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In dritter Generation Mühlenwirt

Seit 85 Jahren betreibt eine Familie den Waldgasthof in Naußlitz. Dabei gab es auch Rückschläge.

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© A. Braun

Von Cathrin Reichelt

Naußlitz. Weshalb seine Großeltern das Stadtleben satt hatten und im Jahr 1932 aufs Land zogen, weiß Henry Firley nicht. Lina und Otto Richter gründeten damals einen Familienbetrieb, der bis heute ständig gewachsen ist und sich stark gewandelt hat.

Erfahrungen in der Gastronomie hatten Richters bereits. Denn als sie nach Naußlitz zogen, gaben sie das Albertschlösschen in Döbeln auf und nahmen gleichzeitig wesentlich schwierigere Bedingungen in Kauf. „Es gab keinen Strom. Licht wurde mit Karbid gemacht. Das Wasser kam aus dem Brunnen. Der Weg war unbefestigt, die Großeltern und Lieferanten mit Pferdefuhrwerken unterwegs“, zählt Henry Firley auf. Zur Einkehr für Ausflügler gab es nur die Gaststube. Die Gastwirtschaft war damals ein Nebenerwerb. Richters lebten von der Landwirtschaft, Fischzucht und dem Mühlenbetrieb.

Die Margarethenmühle war nie geschlossen, auch wenn den schweren Anfangsjahren der Zweite Weltkrieg folgte. Während diesem wurden in einem Raum der Mühle Doppelstockbetten aufgestellt und Flüchtlinge untergebracht. Die Mühlentechnik, die sich in dem Raum befand, bewegte sich zu dieser Zeit schon nicht mehr. Bei einem Hochwasser im Jahr 1944 trat der Kaiserbach über das Ufer. „Die Mühlenteiche wurden zerstört und der Mühlenbetrieb abgebrochen“, erzählt Firley. Er hat die einstige Flüchtlingsunterkunft inzwischen zum kleinsten Gastraum des Hauses umgebaut. Er hat die Bezeichnung Getriebe, weil dort noch ein Teil der alten Mühlentechnik zu sehen ist.

Ein Zufall führte Firleys Vater Werner mit Ursula, einer der drei Töchter von Familie Otto, zusammen. Werner Firley kurierte zu Kriegsende im Lazarett in Annaberg-Buchholz einen Lungenschuss aus. Zurück an die Front wollte er nicht. Er bekam den Tipp, dass in der hiesigen Region Knechte gebraucht wurden. In Zivil schlug er sich bis nach Zweinig durch und begann, beim Bauer Wolf zu arbeiten. In der Margarethenmühle lernte er Ursula kennen – und ist geblieben.

Beide bekamen fünf Kinder. „Ich habe ab 1984 in der Gastwirtschaft mitgearbeitet und meine Schwester Waltraud in der Küche“, so Henry Firley. Zu diesem Zeitpunkt sei die Entscheidung gefallen, dass er die Margarethenmühle weiterführen wird. Nach der Hochzeit mit seiner Frau Sabine und mit der Einführung der D-Mark erfolgte die Übernahme von den Eltern.

Seitdem konzentriert sich das Paar fast ausschließlich auf den Erhalt und die Erweiterung des Gasthofes. 1996 wurde das Bettenhaus gebaut, über die Jahre die Zimmer im alten Haus mit modernen Sanitäreinrichtungen, Fernsehen und W-Lan ausgestattet, die Küche auf den neuesten Stand gebracht, eine Saunalandschaft geschaffen und der Gästegarten neu gestaltet. Gemeinsam mit acht Angestellten kümmert sich das Paar um die Übernachtungs- und Ausflugsgäste, Hochzeits- und Geburtstagsfeiern. Die Margarethenmühle hat nur zwei Schließtage im Jahr: den 24. und 25.  Dezember. „Die beiden Tage gehören der Familie“, so der Gastwirt. Den letzten langen Urlaub haben sich Sabine und Henry Firley zu DDR-Zeiten gegönnt. In den vergangenen Jahren gab’s nur Kurztrips. Das liegt aber nicht nur am Gastgewerbe.

Denn in den ersten zwei Stunden des Tages ist Henry Firley nicht Gastwirt, sondern Bauern. Dann versorgt er die zahlreichen Tiere, die nicht nur die Kinder zum längeren Verweilen animieren. „Schon mein Opa hatte Kühe und Schafe“, meint Firley. Die gibt es inzwischen nicht mehr. Jetzt klettern Bergziegen auf den Felsen, Esel und Alpaka schauen neugierig über den Zaun, Stachelschweine breiten ihre langen Stacheln aus und natürlich gehören auch Hühner, Hund und Katze dazu. Nur Bambi muss nicht mehr gefüttert werden. Der Damhirsch lebte eine Zeit lang an der Margarethenmühle und war mit einem Ziegenbock befreundet. Doch immer zur Brunftzeit sprang der Hirsch über den Zaun und drehte seine Runde durch den benachbarten Wald. „Wenn er wiederkam, haben wir den Ziegenbock an die Leine genommen und ins Gehege geführt. Der Hirsch ist immer hinterhergetrottet und konnte so wieder eingesperrt werden“, erzählt der Wirt. – Bis das Tier eines Tages von einem Jäger geschossen wurde. Die Trophäe hängt jetzt in einer Gaststube.

Aus der Geschichte

Der Waldgasthof wurde bereits im Jahr 1553 urkundlich erwähnt.

Zu dieser Zeit hieß er Krottenmühle (Krötenmühle).

Durch den sächsischen Volksmund soll der Name im Laufe der Zeit zur Gretenmühle und um 1743 zur Margarethenmühle geworden sein.

Bis 1941 wurde sie als Schrotmühle genutzt. Gleichzeitig gab es Land- und Gastwirtschaft.

Seit 1932 ist der Gasthof in Besitz der Familie Firley.