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Industrieruine wird Forschungsstandort

In den denkmalgeschützten Fabriken an der Zwickauer Straße arbeiten künftig Wissenschaftler. Vorher wird saniert.

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Von Annechristin Bonß

Auf einmal soll alles ganz schnell gehen. 20 Jahre sind vergangen, seit die letzten Maschinen im Universelle-Werk an der Zwickauer Straße das letzte Mal gearbeitet haben. Es folgten Leerstand und Vandalismus. Metalldiebe gingen auf Streifzug durch die leeren Hallen, Chaoten fanden viel Platz für Schmierereien, schmissen die Scheiben ein, Unkraut wuchert zwischen den Ritzen empor.

Im Universelle-Werk (kl. Bild) an der Zwickauer Straße wurden bis zur Wende Maschinen gebaut. Nun entstehen hier neue Büros. Wilfried Eberhardt von der Firma Kuka will darin nach neuen Leichtbau-Ideen suchen. Fotos: Sven Ellger
Im Universelle-Werk (kl. Bild) an der Zwickauer Straße wurden bis zur Wende Maschinen gebaut. Nun entstehen hier neue Büros. Wilfried Eberhardt von der Firma Kuka will darin nach neuen Leichtbau-Ideen suchen. Fotos: Sven Ellger

Nun soll schon in einem Jahr am Standort wieder gearbeitet werden. Die Firma Immopact lässt den nordöstlichen Teil des Ensembles komplett sanieren. Hier entstehen bis zu 6 000 Quadratmeter Büros, Labore und Werkstätten. Bei der Investitionssumme lässt sich Geschäftsführer Andreas Schöberl nicht in die Pläne sehen. Ein hoher einstelliger Millionenbetrag sei notwendig, sagt er, damit hier wieder gearbeitet werden kann. Konkreter wird er nicht.

Dabei stehen die Chancen gut, dass sich die Investition auszahlen wird. Das Technologiezentrum Dresden will den gesamten sanierten Komplex mieten. In den Arbeitsräumen sollen sich neue Firmen ansiedeln, Produkte entwickeln und diese bis zur Marktreife bringen. Dabei handelt es sich um Ideen aus dem Leichtbau. Neue leichte Materialien für die Automobilbranche, Robotik und Systemtechnik.

Das Technologiezentrum kümmert sich seit Jahren um die Vermarktung der Ideen aus der TU Dresden. Junge Firmengründer finden hier Unterstützung und Platz zum Arbeiten. Schon lange waren die Macher auf der Suche nach neuen Räumen, sagt Geschäftsführer Bertram Dressel. Mit dem Standort an der Zwickauer Straße kann er gut leben. Die Nähe zur TU Dresden sei ein entscheidender Vorteil.

Interessenten für die neuen Flächen hat Dressel bereits. Das Augsburger Unternehmen Kuka will in Dresden tätig werden. Mit 13 000 Mitarbeitern, weltweiten Aufträgen und einem Jahresumsatz von drei Milliarden Euro gehört die Firma zu den führenden Vertretern im Leichtbau. Marketing-Chef Wilfried Eberhardt hofft auf neue Partner und Ideen, die gemeinsam mit der Kuka umgesetzt werden können. Das Unternehmen beabsichtige, einige Mitarbeiter hier zu stationieren. Bertram Dressel spricht davon, dass Kuka eine ganze Etage mieten will. Für die anderen Geschosse gebe es ebenfalls bereits Interessenten. Im Dachgeschoss sollen kleinere Firmen mieten können. Die Nachfrage ist groß.

Deshalb will Immopact noch mehr investieren. Bis 2022 soll der gesamte Komplex des Universelle-Werks saniert und ausgebaut werden, sagt Geschäftsführer Schöberl. Dabei saniert die Firma in ein denkmalgeschütztes, mehrteiliges Ensemble, das ab 1921 entstanden ist. Mehrfach wurde angebaut und erweitert. Wo einst Maschinen für die Zigarettenproduktion entstanden, könnten insgesamt bis zu 30 000 Quadratmeter Arbeitsfläche entstehen.

Daran haben auch Wissenschaftler der TU Dresden Interesse. Denn die Zwickauer Straße soll neuer Leichtbau-Campus werden. Hubert Jäger, Professor für Systemleichtbau, will hier sogar insgesamt 60 000 Quadratmeter für das Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik nutzen. Dafür sollen auch angrenzende Flächen, andere Altbauten und Brachen genutzt werden. Das Institut hat bisher seinen Sitz in der Johannstadt. Doch schon lange gibt es dort keine Möglichkeit mehr, neue Flächen zu erschließen. Das Potenzial sei da, sagt der Professor. Sachsenweit bietet der Leichtbau mehr als 60 000 Menschen Arbeit. Über 100 Diplomingenieure im Leichtbau verlassen pro Jahr das Dresdner Institut. Weltweit gibt es Partner, die mit den Wissenschaftlern aus Sachsen zusammenarbeiten. Der Leichtbau soll der TU Dresden helfen, deren erfolgreiche Transfers in die Wirtschaft noch einmal zu steigern, sagt TU-Rektor Hans Müller-Steinhagen.