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Irgendwer muss es ja machen

Bannewitz musste zwei Bürgermeister neu wählen. Der Gemeinderat hat sich entschieden – an der CDU vorbei.

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© K.-L. Oberthür

Von Franz Werfel

Bannewitz. So spannend wie am Dienstagabend geht es nicht immer zu im Bannewitzer Gemeinderat. Hinter den schlichten Tagesordnungspunkten 12 und 13, der Wahl des ersten beziehungsweise zweiten Stellvertreters des amtierenden parteilosen Bürgermeisters Christoph Fröse, verbarg sich eine ganze Menge Sprengstoff.

Macht aus der Not eine Tugend: Lars Römer.
Macht aus der Not eine Tugend: Lars Römer. © A. Weihs

Der Grund für die Neuwahl war dabei ein trauriger. Bisher war Carmen Ebert von der Freien Wählergemeinschaft Bannewitz (FWB) die stellvertretende Bürgermeisterin der Gemeinde. Zweiter Stellvertreter war bis dato der frühere Goppelner Bürgermeister Walter Kaiser (Bürgergemeinschaft). Im August verstarb Carmen Ebert nach langer Krankheit mit 52 Jahren. Bis der Gemeinderat im Frühjahr 2019 neu gewählt wird, musste nun für die kommenden zweieinhalb Jahre eine neue Lösung gefunden werden.

Vor der Sitzung standen zumindest zwei Kandidaten schon fest: Walter Kaiser (BG) und Roland Auxel von der CDU. Auxels Fraktion, mit sechs Sitzen knapp stärkste in Bannewitz, hatte den jungen Rats-Nachrücker als ersten Stellvertreter nominiert. Doch noch vor der eigentlichen Abstimmung der Gemeinderäte nahm die Sitzung eine interessante Wendung.

In einem Statement zog Auxel, der erst seit Ende Januar Ratsmitglied ist, seine Kandidatur zurück. Er argumentierte dabei mit einem ungeschriebenen Gesetz, wonach der stärksten Fraktion in einem Parlament das Vorschlagsrecht für höhere Posten gebühre. Vorschlagsrecht heißt hierbei aber: Eine Fraktion schlägt vor und die anwesenden Räte stimmen anschließend für diesen Vorschlag – über Fraktionsgrenzen hinweg. „Das ist ein guter parlamentarischer Brauch, damit sich der Wählerwille auch in den Strukturen und Funktionen der Gemeinde wiederfindet“, so Auxel. Mit Blick auf Walter Kaiser, bis dato amtierender zweiter Stellvertreter, sagte er: „Heute soll der Gemeinderat Herrn Kaiser das Vertrauen entziehen, nur um ihn anschließend als ersten Stellvertreter zu installieren.“ Der politische Anstand bleibe auf der Strecke, so Auxel. Das trage zur Politikverdrossenheit in der Bevölkerung bei. Seine Fraktion wolle dieses Vorgehen nicht unterstützen.

Das lief schon mal ähnlich

Wohl ahnte die CDU da schon, dass sie bei einer Abstimmung nicht durchkommen würde. Genauso lief es bei der ersten Stellvertreterwahl vor zwei Jahren. Sobald sich die fünf FWB-Mandatsträger im Gemeinderat auch nur zwei Unterstützer sichern können, ist die CDU überstimmt.

Und so kam es. Zuerst entbanden die Räte mit 11 zu 7 Stimmen Walter Kaiser von seinem Amt des zweiten Stellvertreters. Die CDU stimmte geschlossen gegen dieses Vorgehen, ihr schloss sich Hanns Saffer (Wir für Bannewitz) an. In einem – auf Wunsch der CDU – geheimen Wahlgang, bei dem sich Bürgermeister Fröse enthielt, konnte Walter Kaiser dann mit dem gleichen Zustimmungsverhältnis zum ersten Stellvertreter gewählt werden. „Ich nehme die Wahl an“, so der 68-Jährige.

Obwohl die Gemeinderäte einen CDU-Kandidaten als zweiten Stellvertreter akzeptiert hätten, wollte die CDU nun nicht mehr. Die FWB-Fraktion führte dann, damit der Stimmzettel nicht leer blieb, Lars Römer ins Feld. Der 39-Jährige ist vielen Bannewitzern als Vorsitzender der Regionalgruppe Goldene Höhe bekannt. Erneut gab es nach der geheimen Wahl zehn Stimmen für den Kandidaten. Auch Römer akzeptierte den Wahlausgang.

Zu den Aufgaben des Stellvertreters gehört es, den Bürgermeister auf Sitzungen und bei den Amtsgeschäften zu vertreten, wenn dieser verhindert ist. Walter Kaiser sei als Ruheständler eher verfügbar, hofft Lars Römer, der bei der Sächsischen Aufbaubank arbeitet. „Da bekomme ich hoffentlich nicht allzu viel zu tun.“

Die CDU behält sich unterdessen vor, den Wahlgang juristisch untersuchen zu lassen. „Dass Kandidaten auf einem Wahlzettel einfach durchgestrichen werden, wie heute geschehen, kann formal nicht korrekt sein“, sagte Roland Auxel der SZ.