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In der Albertstadt hat es sich ausgetanzt

Im Industriegelände gibt es kaum noch Discos – obwohl sie die Dresdner Klub-Szene über Jahre mitgeprägt haben.

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© Steffen Füssel

Von Ulrike Kirsten

Die Konkurrenz in der Dresdner Partyszene ist groß. Sebastian Kaiser und Tom Pätzold können davon ein Lied singen. Wenige große Veranstalter teilen sich den Markt. Für Partyorganisatoren fernab des Mainstreams, die nicht auf Masse und billige Angebote schwören, ist nur noch wenig Platz in der Landeshauptstadt. Bis vor etwa einem Jahr haben sich die beiden noch regelmäßig ins Fahrenheit eingemietet, um Partys zu veranstalten. Der Club im Industriegelände musste schließen, weil der Eigentümer den alten Backsteinbau zu Büros umbauen will. „Noch vor zwei Jahren war hier oben super viel los, aber seit ein Laden nach dem nächsten dicht gemacht hat ... “, sagt Sebastian Kaiser, der mit Tom Pätzold die in Cotta ansässige Event- und Werbeagentur „Cube in Style“ betreibt.

Marcus Loose, Projektleiter bei Klub-Kultur.de, Dresdens größter Partycommunity im Internet, kennt sich aus in der Szene. „Seit der Musikpark am Bahnhof eröffnet wurde, hat es im Industriegelände immer weniger Veranstaltungen gegeben“, sagt der 24-Jährige, der auch als Partyfotograf an den Wochenenden unterwegs ist. Mit der Verlagerung der Clubs in die Innenstadt, sollte diese weiter belebt werden. Immer weniger Leute kamen ins Industriegelände. „Der Weg hat viele abgeschreckt. Wenn man einen Club gleich um die Ecke hat, geht man doch eher dahin, als weit raus zu fahren“, sagt der Mediengestalter.

Vor ein paar Jahren, erzählt Marcus Loose, hat es noch viele verschiedene Clubs mit einem enorm breiten Angebot gegeben – von Techno bis zur R‘n‘B-Party. Überlebt haben aber nur wenige Läden. Das Eventwerk beispielsweise oder die Reithalle, in der unregelmäßig Konzerte stattfinden. „Die kleinen haben gegen die Großen nur wenige Chancen“, ist Marcus Loose überzeugt. „Vielleicht gab es zu viele Veranstaltungen. Schade ist es trotzdem, weil die Clubs über Jahre die Ausgeh-Szene mitgeprägt haben.“

Einige Clubbesitzer sind unterdessen der wirtschaftlichen Entwicklung hinterhergezogen – Richtung Neu- und Altstadt, dahin, wo der Bauboom regiert, neue Restaurants und Eigentumswohnungen aus dem Boden sprießen. Andy Pönicke, der früher das Fahrenheit betrieb, hat seit elf Jahren den Blue Dance Club in der Wallstraße. „Es ist schade, dass es das Fahrenheit nicht mehr gibt, es war ein tolle Zeit. sagt Pönicke. Aber das sei der Lauf der Dinge, dass die Leute den Clubs in die Innenstadt gefolgt sind. „Wir hatten vier sehr erfolgreiche Jahre“, sagt der Veranstalter. Er selbst hat lange überlegt zu bleiben. „Aber wir hätten viel Geld investieren müssen. Ob wir weiter erfolgreich gewesen wären, steht in den Sternen.“

Die beiden Agenturenbesitzer sind derzeit weiter auf der Suche nach einem neuen Ort für ihre Veranstaltungen, für die sie schon DJs aus New York buchen konnten oder Keye Ketcher, den bunten Vogel aus der vergangenen „The Voice of Germany“-Staffel. „Leider ist es in Dresden zurzeit nicht so einfach, passende Orte für Partys zu finden“, sagt Sebastian Kaiser, der gemeinsam mit Tom Pätzold vor allem schwul-lesbische Partys organisiert.

Viele Orte, die infrage kämen, seien aber längst vermietet. In irgendeine x-beliebige Location wollen sich die beiden nicht einmieten. „Wir wollen unseren Besuchern etwas in außergewöhnlicheren Kulissen bieten, abseits der herrkömmlichen Partywelt. Qualität ist uns dabei wichtig.“ Beide sehen die Entwicklung kritisch, dass Clubs verdrängt werden, weil die Eigentümer oft andere Pläne mit den Gebäuden haben. Raus aus Dresden, es woanders versuchen, wollen sie aber nicht. „Es gibt hier ja nie Stillstand, vielleicht sieht es bald schon ganz anders aus.“