Merken

Etwas über grüne Deiche lernen

Die gesammelten Samen sind auf den neuen Deichen aufgegangen. Ab 2020 können die Erfahrungen sogar landesweit nützlich sein.

Teilen
Folgen
NEU!
© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Leisnig/Klosterbuch. Als Elsbeth Pohl vor elf Jahren Samensammler gesucht und auch wirklich losgeschickt hat, ist sie von manchem belächelt worden. Doch die damals im Ort gesammelten Samen sind tatsächlich aufgegangen. Und die sollen im übertragenen Sinne ab 2018 weitere „Früchte“ tragen. Denn die Chefin des Vereins „Be-greifen“ bereitet ein Bildungsprojekt vor. In das sollen die Erfahrungen mit regionalem Saatgut und der Deichbegrünung einfließen. An diesem Wochenende stellt Elsbeth Pohl ihre Erkenntnisse darüber Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Sächsischer Botaniker vor. Die tagen nebenan im Kloster.

Das Anschauungsobjekt gibt es sozusagen gleich vor der Klostertür. Dort sind in einem ersten und zweiten Bauabschnitt neue Hochwasserschutzdämme errichtet und darauf im vergangenen Jahr das örtliche Saatgut aufgebracht worden. Die Ergebnisse begeistern Elsbeth Pohl jedes Mal aufs Neue. Sie weiß, dass einige Pflanzen, Kräuter und Gräser auf den Dämmen wachsen, die auf der Roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind. „Diese Artenvielfalt in unserem Natura-2000-Gebiet gilt es zu erhalten“, findet die Klosterbucherin.

Nachdem die Samen vor Ort gesammelt wurden, hat der Archehof diese in die Hände der Rieger-Hofmann GmbH gegeben. Der Spezialist für Samen und Pflanzen gebietseigener Wildblumen und Wildgräser aus gesicherten Herkünften verwahrt die Mischungen weiter. Die nächste „Ration“ wird benötigt, wenn die Dämme oberhalb des Ortes Klosterbuch fertig sind. Ende des ersten Quartals 2018 wird das soweit sein. Dann werden auch sie nach dem Beispiel der schon fertigen Deiche begrünt und mit den Schaf- und Ziegenherden des Archehofes beweidet und bewirtschaftet. Die komplette Deichanlage hat eine Länge von 2,8 Kilometer.

Dass die vorhandenen Dämme die Regentage in diesem Jahr gut überstanden haben, kommt nach Meinung von Elsbeth Pohl nicht von ungefähr. Denn der Verein hatte mehrere Probedämme angelegt, verschiedene Saatgutmischungen aufgebracht. Es hat Jahre gedauert, bis feststand: So sollen die Dämme um Klosterbuch in Zukunft aussehen. Ein Teil der Aufwendungen, die der Verein in dieser Zeit hatte, konnte durch Unterstützung der Heidehof-Stiftung ausgeglichen werden.

Für das neue Bildungsprojekt hofft Elsbeth Pohl auf eine Förderung des Freistaates. Sie will Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zeigen, oder vielmehr im Sinne des Vereins „be-greiflich“ machen, wie Schutzdämme aussehen können: grün oder aus Beton. Sie möchte die Erfahrungen weitergeben, was beim Einsatz von Saatgut aus dem Ort zu beachten ist. Die obere Schicht Mutterboden muss zum Beispiel richtig dick sein, sonst wird sie mitsamt den Samen beim ersten Regenguss abgetragen. „Wir haben viel gelernt“, so Elsbeth Pohl. In dem Projekt sieht sie einen weiteren Schritt, Klosterbuch zu einem Ort des Lehrens und Lernens zu machen.

Daniel Küchler ist Naturschutzreferent bei der Landestalsperrenverwaltung (LTV). Die Behörde lässt den Hochwasserschutz in Klosterbuch bauen. Er findet das Engagement des Vereins gut, selbst wenn es ähnliche Initiativen auch noch von privater und staatlicher Seite gibt. Hintergrund ist das Naturschutzgesetz. Das gestattet ab 2020 nur noch in Ausnahmefällen das Ausbringen von fremdem Saatgut in der freien Landschaft wie eben Flussauen. Als Besonderheit sieht er für Klosterbuch, dass es da nicht nur um regionales, sondern sogar lokales Saatgut geht. „Die Erfahrungen sind wichtig. Ob sie allerdings eins zu eins andernorts anzuwenden sind, ist jetzt noch nicht zu sagen“, so Daniel Küchler.

Für Wolfgang Stützer, der das Deichprojekt für die LTV betreut, ist der ökologische Aspekt eher zweitrangig. Ihm geht es um die Technologie. „Wichtig ist eine Durchwurzelung, die den Damm vor Abtragungen schützt“, sagt er. Und bislang funktioniert das an den neuen Dämmen auch nach seinem Dafürhalten gut.