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Ist der Bau der Ferkelzucht in Ehrenberg rechtens?

Mit dieser Frage beschäftigt sich das Verwaltungsgericht. Den Betreibern der Anlage sind keine Fehler nachzuweisen.

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© Fotomontage/Archiv: André Braun

Von Cathrin Reichelt

Das Gericht werde sich Zeit nehmen. Es sei die einzige Verhandlung des Tages und der größte Saal, den das Verwaltungsgericht Chemnitz habe, erklärt Richterin Carola-Julia Keim zu Beginn der Sitzung. Ihr und zwei weiteren Richtern sitzen 17 Rechtsanwälte, Gutachter und Sachverständige des Freistaates Sachsen, des Landkreises Mittelsachsen, der Gemeinde Kriebstein und der Gründergemeinschaft Schönleber und Reinken gegenüber. Auch die Zuschauerreihen sind gut gefüllt. Viele Anwohner aus Ehrenberg wollen selbst hören, wie das Gericht den seit vier Jahren umstrittenen Bau der Ferkelzuchtanlage am Rande ihres Dorfes beurteilt. Die Landesdirektion Chemnitz hatte den Bau trotz Vetos der Gemeinde Kriebstein genehmigt. Die klagte dagegen. In der dreieinhalbstündigen Verhandlung werden ausschließlich strittige Punkte der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung überprüft. Ein Urteil fällt noch nicht. Aber die Richterin deutet während der Verhandlung eine Tendenz an. „So negativ stellt sich die Angelegenheit für die Gründergemeinschaft erst mal nicht dar“, erklärt sie gegenüber deren Rechtsanwältin. Sie hatte beantragt, die Klage der Gemeinde zurückzuweisen.

Ist das Projekt am Rand von Ehrenberg bauplanungsrechtlich zulässig?

Zu der Anlage gehören ein Ferkelaufzuchtstall für rund 14.000 Tiere, eine Biogasanlage und ein Betriebswohnhaus. Die Anwohner befürchten unter anderem eine Störung durch den zunehmenden Lasterverkehr. Der sei bereits jetzt mit rund 200 Fahrzeugen aus den Papierfabriken sehr hoch. Diesem Argument folgt das Gericht nicht. Die Anzahl der Fahrzeuge kommt nicht zur Sprache. Zulässig sei das Vorhaben, weil die Fahrzeuge vom Betriebsgelände ungehindert auf die Staatsstraße 32 auffahren können, ohne eine Sondergenehmigung zu benötigen.

Können die Gärreste der Biogasanlage als Dünger verwertet werden?

Insgesamt stünden rund 900 Hektar Fläche zur Verfügung, auf die der Wirtschaftsdünger aufgebracht werden könnte. Das sei vom Landesamt für Umwelt und Geologie überprüft worden. Allerdings läge etwa ein Viertel der Flächen in Trinkwasserschutzgebieten der Kategorie III, bemängelt der Rechtsanwalt der Gemeinde Kriebstein und zählt Areale in Gebersbach/Knobelsdorf, Littdorf und Gärtitz auf. Auf die Flächen dürfe kein Stickstoff aufgebracht werden, der in hohem Maße in den Gärresten vorhanden sei. Gleichzeitig weist der Rechtsanwalt darauf hin, dass die Gründergemeinschaft weitere Anlagen betreibt und unklar sei, ob dieselben Flächen bereits in weiteren Verfahren für das Aufbringen der Gärreste benannt worden seien. Letzteres habe das Gericht überprüft. „Die Flächen sind nicht doppelt benannt worden“, so Richterin Keim. Außerdem erfolgt der Hinweis, dass laut Düngerverordnung das Aufbringen von Gülle in der Schutzzone II ausgeschlossen ist, aber in der Zone III nicht. Zudem liege der vorgesehene Stickstoffeintrag weit unter der zulässigen Höchstgrenze.

Müssen die Anwohner mit einer höheren Geruchsbelästigung rechnen?

Ein entsprechendes Gutachten räume solche Bedenken aus. Es seien sogenannte Windfeldmodelle in drei verschiedenen Qualitätsstufen durchgerechnet und dabei alle möglichen Gerüche der Ferkelzucht und der Biogasanlage einbezogen worden. Im Ergebnis würden die Vorgaben der Geruchsimmission von maximal elf Prozent für Dorfgebiete eingehalten. Teilweise werde sogar der Wert von zehn Prozent für Wohngebiete erreicht. In die Überlegungen seien aber eine Milchvieh-, eine Bullenmast- und eine Schweinemastanlage in der Umgebung nicht mit einbezogen worden, von denen bereits Gerüche ausgehen, kritisiert der Kriebsteiner Rechtsanwalt. Außerdem sei die Abluftanlage der Ferkelzucht wirkungslos, wenn daneben Bäume gepflanzt würden, die eine Höhe bis zu 35  Meter erreichen. Dem widersprechen die Gutachter und die Rechtsanwältin der Gründergemeinschaft. Die Milchviehanlage sei bei den Betrachtungen berücksichtigt worden. Die anderen beiden Anlagen seien rund fünf Kilometer von der Ferkelzucht entfernt und lägen damit außerhalb des Betrachtungsgebietes. Der Pflanzplan sähe Bäume, Sträucher und Hecken vor, ohne sie konkret zu benennen. Variationen und das Pflanzen höherer Bäume in einem gewissen Abstand seien möglich.

Sind durch den Bau der Anlage verschiedene Tierarten gefährdet?

Die Gemeinde Kriebstein sieht unter anderem den Brut- und Lebensraum der Feldlerche, der Wachtel, der Rohrweihe, des Kammmolches, der Knoblauchkröte und des Feuersalamanders gefährdet. Letztere befänden sich allerdings außerhalb des 200-Meter-Wirkungsbereiches der Ferkelzucht, so die Sachverständigen. Auch bei der Feldlerche werde keine Gefährdung der Art gesehen. Von ihr gäbe es in Sachsen zwischen 80.000 und 160.000 Brutpaare. Die Beeinträchtigung der Wachtel und der Rohrweihe sei zu vernachlässigen.

Wann ist mit einem Urteil zu rechnen und was sagen die Betroffenen?

Das Urteil werde den Parteien schriftlich zugestellt, so Richterin Carola-Julia Keim. Heute könnten die Betroffenen aber bereits bei Gericht eine Tendenz erfragen. Weder Kriebsteins Bürgermeister Christoph Merker (FW) noch Heinz-Friedrich Schönleber und Mark Reinken von der Gründergemeinschaft wollten sich gestern zum Verlauf der Verhandlung äußern.