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Investruine Siebeneichen?

Die Lehrer sollen aus dem Schloss ausziehen. Doch die Suche nach Alternativen kommt nicht voran.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Die Nachricht sorgte für lange Gesichter in Meißen und Umland. Die bislang im Schloss Siebeneichen angesiedelte Lehrerfortbildung soll zum Lückenfüller werden. Der Freistaat plant, die Lehrer vom romantischen Herrenhaus über dem Elbtal in einen aktuell als Gymnasium genutzten Plattenbau am Rand des Kamenzer Flugplatzes umzusiedeln. Sie müssen den Lückenfüller spielen, da das sogenannte Schweitzer-Haus sonst nicht ausgelastet wäre. Der als eigentlicher Hauptmieter vorgesehene Staatsbetrieb für Informatikdienste benötigt lediglich ein Drittel davon.

Über ein Jahr ist jetzt vergangen, seit die Hiobsbotschaft in der Stadt bekannt wurde. Details erfuhren die Verantwortlichen aus der Presse. Als Trostpflaster teilte das Sächsische Immobilien- und Baumanagement (SIB) mit, es wolle prüfen, ob das Gebäude anderweitig staatlich genutzt werden könnte. Über zwölf Monate später allerdings scheint die Sache nicht um einen Schritt vorangekommen zu sein. Wie das sächsische Kultusministerium jetzt auf Anfrage der SZ salomonisch äußerte, werde „eine weitere staatliche Nutzung von Schloss Siebeneichen weiterhin geprüft und zu gegebener Zeit entschieden.“ Das ist auch der Wissenstand im Meißner Rathaus. Dem Büro von Oberbürgermeister Olaf Raschke zufolge bedauere die Stadt, dass die Lehrerfortbildung an einen anderen Standort wechseln solle. Ihr sei aber sehr an einer Anschlusslösung für das Schloss Siebeneichen gelegen und die Verwaltung sehe dieser mit großem Interesse entgegen. Konkrete Pläne lägen dem Rathaus derzeit jedoch nicht vor.

Für zwei Millionen Euro saniert

Im Hintergrund arbeitet die Meißner CDU-Landtagsabgeordnete Daniela Kuge intensiv daran, dem Schloss eine passende Perspektive zu sichern. Gemeinsam mit dem Landtagspräsidenten Matthias Rößler (CDU) habe sie mehrere Gespräche im Finanzministerium geführt und Ideen entwickelt, so die Parlamentarierin.

Rößlers Engagement kommt nicht von ungefähr. Zunächst als Kultus- und später als Wissenschafts- und Kunstminister sorgte er mit dafür, Meißen zu einem wichtigen Bildungsstandort im Freistaat zu machen. Die Tagungsstätte in Siebeneichen bildet mit dem Landesgymnasium St. Afra und der Beratungsstelle zur Begabtenförderung eine entscheidende Säule für dieses Image. Das städtische Gymnasium Franziskaneum ist seit einiger Zeit dabei, mit einem weiteren Angebot für Hochbegabte dem pädagogischen Profil der Stadt eine neue Facette hinzuzufügen. Möglicherweise könnten auch die Ausbaupläne für die Hochschule der Sächsischen Verwaltung mit dem Campus in Cölln helfen, eine neue Aufgabe für Siebeneichen zu finden.

Kritisch begleitet wird der Prozess von dem bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Valentin Lippmann. Eine von ihm initiierte Kleine Anfrage brachte an den Tag, dass der Freistaat seit 2006 zwei Millionen Euro in das Herrenhaus oberhalb der B 6 gesteckt hat. Verwunderlich erscheint vor diesem Hintergrund, dass der Abzug der Lehrerfortbildung beschlossen wurde, ohne eine konkrete Alternative für die Immobilie zu besitzen und so das Entstehen einer Investruine in Kauf genommen wurde.

Die Unsicherheit über die Zukunft der Anlage hemmt nicht zuletzt die Arbeit von Rathaus und Stadträten an einem Gesamtkonzept für das Areal Siebeneichen. In ihrem nächsten Doppelhaushalt hat die Stadt erhebliche Mittel dafür eingestellt, neue Pläne für den Schlosspark sowie den Arita-Hain zu entwickeln. Meißen möchte auf dem Gelände endlich wieder gestalten und agieren, statt immer nur zu reagieren. Dies ist umso dringlicher nötig, da Herbststurm Friederike in Siebeneichen besonders stark gewütet hat. Tierparkchef Heiko Drechsler denkt zudem über einen Rückzug nach. Damit erwächst eine weitere Aufgabe.

Ein Verkauf an einen privaten Investor dürfte keine Alternative darstellen. Derart große Immobilien lassen sich kaum durch einen Privatmann erhalten. Sachsens größter Privatwinzer Georg Prinz zur Lippe etwa wird durch die Ausgaben für den Erhalt von Schloss Proschwitz stark belastet. Mit den Schlössern Gauernitz und Schieritz haben sich die Besitzer offenbar übernommen. Seit Jahren gibt es bei beiden Denkmalen keinen für die Öffentlichkeit ersichtlichen Fortschritt.