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Inspiration aus Paris

Petra Mühlchen aus Ebersbach-Neugersdorf entwickelt neue Produkte und Designs. Das verändert Wohnstile.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Kein Raum in ihrem Haus, in dem Petra Mühlchen nichts Geflochtenes hätte. Jedes Zimmer ihres kleinen Schlosses, wie die Ebersbacherin ihr Wohnhaus auf dem Jeremiasberg nennt, ist mit den verschiedensten Flechtarbeiten dekoriert. Ihre Meisterleistung und zugleich der Höhepunkt ihres kreativen Schaffens ist ein Doppelbett. Es hängt an Eisenketten im Schlafzimmer. Das tragende Gestell ist kunstvoll mit Perlen und Flechtband in weiß und beige umflochten. Ein Zimmermann hat ihr dabei geholfen, das Bett zu bauen und stabil aufzuhängen, nachdem die Statik des Zimmers verbessert wurde. Petra Mühlchen fühlt sich wohl in ihrem Bett. Es gehört zu jenen Anfertigungen, die sie auch für Kunden und nur auf Anfrage herstellt. Das Bett muss individuell angepasst werden. So eine große Arbeit hat zudem ihren Preis: fünfstellig.

Die 16-jährige Jimena aus Mexiko absolvierte ein Praktikum in Neugersdorf. Die junge Frau, die ein Austauschjahr in Deutschland absolviert, will Psychologin werden.
Die 16-jährige Jimena aus Mexiko absolvierte ein Praktikum in Neugersdorf. Die junge Frau, die ein Austauschjahr in Deutschland absolviert, will Psychologin werden. © Matthias Weber

Ganz andere Arbeiten zeigt die 51-Jährige in ihrem Geschäft in Neugersdorf. In der Zittauer Straße 7 hat die kreative Frau im ersten Obergeschoss die ehemalige Wohnung der Oma ausgebaut und für ihre Zwecke umgestaltet. Dort stellt Petra Mühlchen vor, was sie sonst noch flicht. Bequeme und originelle Sitzmöbel zum Beispiel. Darunter mehrere große Schaukeln in den verschiedensten Farben und Formen. Ausgediente Stühle mit kaputten Flechtsitzen und Rückenlehnen beispielsweise erhalten bei Petra Mühlchen ein neues, modernes Design. Aber auch umflochtene Spiegel, große Körbe für die Aufbewahrung von Holz oder anderen Dingen, filigrane Körbchen als Dekoration und immer wieder kreative Flechtwerke zum Schmücken und schön Aussehen der Wohnung präsentiert die Handwerkerin mit künstlerischen Fähigkeiten. Sie zeigt, wie mit wenigen Mitteln Wohnstile verändert werden können.

In ihrer kleinen Werkstatt gleich neben dem Geschäft entstehen derzeit unter ihren schmalen, aber zupackenden und starken Fingern unter anderem Schmuckstücke wie Armreifen und Ketten. Jedes Teil ist ein Unikat. An jedem probiert die 51-Jährige ihre neuen Ideen aus, verziert sie mit Perlen, Federn, künstlichen Blumen und was sich sonst noch schön und leicht verarbeiten lässt. Anregungen für ihre Kreationen holt sich die Ebersbacherin sozusagen auf der ganzen Welt. Einen schier unermesslichen Fundus an Ideen, die sich die Flechterin gedanklich notiert hat und die sie für eigene Zwecke abwandelt, fand sie in Paris bei einer Messe „Objekt und Design“. „Von dort habe ich sehr viel Inspiration mitgebracht“, sagt sie.

Mittlerweile verwendet die Designerin immer häufiger Saleen anstelle von Weidenruten als Flechtmaterial. „Dieses einzigartige Kunststoffprodukt hat die gleichen optischen Eigenschaften und fühlt sich wie das Naturprodukt Weide an“, erläutert die Geschäftsfrau. Saleen ist aber im Gegensatz zum Naturprodukt hitze-, kälte- und UV-beständig. Farbechtheit und Abwaschbarkeit sind garantiert, betont Frau Mühlchen. Das Material wird in Deutschland produziert und enthält keine giftigen Substanzen, unterstreicht sie.

Mit diesem Material hat auch die 16-jährige Jimena aus Mexiko-City gearbeitet und war begeistert. Die Schülerin verbringt ein Austauschjahr in Deutschland. Kennengelernt haben sich die beiden Frauen in Großharthau auf einer Design-Ausstellung. So wie Jimena haben mittlerweile auch andere junge Leute aus der Region und dem Ausland bei Petra Mühlchen ein Praktikum absolviert, ihre Kreativität ausprobiert und handwerkliches Geschick erworben. „Das Angebot für Praktika steht nach wie vor“, betont Petra Mühlchen. Übernachtungsmöglichkeiten bietet sie in ihrem Haus an. Leute zwischen 15 und 25 Jahre, die Lust auf ein Experiment in ihrem Leben haben, können während eines zweiwöchigen Praktikums Geschichte und Technik einer alten Handwerkskunst im neuen Gesicht kennenlernen. Erforderlich sind eine Bewerbung, ein Foto sowie ein Anschreiben in deutsch, spanisch oder englisch. Diese Sprachen spricht die Designerin. Sie hat sie mit Abenteuerlust, Neugier und Ausdauer in England und Spanien erlernt – das aber ist schon wieder eine neue Geschichte.