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Intimes aus dem Kühlhaus in Görlitz

Der Verein in Weinhübel hat 50 000 Euro von der Robert Bosch Stiftung erhalten. Jetzt ist dort ein Buch erschienen, in dem auch das Kühlhaus zu Wort kommt.

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© nikolaischmidt.de

Von Ingo Kramer

Mit einem Loch im Zaun fing alles an. 2006 war das – und Danilo Kuscher mit vier Freunden auf der Suche nach einem Ort, an dem sie Veranstaltungen organisieren können. Bei der Suche entdeckten sie das Kühlhaus am Rand von Weinhübel und kletterten durch das Zaunloch ins Gelände. „Am Anfang war uns nur Partymachen wichtig“, schildert Danilo Kuscher rückblickend: „Erst als wir dann durch das Haus durch waren und oben auf dem Dach ankamen und diese Aussicht sahen, da wurde uns klar, dass man in dem Dachgeschoss übelst geil wohnen könnte.“

Mit diesen Worten beschreibt der heute 33-Jährige seine Kühlhaus-Anfänge in dem Buch „Neuland gewinnen“, das kürzlich im Ch. Links Verlag erschienen ist. Seit 2008 erfüllen Danilo Kuscher und sein Team das einstige Firmengelände hinter dem Bahnhof Weinhübel tatsächlich wieder mit Leben. Und 2015/16 erhielten sie 50 000 Euro von der Robert Bosch Stiftung. Ihr Projekt „Mittelpunkt Stadtrand“ wurde als eine von 17 Ideen für eine Förderung im Programm „Neulandgewinner“ ausgewählt. Insgesamt gab es über 200 Bewerbungen. Das Programm widmet sich „kreativen Visionen für Leerstand im ländlichen Raum“ in den neuen Bundesländern.

Insgesamt 24 Projekte werden in dem Buch vorgestellt, darunter auch einige aus der vorangegangenen Förderperiode. Aus Ostsachsen ist noch ein zweites Projekt vertreten: Das Bündnis Zukunft Oberlausitz beschäftigt sich mit dem Umgang mit Leerstand im ländlichen Raum in den Kreisen Bautzen und Görlitz und hat dafür von 2013 bis 2015 eine Förderung erhalten.

Danilo Kuscher und seine Mitstreiter geben in dem Buch auch intime Details aus dem Kühlhaus preis. Auf insgesamt 14 Seiten geht es viel um die Nutzung des Geländes, zwischenmenschliche Entwicklungen im Laufe der Jahre, den Ausstieg von Freunden, die ursprünglich mit durchs Zaunloch geklettert sind und um einen Kommunikationspsychologen, der dem Kühlhaus-Team bei den internen Problemen viel geholfen hat. Auch Finanzprobleme kommen zur Sprache. Pro Jahr 25 000 Euro wären nötig, um auch Personalkosten abdecken zu können, Tendenz steigend. Eine Finanzierung von Personalstellen würde dem Kühlhaus am meisten helfen, sagt Danilo Kuscher: „Die Arbeit ist so enorm, dass sie nicht mehr ehrenamtlich zu bewältigen ist.“

Siri Frech / Babette Scurull / Andreas Willisch: „Neuland gewinnen – Die Zukunft in Ostdeutschland gestalten“, Ch. Links Verlag Berlin, 272 Seiten, 193 farbige Abbildungen, ISBN 978-3-86153-949-0, Preis: 25,00 Euro