Merken

In diesem Gold steckt ein Stück Görlitz

Die Beachvolleyball-Olympiasiegerin Laura Ludwig hat Wurzeln in Görlitz. Oma Bärbel Joachim hat es vor dem Fernseher kaum ausgehalten.

Teilen
Folgen
© action press

Von Frank Thümmler

Görlitz/Rio de Janeiro. Als die Brasilianerinnen am Donnerstagmorgen, um 5.42 Uhr unserer Zeit, den Aufschlag beim Matchball im olympischen Beachvolleyball-Finale ins Aus schlugen, Laura Ludwig und Kira Walkenhorst einen Moment vor Freude erstarrten und sich dann jubelnd als Olympiasiegerinnen in die Arme fielen, da schlief Bärbel Joachim noch. „Ich hätte das nicht ausgehalten. Ich habe Schlaftabletten genommen, sonst wäre es mit dem Schlaf nichts geworden“, sagt sie. Bärbel Joachim, 76 Jahre jung, ist die Oma von Laura Ludwig.

Bärbel Joachim ist die Oma von Laura Ludwig.
Bärbel Joachim ist die Oma von Laura Ludwig. © nikolaischmidt.de

Ihr Sohn Matthias Ludwig war einst nach Berlin gezogen, seiner damaligen Freundin und jetzigen Frau wegen. Die Tochter der beiden ist Laura Ludwig, die am Donnerstag die glücklichsten Momente ihres Sportlerlebens erlebt und Millionen Fernsehzuschauer begeistert hat. „Dreiviertel Sechs hat mich dann meine Tochter angerufen und damit geweckt. ,Mutter, hat sie gesagt. Kannst aufstehen. Sie hat’s geschafft. Laura ist Olympiasiegerin!“, erzählt Bärbel Joachim strahlend. Da seien auch ihr Steine vom Herzen gefallen.

Sie hat sich dann vor den Fernseher gesetzt, die Siegerehrung angeschaut und sich mit der Enkeltochter gefreut. „Laura hat mir bei den Deutschen Meisterschaften im vergangenen Jahr erzählt, wie sehr sie eine Olympiamedaille will. Sie ist ja schon vierfache Europameisterin und sechsfache deutsche Meisterin. Aber diese Medaille hat ihr noch gefehlt.“

Dass aus ihrer Enkeltochter einmal eine so berühmte Sportlerin werden könnte, das war für Bärbel Joachim nicht absehbar. Zwar habe sie selbst immer Sport getrieben, war früher als Schwimmerin aktiv. Ihre beiden Kinder habe sie sportlich erzogen – beide haben Handball gespielt – und diese das Sportliche sicherlich auch an ihre Kinder weitergegeben. Aber so etwas – das habe sich nicht abgezeichnet. Ein großer Unterschied zwischen den vier Enkeln – je zwei von Tochter und Sohn – war im Kindesalter nicht zu bemerken. Schuld, dass Laura beim Volleyball gelandet ist, habe die Schwiegertochter. „Eigentlich wussten sie nicht, zu welchem Sport sie Laura bringen sollten. Bei einem Arzttermin lag dann ein Flyer von den Volleyballern des Köpenicker SC herum. Dort hat Laura dann ihre Laufbahn begonnen.“ Bärbel Joachim, die eine Zeit lang in Berlin lebte, konnte das auch aus nächster Nähe verfolgen.

Ihre Enkeltochter entwickelte sich stark, wurde immer besser und später von Bayer Leverkusen für den Hallenvolleyball „abgeworben“. Da aber zeichnete sich schon ab, dass Laura auf dem Strand noch besser aufgehoben ist. Oma Bärbel ist da Expertin, zählt wie aus der Pistole geschossen Erfolge und Beach-Partnerinnen auf. Aber: „Ich weiß auch, wie schwer es manchmal war, dass es Rückschläge gab. Aber wenn Laura etwas unbedingt will, gibt sie nie auf und bekommt es am Ende meistens“, erzählt sie. Heute, Bärbel Joachim lebt längst wieder in Görlitz, sieht man sich seltener. Weihnachten ist ein Anlass (vor drei Jahren auch in Görlitz), runde Geburtstage – und schon zweimal die deutschen Meisterschaften in Timmendorfer Strand.

Ansonsten ist die Enkeltochter viel zu viel unterwegs, um ständig ihre Oma zu besuchen. „Mein Sohn hat mir gesagt, dass ich mir einen Computer anschaffen muss, wenn ich Laura spielen sehen will“, erzählt die Seniorin. Gesagt – getan. Oma Bärbel sieht jetzt viele Spiele im Livestream auf verschiedenen Kanälen – teilweise auch bei Olympia. „In der Vorrunde war ich noch ganz entspannt, weil ich wusste, dass sie auf jeden Fall weiterkommen. Aber ab dem Viertelfinale wurde es für mich richtig schwierig. Wenn es eng wurde, bin ich mir lieber was zu trinken holen gegangen, um nur nicht hinsehen zu müssen. Die letzten Tage waren schlimm für mich.“

Zum Glück ist die Aufregung jetzt vorbei. Das Olympiafinale konnte sich Bärbel Joachim als Wiederholung im Fernsehen anschauen. Danach ging es zu ihrer kleinen Bowlingrunde. Die „Goldoma“ lächelt: „Da hab ich eine Runde Sekt ausgegeben. Und dann gewonnen – fast 100 Punkte.“