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In die Feuerschale geschubst?

Ein 35-Jähriger Nossener soll einen Mann absichtlich verletzt haben. Er steht vor Gericht. In der Verhandlung widerspricht sich der Geschädigte mehrfach.

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© Archiv/Rolf Ullmann

Von Helene Krause

Döbeln/Nossen. Das Döbelner Amtsgericht musste sich jetzt mit einem kuriosen Fall beschäftigen: In den frühen Morgenstunden des 24. April 2016 soll ein 35-jähriger Nossener an der Gartenstraße in Marbach einen Mann in eine Feuerschale gestoßen haben. Als der Geschädigte aufstehen wollte, soll der Angeklagte ihm noch mehrere Faustschläge ins Gesicht verpasst haben. Das Opfer erlitt Verbrennungen an den Händen, Prellungen an den Knien, Hämatome an den Armen und eine Schürfwunde an der Stirn. So steht es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Chemnitz. Wegen des Vorfalls stand der mutmaßliche Täter vor Gericht. Vorgeworfen wurde ihm gefährliche Körperverletzung.

Die Tat habe sich anlässlich einer Party auf dem Grundstück des Opfers ereignet. Täter und Geschädigter sollen alkoholisiert gewesen sein. „So, wie es der Geschädigte sagt, war es nicht“, erklärte der Angeklagte zu Beginn der Verhandlung. „Ich kümmerte mich auf der Party um das Feuer.“ Plötzlich soll das Opfer gekommen sein und den Beschuldigten am Hals gepackt haben. „Ich packte ihn an den Armen, um ihn abzuwehren. Wir gingen zu Boden.“ Damit der Angreifer Ruhe gibt, will der Angeklagte ihn mit der flachen Hand auf den Bauch geschlagen haben. „Ich habe ihn nicht in die Feuerschale geschubst. Er lag daneben. Wie er zu den Verbrennungen kam, weiß ich nicht.“

Die Schale war aus Eisen, hatte einen Durchmesser von einem Meter und war in die Erde eingelassen. „Wenn ich ihn in die Feuerschale gestoßen hätte, wäre er mehr verbrannt“, erklärte der Angeklagte weiter. Anschließend soll der Geschädigte ins Haus gegangen und mit einem Fleischklopfer zurückgekommen sein. „Da rannte ich weg“, sagte der Beschuldigte.

Anders schilderte der Geschädigte den Vorfall. Weil es Meinungsverschiedenheiten gab, hätte der Beschuldigte ihn ins Feuer geschubst. „Als ich aufstehen wollte, drückte er mich mit dem Knie hinein.“ Später soll der Angeklagte ihn noch mehrfach ins Gesicht geschlagen haben. „Er schlug wie ein Bekloppter auf mich ein, ohne Grund“, sagte er. „Einen Fleischklopfer habe ich nicht geholt.“ Er unterstellt dem Angeklagten, zwei Flaschen Schnaps getrunken zu haben und zeigt auch sonst einen großen Belastungseifer. So will er einmal von vorn und dann wieder von hinten in die Feuerschale gefallen sein. In der polizeilichen Vernehmung schilderte er die Tat so, wie sie in der Anklageschrift steht. Doch seiner Schilderung widersprechen die erlittenen Verletzungen. „Wenn Sie mit der Brust in die Feuerschale gefallen sind, wo ist dann die verbrannte Kleidung?“, fragte Staatsanwältin Angelika Rickert. Und Richterin Magdalena Richter überlegte, ein Gutachten über die Verletzungen des Opfers anfertigen zu lassen. Das lehnte die Staatsanwältin ab. Vor Gericht ist der Geschädigte kein Unbekannter. Erst im vergangenen Jahr war er der Nötigung angeklagt, weil er in Marbach eigenwillig eine Gemeindestraße gesperrt hatte.

Zum Schluss der Verhandlung meldete sich eine Bekannte des Beschuldigten aus der Zuschauerreihe. Sie bat das Gericht, als Zeugin vernommen zu werden. Sie erklärte, dass der Angeklagte gar nicht so betrunken gewesen sein kann, wie ihm der Geschädigte das unterstellt. „Er kam mit dem Fahrrad am Morgen bei uns an. Das hätte er nicht gekonnt, wenn er betrunken gewesen wäre.“ Auch soll der Angeklagte verletzt gewesen sein, weil ihn das Opfer geschlagen hat.

Richterin und Staatsanwältin gehen davon aus, dass der Beschuldigte im Zuge einer gegenseitigen Rangelei das Opfer geschlagen hat. In die Feuerschale geschubst soll er den Geschädigten aber nicht haben. „Der Sachverhalt lässt sich nicht eindeutig aufklären“, sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. Sie verurteilte den Angeklagten wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 300 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte 600 Euro gefordert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Nach der Urteilsverkündung fragte der Angeklagte, was er tun soll, wenn ihn der Geschädigte aufgrund des milden Urteils bedroht. „Die Polizei rufen“, sagten Richterin und Staatsanwältin einstimmig.