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In der Klosterbäckerei ...

Zum ersten Mal wurde zur einer Verkostung der frischen Backwaren nach St. Marienstern eingeladen. Das Handwerk im Kloster floriert.

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© Kristin Richter

Von Frank Oehl

Um Äbtissin Philippa Kraft, selbst noch jung an Jahren, hat sich in den vergangenen Monaten eine bemerkenswerte Verjüngung eingestellt. Dies war jetzt bei der erstmaligen Verkostung der frischen Backwaren in der Backstube der Klosterbäckerei auch dem Gast aus Kamenz nicht verborgen geblieben. Das „rustikale Frühstück“ vereinte beinahe die gesamte Führungsmannschaft des Klosters St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau. Die Einladung ging von Andreas Oschika aus, der seit April die Werkstatt für Behinderte St. Michael führt. Erstmals war auch Daniel Richter ins Blickfeld gerückt, der inzwischen die Nachfolge des viel zu früh verstorbenen Bauleiters Johannes Lukasch übernommen hat. Und schließlich sprach auch Schwester Thaddäa Selnack in neuer Funktion. Die 39-Jährige ist seit Ende März offizielle Cellerarin, also zuständige Ratsschwester für Wirtschaft und Finanzen. Daneben hält sie auch den Kontakt ins Weltliche. Deshalb musste sie nach dem Kaffee auch eher aufbrechen, um eine der zahlreichen Schulklassen durchs Kloster zu begleiten.

Schon fünf Jahre in der Funktion war der wichtigste Mann der Verkostung: Bäckermeister Udo Ruhig. Der 55-Jährige war seit zwei Uhr auf den Beinen und präsentierte die ganze Palette der Erzeugnisse der Klosterbäckerei, die von diversen Brot- und Brötchensorten über Kuchen und Kleingebäck bis zu Keksen reicht. „Wir beliefern täglich Firmen in der Region – und auf Anfrage sehr gern auch private Kunden.“ Dabei messe man sich nicht nur an der einheimischen Konkurrenz, sondern auch mit großen Ketten. Deren Großbäckerei-Produkten setzte man solides Handwerk entgegen. Zum Beispiel im 90 Jahre alten Backofen der Marke Schmidt & Söhne hergestelltes Brot. „Der Ofen darf nie ganz ausgehen und wird auch zu den Feiertagen angelegt“, sagte Ruhig. Natürlich gehe dies zulasten des energetischen Wirkungsgrades, der bei modernen Öfen deutlich höher sei. Dafür könne auf die hergebrachte Art bessere Qualität erzielt werden – und um Beweise für diese Behauptung ging es auch bei der Verkostung.

Die schon mit der Begutachtung des allgemeinen Aussehens und der Krusten begann. „Das wichtigste äußere Qualitätskriterium eines Brotes oder eines Brötchens ist die Täfelung“, so Ruhig. Wenn die äußere Backhülle kurz vor dem Aufplatzen ist, habe der Bäcker alles richtig gemacht. Dann stecke auch Qualität im Geschmack. Und genau davon konnten sich die Frühstücksgäste überzeugen. Unter ihnen war auch Sebastian Winkler, der Chef des Diakonischen Werkes aus Kamenz, das unter anderem in Lieske den Missionshof betreibt. Natürlich gibt es zwischen den Behinderteneinrichtungen auch konfessionsübergreifend enge Kontakte in der Region. Die Wurst für das rustikale Frühstück jedenfalls stammte aus Lieske.

Das Kloster St. Marienstern ist seit Jahrhunderten nicht nur ein geistig-moralisches Zentrum in der Lausitz, sondern auch ein Wirtschaftsunternehmen. Seit einigen Jahrzehnten kommt dabei den sozialen Tätigkeiten in der Behindertenbetreuung wachsende Bedeutung zu. So wird die Klosterbäckerei auch mithilfe von Gehandicapten geführt. Den drei Mitarbeitern um Udo Ruhig stehen vier Männer und Frauen der Behindertenwerkstatt zur Seite. Sie sorgen für Ordnung und Sauberkeit oder kümmern sich auch um das Kleingebäck. „Das Backen selbst machen wir allein“, sagte der Chef, der sich auf sein ganzes Team verlassen kann. Immerhin wird an sechs Tagen in der Woche gebacken, und sobald Licht in der Bäckerei ist, kann im Prinzip auch gekauft werden. Offiziell öffnet der Laden an der Backstube zwar erst um 6 Uhr, aber so pingelig ist hier niemand.

„Brot gebacken wurde im Kloster schon immer“, sagte Schwester Thaddäa Selnack. Die Panschwitzerin ist vor 16 Jahren praktisch von nebenan ins Kloster gegangen, was schon recht ungewöhnlich ist. Schon der Heilige Benedikt, dem das Zisterzienserinnen-Kloster nachfolgt, habe das Brot mit wichtigen Vorschriften für seine Herstellung belegt. Und das offenbar nicht nur, weil es in der Heiligen Kommunion als „Leib Christi“ mit den Gläubigen im Gedenken Jesu geteilt wird, sondern weil es auch besonders gut schmecken soll.

Davon konnten sich die Frühstücksgäste allemal überzeugen. Drei verschiedene Sorten Brot plus zwei Sorten Brötchen plus jeweils zwei „Muster“ nicht genannter Konkurrenten wurden geteilt. Die Auswertung war sehr detailliert angelegt, weil sich die Klosterbackstube daraus durchaus noch Anregungen und Hinweise verspricht. Oder, wie es Äbtissin Philippa Kraft zu Beginn formulierte: „Es geht auch um die weitere Ausrichtung unserer Bäckerei.“ Im Miteinander neue Angebote entwickeln – das ist das Credo des Wirtschaftsunternehmens Kloster St. Marienstern. Dass es dabei stets auch um Werte jenseits rein ökonomischer Kriterien geht, war auch im Geschmack der großartigen Backwaren irgendwie zu spüren. Eine große Handelskette kommt da niemals mit ...