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In allen Belangen besser

Eishockey beherrscht das Leben der Familie Kühnhackl. Sohn Tom spielt in der NHL. Das hat er Vater Erich voraus.

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© picture alliance / rauchensteine

Von Maik Schwert

Er macht jetzt wieder die Nacht zum Tag. Erich Kühnhackl guckt sich alle Duelle seines Sohnes Tom in der nordamerikanischen National Hockey League an. „Was denken Sie denn“, antwortet der Vater auf die Frage, wie er dessen Karriere begleitet. „Wenn schon, denn schon.“ Die Partien beginnen nach Mitternacht deutscher Zeit – ein Uhr an der Ost- und noch später an der Westküste. „Einige Male pro Jahr besuchen wir ihn drüben.“

Hier  posiert er mit seinen Eltern Sylvia und Erich.
Hier posiert er mit seinen Eltern Sylvia und Erich. © imago/nordphoto

Der Name seines Sohnes, der seit 2012 bei den Pittsburgh Penguins spielt, steht auf dem Stanley-Cup, der wichtigsten Trophäe im Klub-Eishockey. Als erster deutscher Eishockeyprofi ist er zweifacher Champion – und das sogar hintereinander. „Das ist ein außergewöhnlicher Erfolg“, sagt Erich Kühnhackl mit sehr viel Stolz in der Stimme. Für ihn ist aber etwas anderes entscheidend: „Tom hat es geschafft, Teil dieser unglaublich starken Mannschaft zu sein. Er hat alle Rückschläge weggesteckt und sich durchgesetzt.“

Die Puckjagd beherrscht das Leben der Kühnhackls. „Toms Schwester spielte Eishockey. Dann kamen Heirat, Kinder, und sie hörte auf. Sein Bruder war Torhüter und entschied sich irgendwann dagegen“, erzählt der Vater. Beide sind deutlich älter als der 25-jährige Tom Kühnhackl. Sie ist 43 und der Bruder 38 Jahre. „Beide unterstützten Tom von klein auf. Sie gaben ihm viele Hinweise. Das half Tom, seinen Weg in dieser Sportart zu gehen, die er so sehr liebt wie ich“, sagt der Vater.

Der Name Kühnhackl machte es dagegen nicht immer so einfach. „Dabei kehrten wir ihn auch nie groß raus. Klar erzählte ich ihm, dass ich früher auch mal Eishockey gespielt habe. Als Tom mit fünf Jahren bei den Bambinis in Landshut anfing, bekam er über Eltern und Trainer natürlich mit, wer ich bin.“ Bei den Junioren habe der Konkurrenzkampf begonnen und sein Sohn sicherlich auch mal Probleme bekommen. „Ich hatte im Eishockey ja nicht nur Freunde“, scherzt der 67-Jährige.

Deutschlands Eishockeyspieler des Jahrhunderts trägt den Spitznamen Kleiderschrank auf Kufen nicht grundlos. „Tom begriff allerdings schnell: Je besser er Schwierigkeiten im Sport bewältigt, desto weiter bringt ihn das. Tom lernte zeitig, dass Eishockey nicht nur Spaß bedeutet, sondern auch Entbehrungen mit sich bringt. Er ist den harten Weg gegangen und hat es gepackt.“

Dabei kamen Erich und Tom Kühnhackl immer gut miteinander aus. „Im Gegensatz zu meinem Ruf auf dem Eis bin ich als Ehemann und Vater eher pflegeleicht. Meine Frau Sylvia ist sicherlich die Strengere von uns beiden. Ich bin aber auch nicht immer nur der Nette.“ Die Eltern gaben ihren Kindern die Werte mit auf den Weg, die den Eltern wichtig sind: Bodenständigkeit, Disziplin, Ehrgeiz, Kampfgeist, Willen und die Suche nach Herausforderungen – je höher, desto besser.

