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„In der Wochenpost hätt’ ich gern an der Bar gesessen“

Daniel Fischer hat die Geschichte des Neustädter Marktes erforscht. Ein Brand im Jahr 1945 veränderte alles.

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© Robert Michael

Von Nancy Riegel

Neustadt. Das Ragout fin muss unfassbar lecker gewesen sein. Daran jedenfalls erinnern sich die Neustädter noch, die früher gerne im Café Wochenpost zu Gast gewesen sind. Das Haus galt jahrelang als Zentrum des Neustädter Marktplatzes, Veranstaltungen waren zumeist proppevoll. Wie die meisten anderen Gebäude wurde das Café nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut. Der Dresdner Daniel Fischer hat die Geschichte der Marktbebauung nach 1945 erforscht. Seine Erkenntnisse sind in der neuen Ausstellung im Stadtmuseum zu sehen.

Ostseite des Marktplatzes: Der verheerende Brand von 1945 beschädigte die Hälfte aller Häuser auf dem Markt. Der Aufbau begann rund zehn Jahre später und dauerte nur wenige Jahre.Fotos: Stadtmuseum Neustadt
Ostseite des Marktplatzes: Der verheerende Brand von 1945 beschädigte die Hälfte aller Häuser auf dem Markt. Der Aufbau begann rund zehn Jahre später und dauerte nur wenige Jahre.Fotos: Stadtmuseum Neustadt
Café Wochenpost Das Café war auf zwei Etagen Treffpunkt für Neustädter, Künstler und Lesefreudige. Zahlreiche Veranstaltungen lockten Besucher an. Foto: Stadtmuseum Neustadt
Café Wochenpost Das Café war auf zwei Etagen Treffpunkt für Neustädter, Künstler und Lesefreudige. Zahlreiche Veranstaltungen lockten Besucher an. Foto: Stadtmuseum Neustadt
Ostseite des Marktplatzes Der verheerende Brand von 1945 beschädigte die Hälfte aller Häuser auf dem Markt. Der Aufbau begann rund zehn Jahre später und dauerte nur wenige Jahre.Fotos: Stadtmuseum Neustadt
Ostseite des Marktplatzes Der verheerende Brand von 1945 beschädigte die Hälfte aller Häuser auf dem Markt. Der Aufbau begann rund zehn Jahre später und dauerte nur wenige Jahre.Fotos: Stadtmuseum Neustadt

Herr Fischer, wie sah der Neustädter Markt denn 1945 aus?

Wüst. Am 9. Mai 1945 gab es einen großen Brand. Es war wohl Brandstiftung – niemand kann heute mehr genau sagen, wer das war. Dabei wurde rund die Hälfte der Häuser, abgesehen vom Rathaus, zerstört. Erst gut zehn Jahre später begann der Wiederaufbau. Alle Gebäude wurden komplett neu errichtet, mit Ausnahme vom ehemaligen Hotel zum Stern, was nur wenig verändert wurde. Dort ist heute der Markt-Döner drin. Im Jahr 1960 sah der Markt dann so aus, wie er heute ist. Nur das Haus, in dem heute die Sparkasse ist, dauerte noch zehn Jahre länger.

Welches Gebäude auf dem Neustädter Markt gefällt Ihnen besonders gut?

Was mir gut gefiel, ist das Café Wochenpost. Auf Fotos sieht man, wie modern die Einrichtung war. An der Bar hätte ich gerne mal Platz genommen. Schade, dass davon nicht mehr viel übrig ist. Ein Investor hat nach der Wende das Haus erworben, der Denkmalschutz wurde außer Kraft gesetzt und das gesamte Innenleben rausgerissen. Mittlerweile ist dort ein Billig-Laden drin. Im Jahr 2014 stand ich mit dem Architekten davor. Er wollte gar nicht reingehen, wollte es nicht sehen. Dabei war das Café einst der Anziehungspunkt auf dem Markt. Dort war immer Betrieb, jede Woche wurde getanzt, die Veranstaltungen waren schon ausverkauft, bevor sie überhaupt angekündigt wurden.

Warum hat sich das Café dann nicht bis heute gehalten?

Bis zur Wende lief es. Dann brach die Wirtschaft ein. Das Fortschritt-Kombinat wurde aufgelöst, die HO wurde aufgelöst. Tausende waren plötzlich arbeitslos. Die Leute hatten einfach andere Dinge im Kopf, als ins Café zu gehen, und das Geld war knapp.

Wie kamen Sie eigentlich dazu, die Geschichte des Marktes zu erforschen?

Ich bin eigentlich Maschinenbauer und betreibe die Forschung in meiner Freizeit. In Sebnitz arbeitete ich zehn Jahre lang die Betriebsgeschichte des Hebezeugwerks auf, da gab es auch eine Ausstellung dazu. Das Graben in der Zeit macht mir Spaß, also blieb ich dabei. Im Jahr 2013 wurde das „Blaue Haus“ am Zoo in Dresden nach der Sanierung präsentiert. Mich hat interessiert, wer der Architekt war. Es war Alfred Gottfried. Ich habe ihn ausfindig gemacht, er war damals 90 Jahre alt und lebte in Darmstadt. Und so habe ich erfahren, dass er und Hermann Heckmann die Architekten waren, die verantwortlich waren für den Wiederaufbau des Neustädter Markts.

Wie ist die Ausstellung im Stadtmuseum aufgebaut?

Ich wollte nicht einfach nur Texttafeln hinstellen, es sollte auch etwas zum Anfassen geben. Aus dem Café Wochenpost wurden dem Museum Geschirr, ein Sessel, Gästebücher und Menükarten überlassen. Einige historische Ausstellungsstücke stammen aus der Apotheke und der Drogerie. Außerdem habe ich Unmengen an Bildern gesammelt, die über einen Bildschirm laufen.

Eröffnung: 20. April, 19 Uhr, im Stadtmuseum mit Grußworten von Daniel Fischer und Bürgermeister Peter Mühle; Ausstellung läuft bis zum 12. August

Öffnungszeiten: Dienstag bis Donnerstag 9.30-16 Uhr, Freitag 9.30-14 Uhr, Wochenende 13 bis 17 Uhr