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In Ostrau angekommen

Die Ortswehr hat jetzt einen Feuerwehrmann aus Georgien. Paata Kvantidze bringt sich nicht nur bei den Kameraden ein.

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© André Braun

Von Sylvia Jentzsch

Ostrau. Paata Kvantidze ist ein Flüchtling und lebt mit seiner Familie seit Januar in Ostrau. Der 39-Jährige stammt aus Georgien. Sein großer Vorteil ist, dass er die deutsche Sprache sehr gut beherrscht. Das ist für manche verwunderlich, doch leicht zu erklären.

Bevor Paata Kvantidze im Jahr 2000 in Berlin Betriebswirtschaft studierte, lernte er zwei Jahre lang in Ilmenau Deutsch. Zuvor hatte er in Georgien das Gymnasium und eine Uni besucht. Das Studium in Berlin musste er im August 2008 wegen des Kaukasuskrieges abbrechen. Er ging mit seiner Familie, zu der dann bereits Zwillinge gehörten, zurück nach Georgien, um sein kaputtes Land beim Aufbau zu unterstützen. „Ein Diplom habe ich bisher noch nie gebraucht“, so der Georgier.

Politisches Engagment

In seiner Heimat war er selbstständig und nach eigenen Angaben Chef von vielen Menschen, denen er Arbeit gab. Paata Kvantidze gründete die Stiftung „Lasha Meskhi“. „Diese kümmerte sich zunächst um krebskranke Kinder. Später wurde mehr daraus. Ich habe dort geholfen, wo ich gebraucht wurde“ , so Paata Kvantidze. Er habe versucht, jeden auf seine Art und Weise zu unterstützen. „Es war gleich, ob derjenige reich, arm, verrückt oder klug war“, so der Georgier. Bei seiner Unterstützung sei es unter anderem um ärztliche Hilfsmittel gegangen. „Ich konnte in vielen Fällen Lösungen schaffen. Mein Ziel war es, etwas Gutes zu tun. Ich habe das für Gott und meiner Heimat zuliebe gemacht“, sagte Paata Kvantidze.

Er liebe seine Heimat Georgien mit einer der ältesten Sprachen der Welt, einer sehr alten Geschichte und der Gastfreundschaft. Es sei ihm sehr schwergefallen, alles hinter sich zu lassen. „Uns hat nichts gefehlt. Es ging uns gut“, so der Flüchtling.

Auch politisch engagierte er sich in seiner Heimat. Er war Kandidat für einen Abgeordnetenposten im georgischen Parlament. Dafür wurde er von einer progeorgischen Partei aufgestellt. „Meine politische Arbeit war nie ungefährlich.“ Deshalb habe er seine Frau und die Kinder am 25. September 2016 zu Bekannten nach Deutschland gebracht, zur Sicherheit. Sie kamen bei seinem Cousin in Essen unter. Paata Kvantidze hatte drei Tage später schon den Rückflug gebucht. Doch dazu kam es nicht. Er sei noch rechtzeitig gewarnt worden. Er sollte lieber in Deutschland bleiben.

Endlich ein neues Zuhause gefunden

„Wir wussten nicht wohin. Bei meinem Cousin konnten meine Frau und ich sowie die drei Kinder nicht bleiben“, sagte Kvantidze. So kam die Familie zunächst ins Erstaufnahmelager in Dortmund und später nach Dresden. „Diese Zeit war für uns sehr schwierig. Die Kinder konnten nicht in die Schule gehen, der Lebensraum war sehr eng. Hinzukam das schlechte Gewissen den Eltern gegenüber, die noch in Georgien leben. Wir haben sie zurückgelassen. Sie sind auf uns angewiesen“, so Paata Kvantidze. Nach der Erstaufnahme in Dresden ging es nach Rossau. „Dann bekamen wir eine Wohnung in Ostrau. Wir wurden hier sehr herzlich aufgenommen, vor allem vom Bürgermeister“, so Paata Kvantidze. Jetzt sei Ostrau das Zuhause der Familie. Man wolle hier nicht mehr weg. Einer der Zwillinge (17) besucht das Gymnasium in Döbeln, der andere die Regenbogenschule. Der Sechsjährige ist dieses Jahr in der Ostrauer Grundschule eingeschult worden. „Wir sind endlich angekommen. Hier fühlen wir uns wohl und gebraucht“, so der Georgier.

Grundlehrgang absolviert

Er sitzt nicht in seiner Wohnung und wartet auf einen Bescheid von der Ausländerbehörde. Nein, er tut, was er immer getan hat und engagiert sich. Er geht zur Feuerwehr, die immer Leute braucht, absolvierte auch schon den Grundlehrgang und kann nun zu den Einsätzen mit ausrücken. Da sein georgischer Führerschein nur für ein halbes Jahr in Deutschland galt, hat er diesen nachgeholt und das ohne einen Fehler. Außerdem ist der Georgier im Gartenverein aktiv. Er arbeitet seit Oktober im Rahmen der Flüchtlingsintegrationsmaßnahme auf dem Bauhof der Gemeinde. Er ist auch Mitglied der CDU geworden. Ia, was auf Georgisch soviel wie Veilchen bedeutet, ist die Frau von Paata Kvantidze. Sie ist ebenfalls im Rahmen der Integrationsmaßnahme in der Kita in Ostrau tätig und nach Angaben von Bürgermeister Dirk Schilling (CDU) bei den Kindern sehr beliebt. Und auch mit seinen Kochkünsten ist der Geogier bei den Ostrauern angekommen. Zum Halloweenfest stellte er nach original georgischem Rezept Chatschapuri her. Dabei handelt es sich um einen Teig mit Käse. Das Angebot und auch das Engagement kam bei den Gästen des Festes an. Zum Weihnachtsmarkt am Sonntag wird es voraussichtlich wieder Chatschapuri geben.

In Ostrau leben elf Flüchtlingsfamilien. „Er ist dort Vermittler und ein ausgleichender Faktor“, so Schilling. Paata Kvantidze geht es nicht nur ums Übersetzen, sondern er will ein Konzept erarbeiten, was die Deutschen von den Flüchtlingen erwarten, damit diese sich besser integrieren können. Da geht es um die Müllentsorgung, das Wäscheaufhängen, das Verhalten, dass die Heimischen von den Gästen erwarten. „Solche Menschen wie Paata Kvantidze und seine Familie sind eine echte Bereicherung für unsere Gemeinde“, sagt Schilling.