Tom Kühnhackl träumte von Anfang an von der NHL. Das war sein größtes Ziel. Dem ordnete er alles unter und ging mit 17 Jahren nach Nordamerika. „Tom hätte sich davon nicht abbringen lassen und ich ihn nicht bremsen können“, sagt Erich Kühnhackl. „Wenn er sich etwas in den Kopf setzt, dann probiert mein Sohn, das auch mit allem, was er hat, umzusetzen.“

Erich Kühnhackl kennt dieses Gefühl, in einem anderen Land neu anzufangen, aus eigenem Erleben. Er wanderte als 18-Jähriger aus der CSSR in die BRD aus. „Die meisten Verwandten lebten schon im Westen. Deshalb stellten wir einen Ausreiseantrag mit der Begründung Familienzusammenschluss.“ Ansonsten sieht er aber keine Parallelen zwischen sich und seinem Sohn. „Die Eishockey-Liga in der Tschechoslowakei war vergleichbar mit der in der Bundesrepublik – anders als DEL und NHL heute.“

Der Vater freut sich über die Karriere seines Sohnes. „Ich finde es bewundernswert, dass er sich immer weiter entwickelt, und großartig, wie Tom Tiefen übersteht. Das führte ihn dahin, wo er jetzt ist.“ Sicherlich half anfangs auch das Leben in Gastfamilien, die ihn als ihren Sohn ansahen. „Das war eine große Erleichterung. Auch die Mannschaften waren wie eine Familie für ihn.“ Heimweh habe es sicherlich irgendwann mal gegeben, aber keinen Anruf, dass der Sohn heimkehren will.

Dabei hatte Tom Kühnhackl durchaus auch häufiger Pech. Er bekam für einen Check eine 20-Spiele-Sperre, fehlte mehrfach krank oder verletzt, zuletzt beim Saisonfinale. „Das war zwar alles sehr bitter, aber Tom überstand diese Krisen unbeschadet.“ Erich Kühnhackl denkt sogar, dass überwundene Schwierigkeiten seinen Sohn stärker machen, sodass er Probleme leichter lösen kann.

Der Vater weiß, dass es in seiner Ära und mit seinen Maßen einfacher war, im Eishockey Erfolge zu feiern. „Ich hatte bei einer Größe von 1,96 Metern und einem Gewicht von 97 Kilo einen Wettbewerbsvorteil. Jetzt sind viele Profis so lang und schwer wie Tom oder ich.“ Was beide eint, ist der unbedingte Wille, es in ihrem Sport nach oben zu schaffen. „Und weil das so ist, tun wir auch alles dafür – egal, wie schwer es uns fällt.“

Erich Kühnhackl glaubt, dass seinem Sohn hilft, eine intakte Familie hinter sich zu wissen. „Wir sind immer für ihn da – zu jeder Tag- und Nachtzeit. Wir unterstützen ihn, wo wir können – so, wie das alle Eltern machen. Da bilden wir keine Ausnahme.“ Etwas Besonderes ist die Familie Kühnhackl aber schon und Tom besser als Erich, sagt der Vater über den Sohn. „Ich bitte Sie – er ist in allen Belangen stärker“, antwortet Erich Kühnhackl auf die Frage nach den Fähigkeiten der beiden Angreifer.

„Sie dürfen meine Zeit nicht mit jetzt vergleichen. Das Eishockey der Gegenwart ist etwas anderes als damals – unglaublich, was die Jungs inzwischen taktisch. technisch und tempomäßig bringen müssen.“ Das Spiel habe sich extrem weiterentwickelt. Die Profis sollen immer schneller richtige Entscheidungen treffen. Besten Anschauungsunterricht bietet die NHL. Dafür schlägt Erich Kühnhackl sich gern die Nächte um die Ohren, am liebsten bei Partien seines Sohnes im Team der Penguins.

Am Donnerstag lesen Sie, wie die Familie Kretzschmar in der dritten Generation Handball-Erfolge feiert.