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Ist Dürrhennersdorf zu klein für Asylbewerber?

Der Ort nimmt bald fünf Familien auf. Dass dies funktionieren kann, zeigt ein Blick in die Nachbarschaft.

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Von Gabriel Wandt

Dürrhennersdorf. Die Frage war zu erwarten, und sie kam schnell: „Warum kommen die Flüchtlinge denn in unser beschauliches Dürrhennersdorf?“ Das Unterbringen von Asylbewerbern in der kleinen Gemeinde bewegt die Gemüter. Das war am Dienstagabend im überfüllten Versammlungsraum des Gutshofs deutlich zu spüren. Auch wenn es einzelne Hilfsangebote gab – die Skepsis überwog deutlich. Auch das war keine Überraschung. Das Thema sorgt überall für heftige Diskussionen. Dass dies in Dürrhennersdorf, wo im Mai 2014 zur Europawahl 26,8 Prozent ihr Kreuz bei der AfD gesetzt haben, anders sein würde, war nicht zu erwarten.

Sie sollen auf dem Brückeberg wohnen.
Sie sollen auf dem Brückeberg wohnen. © Geoportal

Dementsprechend bemühten sich Landkreis-Dezernent Werner Genau und DRK-Flüchtlingsbetreuerin Kerstin Groß, die Ängste zu zerstreuen. Sie hatten dafür viele Argumente im Gepäck. 400 Familien hat die Kreisverwaltung zwischen Weißwasser und Zittau bereits dezentral in Wohnungen untergebracht. Nur in vier Fällen sei die Integration nicht gelungen oder hätten gesundheitliche Probleme dazu geführt, dass Familien wieder in Gemeinschaftsunterkünfte zurückziehen mussten. Alle Erfahrung zeige, dass Familien sich gut in das jeweilige Wohnumfeld einfügten, dass sie teils kaum bemerkt würden. Wo Probleme auftauchten, seien dies fast immer ganz normale Nachbarschafts-Diskussionen: Über die Mülltrennung beispielsweise oder die Hausordnung. Dinge also, die sich in Gesprächen leicht klären lassen.

Ab März könnte es soweit sein, dass in Dürrhennersdorf Flüchtlingsfamilien untergebracht werden. Fünf leerstehende Wohnungen auf dem Brückeberg sollen dafür genutzt werden. Dezernent Genau erläuterte, dass pro Wohnung eine Familie untergebracht werden solle. Nach den Erfahrungen der vergangenen Monate bestehe eine Flüchtlingsfamilie aus vier bis fünf Menschen. Die Asylbewerber, die in den Landkreis Görlitz und nun auch nach Dürrhennersdorf kommen, sind in einem sächsischen Erstaufnahmelager registriert worden, haben einen Gesundheitscheck und eine Inkubationszeit durchlaufen. Bevor sie eine Wohnung zugeteilt bekommen, wird die Familie in einer Gemeinschaftsunterkunft beobachtet. Wenn die Prüfung ergibt, dass die Menschen sich in Deutschland zurechtfinden und eingliedern können, wird der Umzug in eine Wohnung vorbereitet. Die Menschen haben dann aber noch keine Aufenthaltserlaubnis, ihr Asylantrag läuft noch. Wird er beschieden und die Familie darf in Deutschland bleiben, muss sie aus der zugewiesenen Wohnung dennoch wieder ausziehen und sich eine eigene Wohnung suchen. Die durch den Landkreis angemieteten Wohnungen werden mit einer neuen Familie belegt.

Bevor die ersten Flüchtlinge in Dürrhennersdorf einziehen, wird es eine Einwohnerversammlung für die betroffenen Anwohner und eine Möglichkeit geben, sich eine der spartanisch eingerichteten Wohnungen anzusehen. Das kündigte Werner Genau am Dienstagabend an. DRK-Mitarbeiterin Kerstin Groß betonte, dass die Menschen sowohl von der Hausverwaltung im technischen Bereich als auch von Helfern sozial betreut werden. Schulpflichtige Kinder müssten sogenannte DaZ-Klassen besuchen, um die Sprache zu lernen und dann dem normalen Unterrichtfolgen zu können. Kleine Kinder hätten die Möglichkeit, in die Kita zu gehen, diese werde aber höchst selten genutzt. Den Menschen werde gezeigt, wie sie mit dem Bus zum Einkaufen oder zum Arzt fahren könnten.

Bürgermeister Albrecht Gubsch (parteilos) betonte, dass Landkreis und Gemeinde die Pflicht hätten, die zugewiesenen Flüchtlinge unterzubringen. Er sei schon länger im Gespräch mit der Verwaltung, Wohnungseigentümer hätten im Vorfeld auch geeignete Wohnungen angeboten. Eine Massenunterkunft in dem kleinen Ort müsse niemand befürchten. Gubsch informierte darüber, dass er beim Landkreis für die Zukunft bereits Interesse an Beschäftigungsmöglichkeiten angemeldet habe, über die Flüchtlinge für die Gemeinde helfende Tätigkeiten erledigen könnten. Dann entstehe ein Nutzen für den Ort und die neu angekommenen Menschen hätten eine sinnvolle Aufgabe. Für den Ort selbst erwarte er keine Kosten.

Ob aufgrund der neuen Situation in Dürrhennersdorf nachts die Straßenbeleuchtung angeschaltet bleibe, darüber sei noch nicht gesprochen worden, erklärte Gubsch auf eine Bürgeranfrage. Dezernent Genau erklärte, nach Landkreiserfahrungen seien unter den Familien keine Störenfriede, die Übergriffe oder Ähnliches provozierten. „Das sind selbst Familien, die haben mit ihren eigenen Kindern zu tun“, sagte er.

Dass Flüchtlingsunterbringung auch trotz vorheriger Skepsis in kleinen Orten funktionieren kann, zeigt ein Blick nach Friedersdorf. Nach anfänglichem Widerstand der Einwohner laufe das Miteinander jetzt reibungslos, bestätigte auch DRK-Mitarbeiterin Kerstin Groß.