Von Ina Förster
Kamenz. Das Rezept eines schönen, langen und vor allem gesunden Lebens liegt für Regina Meffert klar auf der Hand: Viel Bewegung, essen, was man mag – nur mit nichts übertreiben. Und die Freude am Leben nicht verlieren. Damit ist die 89-Jährige immer gut gefahren. Und ergo fit wie der berüchtigte Turnschuh. Zum Training beim SV Einheit legt sie wöchentlich noch 35 Liegestütze aufs Parkett. Das allgemeine Staunen darüber ist ihr sicher.
In wenigen Tagen feiert die gebürtige Chemnitzerin ihren 90. Geburtstag. Wer sie nicht kennt, sieht ihr das hohe Alter nicht an. Fit im Kopf zu sein und darüber körperlich aktiv – das empfindet sie als Segen. Schon 1960 zog sie in die Lessingstadt. Sie sieht sich als Kamenzerin und verlebte hier sehr schöne Jahre. Ihr Mann bekam damals eine Stelle als Zahntechniker vor Ort angeboten. Nachdem die gelernte Anwaltsgehilfin ihre vier Kinder bekommen hatte und alle in die Schule gingen, wollte auch sie wieder arbeiten. Und sie entdeckte die Liebe zum Turnen in Kamenz. „Ich war von Kindheit an immer sehr sportlich. Handball bei Dynamo Karl-Marx-Stadt, Schwimmen, Leichtathletik – das gehörte selbstverständlich zu meinem Leben. Auch bei meinen Geschwistern“, erinnert sie sich. Bewegung, etwas tun, nicht auf der Stelle treten – logisch, dass man als Mutter nicht einrosten durfte. Regina Meffert hatte bis dato ihr Leben lang mit angepackt. Auch beim Aufbau als Trümmerfrau im ehemaligen Karl-Marx-Stadt. Als sie nach Kamenz zog, brauchte sie weitere Ausarbeitung. „Ich lernte in der Schule meiner Kinder den Sportlehrer Siegfried Haake kennen. So kam ich zum Geräteturnen“, sagt sie. Und so zum SV Einheit Kamenz.
Seitdem ging es zu Kreis- und Bezirksmeisterschaften oder zum Jahn-Turnen. Regelmäßig stand Regina Meffert auf dem Siegertreppchen. Sie holte sogar Gold bei den DDR-Meisterschaften. „Ich habe sehr viele Medaillen zu Hause, aber die hängen nicht an der Wand. Die sind gut verstaut“, schmunzelt sie. Der Stufenbarren wurde übrigens zu ihrem Lieblingsgerät. „Ich hatte immer viel Kraft in den Armen, auch durch meine Zeit als Speerwerferin, Kugelstoßerin und Handballerin. Deshalb behagte mir dieses Gerät am meisten. Beim Bodenturnen musste ich die Anmut und Grazie erst noch ein bisschen erlernen“, gibt sie heute zu. Doch es glückte: Als Dreikämpferin im Geräteturnen war sie überaus erfolgreich.
Auch ihre langjährige Team-Kollegin und Freundin Ingrid Behnisch erinnert sich noch gern an diese Zeit. „Wir waren viel unterwegs. Und auch heute noch treffen wir uns regelmäßig beim Training. Eigentlich müssten wir noch einmal alle zusammen eine schöne Übung öffentlich vorführen“, sagt die 77-Jährige. Gemeinsam haben die Frauen einiges erlebt. Es sind Freundschaften entstanden, welche die Zeit überdauerten. Als eingeschworene Gemeinschaft sehen sich die älteren Turnerinnen. Gemeinsam traten sie vor dem IOC-Vorsitzendem Juan Antonio Samaranch mit einer Turnkür in Berlin auf. Das war noch vor der Wende. Regina Meffert war nebenbei auch noch viele Jahre Kampfrichterin und Kassiererin im Verein.
Ehrenmitglied bei Einheit
Heute ist die 89-Jährige Ehrenmitglied beim SV Einheit Kamenz. Das hat sie sich mehr als verdient, sind sich alle einig. Neben dem Training im Verein geht sie noch einen Tag zur normalen Gymnastik. Kein Wunder, dass sie mit fast 90 Jahren noch regelmäßig das Sportabzeichen in Gold ablegt. Dafür musste sie 2017 immerhin 30 Meter sprinten können – und das in 7,7 Sekunden! Auch Schwimmen und Kugelstoßen gehörten dazu. „Ich bin die älteste Sächsin, die letztes Jahr noch einmal das Gold gemacht hat“, sagt sie nicht ohne Stolz. Ihr Lebensmotto lautet: „Bewege dich, dann bleibst du auch gesund! Sei neugierig auf alles und genieße deine Zeit.“ Regina Meffert ist ein großes Vorbild. Auch und vor allem für die Jüngeren.