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Jahrzehnte im Rampenlicht

Günther und Frieder erreichten in der DDR landesweite Berühmtheit. Für die Parodisten mit Freital-Bezug ging es steil bergauf, bis die Wende kam.

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© Klara Winter

Von Heinz Fiedler

Freital. Eine berühmte Hamburger Adresse: Steinstraße 17, Sitz des Hansa-Theaters. Rings um die internationale Varietébühne St. Georg, kein Stadtteil der Begüterten. Nicht zuletzt deshalb volkstümlich, weil hier der einstige Superstar Hans Albers zur Welt kam und die Jahre seiner Kindheit verbrachte. Das über 100 Jahre alte Theater hat zwei Bühnen und mit Rang genau 499 Plätze. Wären es 500 und mehr, müsste man einen Feuerwehrmann verpflichten, und rechnen musste Frau Direktor Grell schließlich auch. Das Programm, das hier Monat für Monat aktuell ist, verkörpert für gewöhnlich den guten alten, bunten Abend. Ohne Sprecher geht’s reichlich zwei Stunden Schlag auf Schlag. Dieses Stück renommiert-solide Varietéwelt war von 1986 ein Jahrzehnt lang Ankerplatz für zwei Dresdner Unterhaltungskünstler mit beträchtlichem Freital-Bezug: Günther Oguntke und Frieder Metze, Imitationen und Parodien, eine Darbietung, über die das internationale Fachblatt für Varieté „Showbusiness“ in der Januar-Ausgabe von 1995 geradezu ins Schwärmen gerät: „Günther und Frieder sieht man leider viel zu selten auf westdeutschen Bühnen. Vermutlich gibt es kein Geräusch, das sie nicht täuschend echt umsetzen können. Ihre komödiantisch in Szene gesetzten Hörbilder sind einfach umwerfend. Die tönende Deutschlandreise der zwei plus Abstecher sonst wohin ist ein absoluter Publikumsrenner. Der Auftritt dauert 15 Minuten, aber man hätte gern noch viel länger zugehört und zugesehen. Das Duo markiert den Höhepunkt in einem erstklassigen Programm. Günther und Frieder sind spitze, und das bleibt hoffentlich so. Das kleine Ensemble hat etwas Unverwechselbares.“

Erste und vielbegehrte Autogrammkarte von Günther und Frieder 1978.
Erste und vielbegehrte Autogrammkarte von Günther und Frieder 1978. © privat

Vom Spatz zum Star

Ein frommer, gut gemeinter Wunsch, dem die Erfüllung versagt bleibt. Zehn Jahre nach dem letzten Hansa-Gastspiel muss das Duo 2006 die Segel streichen. Günther Oguntke (Jahrgang 1943), eigentlicher Beruf Taxichauffeur, zieht sich eine Bronchien-Erkrankung zu, gegen die Ärzte und Medikamente machtlos sind. Der gebürtige Dresdner, jetzt ein Zschachwitzer, muss die Bühne aufgeben. Bitter, aber unabänderlich. Schon in den 1960er-Jahren hatte er den Grundstock für die spätere Erfolgsdarbietung gelegt. In den Reihen der Freitaler Stahlspritzer, dem populären Ensemble der Unterhaltungskunst des Edelstahlwerkes, verfeinerte er sein parodistisches Talent. Bei den „Spritzern“ traf er 1974 den drei Jahre älteren gelernten Feinmechaniker Frieder Metze. Eine Begegnung, die Folgen hatte. Metze, in seiner Heimat, der Gegend von Glashütte, hat in jungen Jahren nebenher musiziert und gesungen. An einem Wettbewerb junger Talente „Vom Spatz zum Star“ im Goldenen Löwen beteiligte sich Frieder als Gesangssolist und kam mit der böhmischen Novacek-Polka, ein Lutz-Jahoda-Titel, auf einen der vordersten Plätze. 1970 meldete sich die Freitaler Kurt-Franz-Combo, eine der besten einheimischen Amateurformationen, und verpflichte den Feinmechaniker als Gitarrist und Sänger. Metze, Frohnatur und Erzmusikant in einer Person, machte sich einen Namen und wechselte 1974 zu den Stahlspritzern, wo er sich auf Anregung von Ensemblechef Horst Kraut auch mit der Trompete anfreundete und in heiteren Wortbeiträgen eingesetzt wurde. Im Zusammenspiel mit Günther Oguntke kristallisierte sich jene Show heraus, mit der beide auf vielfaches Anraten 1978 den Berufsausweis erwarben und landesweit große Karriere machten.

Der Aufstieg verlief rasant. Frieder Metze, längst auch glücklicher Ehemann und Familienvater schildert: „Bis zur Wende lief es bei uns ausgezeichnet. Wir waren wiederholt bei Adlershofer Elitesendungen dabei, etwa ,Ein Kessel Buntes‘, ,Da liegt Musike drin‘ mit Kammersänger Reiner Süß, der Rundfunk holte uns, die Konzert- und Gastspieldirektion verpflichtete uns für die ,Dresdner Extra-Ausgabe‘. Wir gastierten in allen Varietés der DDR, traten unter anderem im Dresdner Café Prag und im Freitaler Kulturhaus auf. Das Hamburger Hansa-Theater, das bei der Auswahl der Darbietungen eine straffe Elle anlegte, nahm uns ständig unter Vertrag. Und nicht nur Hamburg war an uns interessiert. Eislingens Nachtbar ,Schluckspecht‘ meldete sich ebenso wie das arrivierte Karlsruher Varieté ,Rheingold‘.“

Eine dankbare Aufgabe

1990 kommt der Einbruch. Geplatzte Verträge, aufgelöste Konzert- und Gastspieldirektionen, kurzum, das Duo hat noch zu tun – aber nicht genug. Günther und Frieder geben nicht auf, gehen ihrer früheren beruflichen Arbeit nach und bleiben der Veranstaltungstätigkeit treu. Bis zu einer halben Stunde kann sich das Duo schaffen: vom imitierten Musikinstrument bis zu Fischkutters Nebelhornsignal, von Kalinka bis zum auf die Schippe genommenen Evergreen.

Inzwischen sind beide im Rentenalter, für Günther krankheitshalber eine Ruhestation. Frieder aber ist mit der Gitarre, dem Musikanten Sepp Güntner und mitunter mit Kabarettist und Moderator Gert Knieps unterwegs, um Senioren bestens zu unterhalten oder Altersjubilare in Stimmung zu versetzen. Sicher, einige Nummern kleiner als die Jahrzehnte im Rampenlicht, aber allemal eine dankbare Aufgabe. Das sieht auch Frieder Metze so. Sein Kurzkommentar: „Senioren mit Sang, Klang und Frohsinn etwas Freude zu bringen, das ist ein gutes Gefühl.“