“

Ausstellung „Joachim Bethmann – Auf der Suche“ bis 13. August in Bischofswerda, Carl-Lohse-Galerie, Dresdner Str. 1, geöffnet am Dienstag und Donnerstag, 12 bis 18 Uhr, Freitag, 10 bis 15 Uhr, und Sonntag, 13 bis 17 Uhr.